[…] ich auf diesem Blog schon zu Faust, dem Goldnen Topf und dem Steppenwolf geschrieben habe (und natürlich auch zur Reiselyrik, Essay […]
Um es gleich drastisch auszudrücken: Über den Faust, das deutsche Volksbuch, dieses bekannteste aller deutschen Werke, etwas zu schreiben, das noch nicht gesagt wurde, ist ein Unterfangen der Unmöglichkeit. Nicht nur bieten diverse kommentierte Ausgaben Kommentare zu nahezu jedem Vers, jedem Wort, jedem biographischen Kontext dieses Überwerks, sondern die schiere Anzahl der Publikationen ist nicht mehr übersehbar und bewegt sich in einem Bereich von zehntausenden Artikeln (Vgl. Jochen Schmidt, 2001, Vorwort). Was kann also ein solcher Artikel leisten? Er kann eine Annäherung darstellen; eine Perspektive unter vielen, in der es explizit darum geht, für Schülerinnen und Schüler (und vielleicht auch für die Lehrer) Impulse zu bieten, wie man sich diesem Jahrhundertwerk nähern kann.
Faust I: Vorspiel auf dem Theater (V.33-242)
An dieser Stelle wird sowohl über dieses Drama als auch über die beiden anderen Werke, Der goldne Topf (1814) von E.T.A Hoffmann und Der Steppenwolf (1926) von Hermann Hesse, geschrieben (Sie werden in Baden-Württemberg im Abitur beim sogenannten (neuen) Werkvergleich thematisiert). Dabei wachsen die Artikel nach und nach; für jene, die die hier veröffentlichen Artikel hilfreich finden, lohnt es sich also, immer mal wieder vorbei zu schauen. Zur Verbindlichkeit dieser und anderer Interpretationen sollte man diesen Artikel nachlesen.
An dieser Stelle sei die tiefe Überzeugung des Autors zum Ausdruck gebracht, dass es bei den nachzulesenden Veränderungen beim Werkvergleich als auch beim Essay und auch in Anbetracht der Schwierigkeiten der neuen Lektüren sehr darauf ankommen wird, dass man das methodische Vorgehen, das Fachvokabular und den Inhalt beherrscht. Wer sich dahingehend informieren möchte, findet am Ende des Artikels weiterführend Links.
Hier geht es zum kostenlosen Unterrichtskonzept für die Szene "Nacht".
Wie bereits angedeutet: Neue Wege zu beschreiten und Perspektiven anzubieten ist bei einem Werk, das seit seinem Erscheinen 1808 von unzähligen Interpreten ausgelegt, rezensiert, kritisiert und in den Himmel des literarischen Pantheons gehoben wurde, nahezu unmöglich. Machen wir dies an einem Beispiel deutlich: Würde ein Student im Hauptstudium der Germanistik (also im Masterstudiengang) eine Seminararbeit verfassen wollen, in der es um "den Faust" gehen sollte, würde sein Dozent in wahrscheinlich auslachen. Er würde ihn fragen, um was genau es gehen sollte. Die Themen, die hier in den Fokus kommen könnten, sind so vielfältig, dass selbst eine Verengung auf - sagen wir - den "Teufelspakt" völlig ausarten könnte. In der Universität liegt das freilich auch daran, dass man nicht "einfach" seine Meinung zu einem Thema schreibt, sondern seine Urteile über literarische Werke, zumal wenn sie so häufig interpretiert wurden, nur auf der Grundlage von und in kritischer Auseinandersetzung mit allen relevanten weiteren Interpretationen leisten kann. Dies führt dazu, dass selbst in einer Masterarbeit das Gesamtwerk als Forschungsgegenstand zu groß wäre. Der Autor dieses Blogs hat selbst eine Hauptseminarabreit über den Faust geschrieben. Und zwar über eine Szene im zweiten Teil - immerhin sechzig Seiten.
