Im Referendariat sind vielerlei Aspekte wichtig, die dafür sorgen können, dass man die Übersicht verliert. Ob es nun Classroom-Management, der Umgang mit Störungen oder Gelenkstellen sind – nicht einmal das Wort “Multitasking” würde der Fülle an Dingen, auf die man achten muss,  gerecht. Neben diesen vielen Aspekten können grundlegende Elemente einer Stunde aus den Augen verloren werden, oder besser: Der grundlebende Fokus. Eine Notiz.

Nachdem ich einer Referendarin helfen konnte, ihre Stunde zu überdenken, bin ich wieder einmal darauf gestoßen worden, wie wichtig ein Fokus der Stunde für das Gelingen des gesamten Aufbaus ist. Sowohl im Artikel zu den Einstiegen als auch im sehr umfangreichen Artikel zur Planung von Unterricht habe ich dies schon beschrieben, an dieser Stelle isoliert und mit anderen Beispielen.

Zu viele Aspekte

Zunächst zu einer fiktiven Stunde, die bewertet werden soll. Dies schreibe ich deshalb dazu, weil dies zumeist bedeutet, dass a) die Stunde in ihrer Progression sehr gut gelungen sein muss, b) Schülerzentrierung zwar gewollt, aber eben nicht zu lange ausgeführt werden kann (da die Facheiter*innen ansonsten nichts von der Lehrerpersönlichkeit sehen) und c) Methodenwechsel in einem Turnus stattfinden, in dem es in einer “normalen” Stunde normalerweise nicht nötig wäre.

Oftmals sind die Planungen für ein solches Unterfangen geprägt von deutlich zu viel inhaltlicher Abwechslung (nicht methodischer). Mit anderen Worten: Die Referendarinnen und Referendare wollen zu viel. Wenn beispielsweise eine neue Textform eingeführt worden ist, dann soll in der Stunde (die einen tollen Einstieg hat) etwas erarbeitet werden (damit eine Grundlage vorhanden ist), dann soll es angewendet werden (damit auf dieser Grundlage etwas erarbeitet wird) und dann sollen Schüler*innen am besten noch Feedback geben (damit sie miteinander arbeiten können). All das ist sehr wichtig und sind natürlich nachvollziehbare und vernünftige Elemente von Unterrichtsstunden. Allerdings eben von mehreren. Mit anderen Worten: Eine Stunde, die 45 Minuten dauert, kann ohne Vorentlastung nicht alles auf einmal leisten.

Mit Vorentlastung meine ich Folgendes: Wenn Schüler*innen beispielsweise Feedback geben sollen (sagen wir mit einer Textlupe, einer Schreibkonferenz oder peer-to-peer-Feedback), dann muss ihnen klar sein, was gutes Feedback überhaupt ist. Wenn dies also nicht in der, besser in den Stunden zuvor, geübt worden ist, hat man in einer Prüfungssituation plötzlich das Problem, dass das Feedback nicht mal eben durchgeführt werden kann, weil man ständig damit befasst ist, ein gutes Feedback anzumahnen und zu erklären, das “ist ok” oder “gut gelungen” noch kein Feedback ist, auf dem sich aufbauen ließe.

Der Fokus

Der Ausschnitt aus dem Artikel zur Planung von Unterricht zeigt den Fokus der Stunde, der zumeist Gegenstand genannt wird und zumeist mit einer Hauptkompetenz beschrieben werden kann.

Wie aber findet man diesen Fokus? Hier kommen die Beispiele von oben ins Spiel. Meistens hat das Finden eines Hauptfokus nämlich mit Entzerrung zu tun und mit der Erkenntnis, dass auch Fachleiterinnen und Fachleiter wissen, dass man in einer Stunde nicht 7 inhaltliche Schritte gehen kann.

Ich arbeite also beispielsweise entweder an der Grundlage für die Erarbeitung, die dann in den nächsten Stunden folgt (also beispielsweise daran, was rhetorische Figuren, Zellen oder worum auch immer es geht eigentlich sind) oder ich lasse zu dem Thema schreiben.

Erst mit einem solchen Fokus bin ich in der Lage, die Stundenstruktur zu präzisieren, denn: Wenn mein Fokus beispielsweise das Feedback ist, kann ich meinen Einstieg, der ja funktional zur Mitte der Stunde, zur Erarbeitungsphase hinleiten soll, auch gut auswählen. Habe ich drei verschiedene Elemente, die ich alle irgendwie unterbringen möchte, verliere ich nicht nur die Übersicht, sondern weiß gar nicht, wo es überhaupt hingehen soll.

tl;dr

Mit einem nachvollziehbaren Stundenfokus gewinnt die Stunde an Klarheit und Kohärenz, deshalb sollte man immer überprüfen, ob klar und deutlich ist, was dieser Fokus ist. Wenn er nicht zu ermitteln ist, sollte man das Konzept überarbeiten und ggf. inhaltliche Schritte herausschmeißen, auch wenn es wehtut und man das Gefühl hat, dass es zu wenig ist.

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