„Ich will“, sagte der Unternehmensführer, „dass sich viel mehr Leute an meinem Unternehmen beteiligen können. Aus diesem Grund möchte ich ab jetzt“, und das betonte er feierlich, „von unserem Unternehmen sprechen.“

Sein treuer Freund und Sekretär, der die Worte im Willkommensbereich gehört hatte, kannte die Marotte seines Chefs, laut mit sich selbst zu sprechen. Aber ihn beunruhigte diese neue Entwicklung sehr. Die rigide und unnachgiebige Unternehmensführung hatte bisher zu einem starken Zusammenhalt zwischen ihnen geführt. Manchmal hatte er sogar das Gefühl, der Unternehmensführer würde seinen Rat direkt umsetzen. Freilich überschätzte er da seinen Einfluss maßlos. Der Unternehmensführer, den alle Angestellten nur Bruder nannten, um seine ständige Nähe zu ihnen zu demonstrieren, schaute durch die Tür.

Sein massiger, fleischiger Kopf war etwas rot und aufgedunsen. Aber er lächelte, so dass seine Bäckchen durch das Licht, das durch das Fenster hereinfiel, leuchteten. „Ich will“, sagte der Unternehmensführer – und wurde von seinem Sekretär mitten im Satz unterbrochen. „Wir brauchen ein Forum“, schlug dieser eifrig vor. Aber sein Vorschlag wurde mit einer einfachen Handbewegung hinfort gewischt.

„…dass sich viel mehr Leute an meinem Unternehmen beteiligen können. Aus diesem Grund möchte ich ab jetzt von unserem Unternehmen sprechen. Dafür brauchen wir ein Forum.“ Er sah den Sekretär zufrieden an. Dieser schluckte seine Wut herunter und erwiderte, indem er seinen Kopf hin und her bewegte, als denke er über die Idee nach: „Ja, das ist eine wahrhaft vortreffliche Idee.“

Dem Bruder Unternehmensführer war es außerordentlich wichtig, dass nun alle mitbekommen sollten, dass er sich nicht mehr so wichtig nahm. Und dass er ein offenes Ohr für alle hatte, die in seinem Königreich – auch das eine scherzhafte Metapher – für ihn arbeiteten. Deshalb ließ er zunächst große Hinweisschilder herstellen, in denen jeder dazu eingeladen werden sollte, seine Ideen einzubringen. „ICH ERMÖGLICHE IDEEN!“, stand in großen Lettern überall auf den Schildern. Im Hintergrund ein großes, freundliches Gesicht vom umsichtigen und generösen Herrscher.

Die ersten, die von der neuen Maßnahme erfuhren, waren jene, die mit dem Bruder im 24. Stock des Unternehmensgebäude arbeiteten. Insofern war es nicht verwunderlich und auch nur allzu Recht, dass sie sich im neu eingerichteten Forum die besten Plätze sicherten. Nach und nach entstand so innerhalb weniger Tage ein offenes Rechteck aus Tischen, von denen aus die nun als gleichberechtigten Mitarbeiter anerkannten Unternehmensbrüder einander neue Ideen mitteilen konnten.

„Ich will“, sagte der Unternehmensführer nun, „dass einige Leute aus den unteren Etagen eingeladen werden, um ihre Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten. Alles soll sehr zwanglos und ohne großes Aufsehen geschehen.“

So geschah es. Ohne großes Aufsehen und nur mit wenigen Speisen und Getränken, die auf den Tischen der Forumsmitarbeiter verteilt wurden, so dass sie bei ihren Beobachtungen der völlig gleichberechtigten Mitarbeiter der unteren Etagen mitschreiben könnten, sobald eine Idee ihnen gefallen sollte, und mit nur wenigen Änderungen der Kleiderordnung, wurden die zukünftigen Mitarbeiter eingeladen. Alles sollte möglichst offen sein, so dass ein förmlicher schriftlicher Wunsch zur Äußerung in doppelter Ausführung (an den Bruder und seinen Sekretär) ersetzt wurde durch einen förmlichen schriftlichen Wunsch in einfacher Ausführung.

