Ich weiß es wegen des dass-Irrtums. 🙂 Das ist individueller Stil, den kein Bot hinbekommt.
Künstliche Intelligenz ist in aller Munde. Die OpenAI ChatGPT wird in tausenden Beiträgen gefeiert und in zahlreichen Beiträgen beschrieben. Und in der Tat: Wie das Programm scheinbar auf Fragen "antwortet", ist auf den ersten Blick schon erstaunlich. Erübrigt sich also die herkömmliche Bildung? Im Gegenteil.
UPDATE: Dieser Beitrag ist mittlerweile Teil einer Blogparade, in der die wichtige Frage gestellt wird, wie das Lernen Ausgangspunkt der Debatte rund um KI gemacht werden kann.
Die verschiedenen Variationen von Inhalten, die man in das Program einspeisen kann, können an vielen anderen Stellen nachgelesen werden. Deshalb nehmen wir mal ein ganz typisches Beispiel einer Frage und einer Antwort, wie sie uns ChatGPT gibt:
Um den Lehrermangel zu bekämpfen, kann es hilfreich sein, Maßnahmen zu ergreifen, die Lehrer dazu ermutigen, in den Beruf zu bleiben und die Attraktivität des Lehrerberufs zu erhöhen. Einige Möglichkeiten sind:
Dies sind nur einige Beispiele für Maßnahmen, die gegen den Lehrermangel helfen können. Es ist wichtig, dass die Maßnahmen auf die Bedürfnisse und Anforderungen der Lehrer und Schulen abgestimmt werden, um wirklich wirksam zu sein.
Das hört sich alles auf den ersten Blick gut an. Ist damit der Lehrermangel behoben? Nein, natürlich nicht. Die hier sehr kurz skizzierten Punkte sind bekannt. Oder in Teilen sogar falsch (denn was die Bezahlung angeht, ist das Problem komplexer. Und auch Fortbildungen sind an dieser Stelle weniger das Problem).
Mehr noch: Das, was als richtig identifiziert werden kann, ist natürlich bekannt, denn das, was ChatGPT tut, hat - und das ist eine Erkenntnis, die in die Diskussion einsickern sollte - mit "Intelligenz" nichts zu tun. Die Plattformexpertin Vicky Boykis schreibt in einem Thead auf Twitter, welches Missverständnis besteht. Ihre tl;dr-Erkenntnis (eigene Übersetzung):
Meine persönliche TL;DR-Meinung ist: Es macht einige coole generative Sachen, die gut für Chatbots, Kundensupport, Hilfscodes und erste Entwürfe sein werden. Letztendlich wird es die Gesellschaft aus einer Reihe von Gründen nicht "umkrempeln".
Es würde nun den Rahmen sprengen, diese Gründe aufzuzählen, deshalb sei einer genannt, der auch im Thread zu finden ist: Die AI "antwortet" nicht auf eine "Frage", sondern erkennt in der Frage eine Angabe zu einem Algorithmus, der Wörter in eine Reihenfolge bringt, die ähnlich dem ist, wie Wörter nach einer solchen "Frage" davor in die Reihenfolge gebracht wurden. Das ist beeindruckend. Aber es hat weder mit Intelligenz zu tun noch bedeutet es das Ende von "Bildung", wie wir es kennen.
Das bedeutet freilich auch nicht, dass wir uns - gerade im Bildungsbereich - keine Gedanken darüber machen sollte, welche Bedeutung ein Programm hat, das quasi jede Form der Frage scheinbar nachvollziehbar beantworten kann. Aber aus meiner Sicht werden die Fragen (teilweise) falsch gestellt.
Wenn man beispielsweise dafür sorgt, dass ChatGPT einen Text schreibt und der Auffassung ist, dass dieser Text genau so gut ist wie jener, den man selbst verfasst hätte, wäre die sinnvollere Frage zunächst, was das über den eigenen Text aussagt. Nicht über die Genialität des Programms. Denn (noch) haben wir es mit einem Programm zu tun, dass, im oben erwähnten Sinne, nicht weiter geht als eine - meist kohärente und formal meist richtige - Restrukturierungen von bekanntem Material vorzunehmen. Damit ist ChatGPT nicht viel mehr als eine beeindruckende Version von Beat Döbeli-Honeggers Blahfaselgenerator.
Ist aber nicht eine eigene Beschreibung, ein eigener Text nicht auch eine bloße Form von Restrukturierungen? Das wäre eine der richtigen Fragen, die aber weiter führt als über Wortallokation und nachzudenken. Dabei geht es um Schwerpunktsetzung, Detail, Verbindungen und so weiter.