Diese lange Vorrede hat eine wichtige Aussage: Ein Artikel wie dieser, wie Schülerinnen und Schüler ihn online finden, kann immer nur sehr punktuelle Angaben machen. Und selbst diese Angaben müssen im Hinblick auf das, was im Unterricht erarbeitet wird, überprüft und besprochen werden. Gleichzeitig wird viel weggelassen. Die Textgenese (also die Arbeit an diesem Werk, das zusammen mit dem zweiten Teil über das gesamte Leben Johann Wolfgang von Goethes (1749-1832) eine gewichtige Rolle einnahm) spielt genauso wenig eine Rolle wie die Rezeption oder weiterführende Auseinandersetzungen. Was hier (und in den folgenden Artikeln) passiert, ist eine Thematisierung, die versucht, den Faust in den Grundzügen zu erfassen und gleichsam niveauvoll wie einfach verständlich Zugänge zu legen. Diese müssen dann natürlich vom Lesenden selbst erschlossen werden. Kein Werk eignet sich so wenig, nur über Sekundärliteratur, Lektürehilfen oder Videos erfasst zu werden wie der Faust. Ohne den Willen, denkend und lesend und vor allem schreibend diesem Werk näher zu kommen, ist jeder Schüler auf verlorenem Posten.
Vor allem denjenigen, die es sowieso schwer haben, "etwas mit Literatur anzufangen", können zwei wichtige Tipps gegeben werden (die auch für andere Werke wichtig sind, aber vor allem den Faust betreffen). Goethe hatte, das weiß man aus seinen zahlreichen Tagebucheinträgen, Briefen und Reflexionen, sein Publikum vor Augen. Vor allem bei dem sehr schwer zu dechiffrierenden zweiten Teil des Fausts war er sich klar, dass Generationen von Literaten, Intellektuellen und Rezensenten sich die Zähne ausbeißen würden; einige bewog das zur kompletten Ablehnung des Werkes, das sich einfachen Zugängen verschließt.
Der erste Teil des Fausts ist aber anders; obwohl Goethe nicht nur in Reimen schreibt, sondern sogar das Metrum der jeweiligen Szene oder sogar der Stimmung innerhalb der Szenen angleicht (der überwiegende Teil des Faust ist im Knittelvers verfasst, aber auch regelmäßigere Formen spielen eine Rolle), muss ein Gedanke vor der Lektüre stehen, der so einfach und banal wie wichtig ist: Goethe hat hier einen tradierten (das heißt über Jahrhunderte überlieferten) Stoff zum Anlass genommen, einen Menschen zu beschreiben, der in allem, was er tut, menschlich ist. In seiner Neugier, seinem Streben, seinen Fehlern und seinen Taten.
Obwohl man als Schülerin oder Schüler mit großer Wahrscheinlichkeit weit weg von diesem in die Jahre gekommenen Gelehrten ist, dem sein ganzes Leben so über ist, dass er zunächst sterben möchte, so lohnt es sich doch sein Ohr an jene Schienen zu halten, die beim Lesen auf das eigene Leben verweist. Und davon gibt es einige.
Die Unzufriedenheit damit, dass das eigene Leben mehr sein sollte, als es gerade ist; die eigenen Unzulänglichkeiten beim Erfassen der Realität; der Wunsch, besser zu verstehen, warum alles ist, wie es ist. Hier bietet es sich an, den schon viel zu oft zitierten Vers Fausts zu bemühen: "Daß ich erkenne was die Welt/ Im Innersten zusammenhält (V.383/384). Oder eben das Verlangen danach zu lieben und geliebt zu werden, zu trinken, zu feiern, kurz: Zu spüren, dass man lebt, dass man teilhat an der Welt.
Wenn man den Faust liest, so lohnt es sich, diese Perspektive einzunehmen und weniger auf all jenes zu achten - seien es Verse, Metaphern, Bilder oder schlicht inhaltliche Auseinandersetzungen, mit denen man zunächst nichts anzufangen weiß - das abschreckend wirkt. Ein erster Zugang zum Fausts entsteht dadurch, dass man ihn als einen der seinigen anerkennt.
An dieser Stelle werden, soweit dies zeitlich möglich ist, immer wieder Gedanken und Reflexionen zum Faust (und den anderen relevanten Werken) erscheinen. Es kann sich also, wenn man der Auffassung ist, dass diese Ausführungen hier gewinnbringend sind, lohnen, immer mal wieder vorbeizuschauen und/ oder den Blog zu abonnieren.
In besonderer Weise möchte ich dazu anregen, Fragen zu stellen und zu kommentieren, denn so entstehen nicht nur weitere Ausführungen, sondern auf diese Weise führt die aktive Auseinandersetzung mit diesem Werk auch zu einem besseren Verständnis.
Fortsetzung folgt.
Beispiele für Gedichtinterpretationen
Beispiel einer Kurzgeschichteninterpretation
Dieser Beitrag erschien das erste Mal auf dem Blog https://bobblume.de
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