Die erste Person betrat den Saal in langsamen, vorsichtigen Schritten, da sie, beeindruckt von den Postern und den kostümierten Mitarbeitern, die genüsslich in ihre Häppchen bissen, nicht wusste, wie sie sich verhalten sollte.

„Ich will“, sagte der Unternehmensführer, „dass du sprichst. Frei von der Leber weg und ohne dass ich es erst sagen muss.“

Die erste Person war erleichtert, wenngleich sie bemerkte, dass die umstehenden Mitarbeiter ihre Kulis zückten und sie gebannt anstarrten. Sie kauten auf ihrem Essen. Aber so ist das nun, wenn man Gleicher unter Gleichen ist, dachte die erste Person.

„Wir wollen uns zunächst zu der neuen Situation äußern“, sagte die erste Person. “Ich habe aus den 23. Etagen Wünsche zusammengetragen. Diese wurden gemeinsam in einem Dokument zusammengefasst. Der erste Wunsch liegt uns besonders am Herzen. Dürfen wir unsere Wünsche vortragen?“

Der Unternehmensführer schaute sich um, als suchte er nach weiteren Personen, konnte aber keine entdecken, so dass er darüber nachdachte, warum nur eine Person seine Forderung stellen wollte. „Ja, natürlich“, sagte er mit einer wegwischenden Handbewegung.

„Wir kritisieren, dass wir nicht dabei waren, als die Entscheidung für die neue Offenheit getroffen wurde“, sagte die erste Person.

„Aber nun profitiert ihr doch!“, sagte der Unternehmensführer erstaunt. Der Sekretär, der das Treiben aus einer Ecke beobachtet hatte schäumte vor Wut! Ein undankbares Pack, dachte er, aber sagte nichts.

„Wir freuen uns auch über die Entscheidung“, sagte die erste Person, die merkte, dass etwas nicht stimmte, „aber wie können wir sicher sein, dass unsere Ideen ernst genommen werden, wenn wir sie nur hier äußern dürfen? Unter den Augen Ihrer Mitarbeiter? Wie können wir sicher sein, dass zukünftige Entscheidungen nicht auch ohne uns getroffen werden? Dass also wirklich alle einbezogen werden.“

Weil der Bruder groß war und weise und sich auch für einen aufgeklärten Herrscher hielt, hörte er ruhig weiter zu, während ein Blick auf den Sekretär ihm verriet, dass dieser zu platzen drohte. Dann sprach er von Freiheit und dass diese nur möglich sei, wenn jemand sie garantiere. Er sprach von Offenheit und dass diese nur genießbar sei, wenn sie geschützt wäre. Er sprach sanft und verständnisvoll und ohne Emotion. Er lächelte in die Runde und die Runde lächelte zurück. Er schloss seine Rede ab, indem er der ersten Person dankte für ihre Offenheit und zurückschickte. Man werde von ihm hören.

Als die erste Person den Saal verlassen hatte, rief der Bruder seinen Sekretär und flüsterte ihm ins Ohr, ganz so, wie es immer gewesen war. Die große Runde wurde darauf unruhig und begann ihrerseits zu flüstern. Innerhalb weniger Minuten erfüllte ein Säuseln den Saal, das immer lauter wurde und durchsetzt war von abgehackten Flüchen, die unter dem Atem geäußert wurden.

Dann schaute der große Unternehmensführer nach oben und es wurde schlagartig still. „Ich will“, sagte er dass jeder, der hier an meinem Tisch sitzt, wieder zurück an seinen Arbeitsplatz geht und dort Ideen entwickelt, die ich aussuche, um sie allen als unsere zu präsentieren.“

Außerdem gab er einem die Aufgabe zu dokumentieren, dass er versucht hatte, alle Etagen an einer Idee arbeiten zu lassen, dass er also alle beteiligt hatte. Es sei, und das müsse aus dem Dokument herauskommen, ein sehr großer Erfolg gewesen.

Die Plakate blieben hängen. Nur eines hängte der Sekretär liebevoll ab und über seinen Schreibtisch ins Büro. Ab diesem Zeitpunkt wurde wieder richtig gearbeitet. Und was die unteren Etagen angeht:

Es sollte bei einer Person bleiben, die es gewagt hatte, die Einladung anzunehmen.

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