Man könnte auch so fragen: Seid ihr euch sicher, dass ich - Bob Blume - diesen Text geschrieben habe? Wenn ja, warum?
Das bedeutet freilich nicht, dass schon die nächste oder übernächste Version der KI noch weiter gehen könnte. Meinen Stil imitieren, tiefergehende Analysen formulieren und so weiter und so fort. Es bedeutet schlicht, dass die momentane Version, so beeindruckend wie sie ist, eine beeindruckende Imitation von Bedeutung ist.
Neben der schulterzuckenden Zustimmung, dass man in der Schule natürlich mit ChatGPT arbeiten kann - sei es, um Imperative zu üben, sei es, um Detailfragen zu üben und deren Einarbeitung zu beurteilen, sei es, um die eigenen Fähigkeiten zu überprüfen, erscheint mir eine Schlussfolgerung, die ich immer mal wieder gelesen habe, relativ merkwürdig.
So liest man in der hellen Aufregung der Beurteilung, dass nun ja quasi alles, was man an Aufgaben stellen könnte, redundant sei, weil es die KI ja quasi lösen könnte. Wirklich?
Ich verstehe nicht ganz, was genau der Unterschied zwischen CHatGPT und Wikipedia ist (also: Ich verstehe schon, möchte aber eine kognitive Dissonanz erzeugen). Oder gehen wir einen Schritt weiter nach hinten.
Überlegen wir uns, dass ein Lehrer, der bisher alles seiner Klasse erklärt hat, feststellt, dass es ein Lexikon gibt. "Alles ändert sich, ruft er aus! Wie soll ich je wieder etwas tun, was von Bedeutung ist. Es ist ja alles schon gesammelt." Oder anders formuliert:
Nur weil sich die Art des Zugriff ändert, ändert das nichts an der Tatsache, dass der zugreifende kompetent sein muss.
Wie schafft man diese Kompetenz? Das ist eine weitere, wichtige Frage.
Zunächst biete ich eine Antwort an, deren konservative Radikalität gar nicht meine eigene ist; wir brauchen sie aber, um den Kurzschlussreaktionen etwas entgegen zu halten.
Eine Antwort auf die Frage, wie wir darauf reagieren, dass nun eine "KI", alles "beantworten" kann, könnte ja sein, zu sagen: Deshalb müssen wir mehr wissen! Deshalb müssen wir mehr schreiben! Deshalb müssen wir weniger mit Technik arbeiten!
Ich würde mir wünschen, dass jeder diesen Gedanken zulässt, um dann in einem nächsten Schritt zu sagen. Nein, eine komplette Abkehr kann es auch nicht sein. Sondern? Genau! Das ist das Problem. Wir müssen darüber sprechen, was das fürs Lernen bedeutet.
Die bisherigen Artikel, die ich gelesen habe, gehen von einem verkürzten Lernbegriff aus (der in den Schulen auch Gang und Gäbe ist). Man könnte formulieren: Lernen ist das, was als Beweis einer Fähigkeit am Ende als richtiges Ergebnis erscheint. Lernen ist also Ergebnis.
Daran anschließend ist dann die Überraschung groß: ChatGPT kann ja alles ausrechnen, schreiben, wissen. Was bedeutet das nur für unsere Kinder und Jugendlichen? Falsche Frage.
Nochmal: Ob Schülerinnen und Schüler einfacher, schneller und effizienter nicht denken, ist völlig irrelevant. Die Frage, die sich viel eher stellt ist:
Wie kann Lernen zu einem Prozess werden, der selbst als so sinnstiftend wahrgenommen wird, dass sich in seiner individuellen und dialogischen Vertiefung eine Weiterentwicklung des (jungen) Menschen im Hinblick auf kognitive, physische, persönliche und professionelle Fähigkeiten ergibt?
Ob ChatGPT dafür genutzt wird, ein solches Lernen zu unterstützen oder zu erweitern, ist in dem Fall mehr als egal. Denn Sinn entsteht in der Handlung und der Reflexion des Lernenden selbst, nicht im Hinblick darauf, wie ein Ergebnis entstanden ist.
Wenn wir ChatGPT danach beurteilen, inwieweit es in der Lage ist, die Ergebnisse von jungen Menschen zu imitieren, dann haben wir schon verloren. Dabei ist es ziemlich egal, ob nun jemand meint, dass das Leistungsniveau 8., 9. oder 10. Klasse ist.
