[…] zum Referendariat an Grundschulen in […]
Unterrichtsbesuche sind merkwürdige Zwitterwesen. Auf der einen Seite wird einem mitgeteilt, dass sie nichts zählen[1], auf der anderen Seite gehen sie - von Bundesland zu Bundesland mal mehr oder mal weniger - doch in die Beurteilung ein. Auf der anderen Seite möchte man dem Fachleiter beweisen, dass man den richtigen Beruf ergriffen hat. Das kann auch schon in der Vorbereitung überfordern. An dieser Stelle sollen einige Tipps dabei helfen, ein wenig gelassener zu werden - insofern das möglich ist.
Dieser Beitrag ist Teil des Buches „Wegweiser Referendariat“, in dem alle wichtigen Blogartikel zum Referendariat vollständig überarbeitet, erweitert und angepasst in einem handlichen Buch auf 200 Seiten gesammelt sind.
Der Lehrer und Schulleiter Jan-Martin Klinge urteilt über das Buch: „Es ist ganz einfach: Wenn Sie dieses Buch lesen, werden Sie ein besserer Lehrer“.
Vor allem jene Referendare, die alles besonders gut machen wollen (was toll ist) neigen dazu, ihre Stunden so voll zu packen, dass es für die Schüler geradezu unmöglich ist, alles zu bearbeiten. Später in den Lehrproben ist das ein No-Go. Natürlich möchte man in der Besuchsstunde aber auch nicht 10 Minuten eher fertig sein. Wichtig ist, dass in der Erarbeitungsphase genug Zeit für die Schüler ist, tatsächlich auch etwas zu tun. Ob der Einstieg eine Riesenexplosion ist oder nicht, ist erstmal zweitrangig.
Viele Referendare haben das Gefühl, dass sie sofort alles können müssen. Das ist nicht nur Quatsch, sondern geht auch nicht (das sollten vor allem die Mentoren und die Fachleiter wissen). Es gibt tausende Dinge, auf die man achten muss. Wie man geht, steht, spricht, fragt, sich beugt, betont, schreibt etc. Das kann einen schier verrückt machen. Deshalb sollte man sich schon von Beginn an angewöhnen, auf maximal drei Dinge zu achten. Beispielsweise:
Es werden dennoch Fehler geschehen, und das ist völlig in Ordnung. Aber wenn man einen Fokus hat, kommt man nicht so sehr ins schlingern.
Die richtige Antwort ist: Für die Schüler. Es geht nicht darum, so zu tun, als sei mit dir der neue Superlehrer auf den Erdball gefallen. Wenn dem so ist - umso besser. Aber die Fachleiter wollen sehen, dass die Schüler und das, was sie sagen und tun, dir wichtig sind. Falls also etwas Unvorhergesehenes passiert, kümmere dich darum und ziehe nicht deinen Schuh durch. Es gibt nichts Schlimmeres als jemand, der ein Kind, das ein Leiden hat, ignoriert, weil er oder sie Angst hat, mit dem "Stoff" nicht durchzukommen. Das ist schwierig, aber ist schon in Besuchen wichtig.
Normalerweise gibt es nach jedem Besuch ein sehr langes und genaues Feedbackgespräch. Das kann wehtun. Nicht unbedingt, weil man so viel falsch gemacht hat, sondern weil viele Menschen dazu tendieren, sich das Negative bewusster zu machen. Man muss sich immer wieder klar machen, dass man nicht alles können kann. Und das das gut so ist. Auch harte Kritik ist eine Möglichkeit zu lernen. Es gibt Fachleiter und Mentoren, die das mehr oder weniger gut rüberbringen, das ist klar. Aber grundsätzlich sollte man davon ausgehen, dass sie mit der Kritik bezwecken, einen weiterzubringen.
Auch beim letzten Punkt geht es nicht unbedingt um die Stunde an sich. Es geht darum, wie man es verpackt. Manche können das besser, manche weniger gut. Vor allem diejenigen, die eigentlich 95% spitzenmäßig machen, neigen dazu, einen Kritikpunkt quasi direkt ins Herz vorstoßen zu lassen. Das ist nicht nur nicht gut, sondern auch auf die Dauer problematisch, weil man in diesem Beruf viel mit Kritik und Feedback zu tun hat - oder zu tun haben sollte.
Insofern sollte man relativieren und sich die positiven Dinge auch zu Herzen nehmen.
Habt ihr Erfahrungen mit Unterrichtsbesuchen? Was wären eure Tipps? Ich freue mich über Kommentare.
[1]Dies ist nicht in allen Bundesländern gleich. In Baden-Württemberg gehen die sogenannten Besuche zwar nicht in die Endnote ein, können aber zu einer Verlängerung führen. In Bayern gehen sie in die Gesamtbeurteilung ein.
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