Ich weiß nicht, wie es den anderen geht, aber: Der freundliche Hinweis, eine bestimmte Aufgabe selbst zu versuchen und sie nicht über WhatsApp zu teilen, ist mir nicht unbekannt. Denn das Ziel ist ja eben nicht ein möglichst formal perfektes Ergebnis, sondern das Ziel ist die Aneignungsleistung selbst, und zwar vor allem dann, wenn sie in etwas mündet, dass wir als zunächst "nicht richtig" beurteilen.
Wenn wir also etwas weniger Panik haben und uns damit auseinandersetzen, wie wir den Prozess eines Lernens begleiten wollen, bei dem das Ergebnis weniger wichtig ist, haben wir schon viel gewonnen.
Dieser Text wurde geschrieben von ChatGPT. Nein, wurde er nicht. Oder doch? Woher sollte man das wissen?
Wenn es einem nicht darum geht, dass ChatGPT die Aufgaben übernimmt, sondern darum, wie man die KI produktiv nutzen kann, gibt es verschiedenste Anwendungsgebiete. Einige davon habe ich für Oberstufenschüler:innen gesammelt.
Am 9.3.2023 konnte ich bei der Sendung "Markus Lanz" dabei sein. Das Video gibt es hier:
Ich weiß es wegen des dass-Irrtums. 🙂 Das ist individueller Stil, den kein Bot hinbekommt.
Haha! Da muss ich schnell nachbessern!
Schrecklicher Weise finde ich die eigenen Fehler nicht. Kannst du weiterhelfen?
Denn (noch) haben wir es mit einem Programm zu tun, dass, im oben erwähnten Sinne, nicht weiter geht als eine – meist kohärente und formal meist richtige – Restrukturierungen von bekanntem Material vorzunehmen.
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Morgen in Mannheim:
Der Einzelne mit seinem individuellen Potenzialen gehört ins Zentrum einer neu zu entwickelnden Bildungskultur.
Viele noch so viele Fragen habe ich dazu ChatGPT gestellt. Immer wieder fällt sie zurück auf die Schule - wie jeder normale Mensch - und erwarten dies alles von der Schule. ChatGPT kann meine Fragen nicht schlüssig beantworten. Von Intelligenz keine Spur.
Viel Spaß und Erfolg morgen
Wolfgang
http://www.flyer.edeju.de
Toller Artikel. Das Lernen ist nicht tot sonder richtet sich neu aus. Es muss also auch einen Richtungswechsel in der Berurteilung von Leistung geben, hin zu einer stärkeren Beurteilung der Lernfähigkeit, Reflektionsfähigkeiten und der individuellen Entwicklung. Das setzt definitiv neue Maßstäbe an den Unterricht. Der reine Wissenserwerb wird zweitrangig und die Aneignung und das Training von Lernmethoden rückt in den Vordergrund
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Danke für den interessanten Beitrag! Ich habe Chat GPT in letzter Zeit öfters eingesetzt und bin echt erstaunt, über die gute Qualität der Text. Es ist auf jeden Fall anzunehmen, dass solche Algorithmen unser Leben beeinflussen werden.
[…] Bob Blume (@netzlehrer) hat uns auf einen Beitrag vom 14.12.2022 verwiesen, in dem er den Aspekt des Lernens im KI-Zeitalter beleuchtet hat. Darin analysiert er, dass in vielen Artikeln von einem verkürzten Lernbegriff ausgegangen werde: “Man könnte formulieren: Lernen ist das, was als Beweis einer Fähigkeit am Ende als richtiges Ergebnis erscheint. Lernen ist also Ergebnis.” Zielführender wird es dann, wenn Lehrkräfte sich nicht auf ein formal perfektes Ergebnis, sondern auf die Aneignungsleistung konzentrieren. “Wenn wir also etwas weniger Panik haben und uns damit auseinandersetzen, wie wir den Prozess eines Lernens begleiten wollen, bei dem das Ergebnis weniger wichtig ist, haben wir schon viel gewonnen.” Vielen Dank für den Hinweis! Den vollständigen Beitrag findet ihr hier! […]
[…] I am excited to announce that from now on, important blog posts about AI, education, and digital media will also be available in English. I am looking forward to engaging with international teachers, tutors, and experts. Your feedback, comments, and the sharing of these articles will be greatly appreciated and highly valued. Let’s connect and discuss these vital topics together! The original German version of this article can be found here. […]
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