Seitdem die politischen Entscheidungen im Bildungsbereich immer weniger nachvollziehbar geworden sind, versuche ich über den Blog und meine Social-Media-Kanäle jenen Problemen, Herausforderungen und Zustandsbeschreibungen Reichweite zu geben. Insofern war es für mich klar, dass ich der Bitte von Referendar*innen, die mich angeschrieben haben, nachkomme, ihre Sicht auf das Referendariat öffentlich zu machen. Die Schreiber*innen möchten anonym bleiben. 

Die Vergessenen

Als wir das Referendariat angefangen haben, wussten wir bereits, dass das nicht einfach wird, denn nicht umsonst heißt es immer, dass diese Zeit die schlimmste des Berufslebens sei. Aber auf das, was uns erwarten sollte, waren wir nicht vorbereitet und es hat unsere schlimmsten Erwartungen um ein Vielfaches übertroffen. Zwischen Lehrerbashing und der Realität, dass die meisten nicht mehr wissen, wie sie den Belastungen und dem gestiegenen Arbeitspensum noch Herr werden sollen, vergisst man leider gerne, dass junge, angehende Lehrkräfte, die eigentlich noch motiviert waren, nicht weniger unter der ganzen Situation ächzen, aber von allen Seiten vergessen werden.

Wie alles begann… die Verlängerung

Als die Schulen im März das erste Mal geschlossen wurden, haben die meisten von uns gerade mal angefangen, überhaupt zu unterrichten. Lange war nicht klar, wann wir wieder an die Schule zurückkehren könnten, um praktische Erfahrung zu sammeln. Und damit entstand auch schon das erste Problem: die Entscheidung darüber, ob wir aufgrund der mangelnden Praxiserfahrung in die Verlängerung gehen wollten, wurde uns übertragen, obwohl diese normalerweise von Fachleitern nach mehreren Besuchen (natürlich nicht nur aufgrund ihrer eigenen Präferenzen) getroffen wird. Nun könnte man meinen, dass dies ein Vorteil sei und wir somit alle durchgewunken wurden, aber auf welcher Grundlage sollten wir das denn entscheiden? Denn zu diesem Zeitpunkt dachten wir noch, dass wir am Ende der Ausbildung in normalen Lehrproben geprüft werden… und sind wir doch mal ehrlich: schon damals war klar, dass auf die Umstände bei der Bewertung sicherlich keinerlei Rücksicht genommen wird. Viele haben sich daher um ein Feedback seitens der Schule oder des Seminars bemüht, um diese Entscheidung treffen zu können. Bei dem Versuch ist es jedoch geblieben, denn die Antworten waren nur oberflächlich und nichtssagend. Es ging allen Beteiligten dank den Vorgaben des KM nur darum, sich rechtlich nicht angreifbar zu machen, anstatt uns wirklich zu helfen und ihrer beratenden Funktion nachzukommen.

Apropos Beratung: die Unterrichtsbesuche

Vorab: natürlich sind wir auch der Meinung, dass die beratenden Unterrichtsbesuche wichtig und sinnvoll sind. Wie sinnvoll diese aber in einer Pandemiesituation mit stetig steigenden Fallzahlen und Abstandsgebot, das dann nicht mehr eingehalten werden konnte, sind, bleibt fraglich. Auch hier wurde keine Sekunde über Alternativen oder digitale Lösungen, wie das Streamen aus dem Klassenzimmer, nachgedacht und an starren Konzepten festgehalten, was nicht nur Schüler, Kollegen sowie die Fachleiter selbst gefährdet hat, sondern auch eine unnötige zusätzliche Belastung für alle Beteiligten in einer sowieso schon unvorhersehbaren Zeit dargestellt hat. Wir können nicht auf jahrelange Erfahrung zurückgreifen und jonglierten zwischen Material für Schüler in Quarantäne, geteilten Klassen, Präsenzunterricht, den Seminarveranstaltungen. Dazu dann noch die Unterrichtsbesuche unter Pandemiebedingungen, bei denen wir aber perfekte Lehrprobenstunden nach Vorgaben, die aufgrund der Hygienevorschriften nicht einzuhalten waren, zeigen sollten. Selbst in Situationen, in denen eine mögliche Infektion von Fachleitern im Raum stand, weshalb Schulen den Zutritt ohne negativen Test nicht erlauben wollten, echauffierten sich die Seminare nur über vereinzelte Zutrittsverweigerungen. Wir lassen das jetzt einfach mal so stehen.

Der Gipfel des Wahnsinns: Die Dokumentation

Man möchte meinen, dass das KM sich wenigstens in sieben Monaten überlegen hätte können, wie alternative Prüfungsformate für uns aussehen könnten. Und zu unserer Überraschung haben sie das auch. Das Konzept lässt sich mit einem Wort beschreiben: Flexibilität. Allerdings nur unsererseits. Besagtes Konzept bestand nämlich darin, dass wir drei verschiedene Dokumentation planen sollten, die je nach Pandemielage durchgeführt werden können: online, in geteilten Klassen oder präsent. Spoiler: Das Konzept geht nicht auf. Völlig unvorhersehbar stehen wir nun vor einigen Problemen. Denn sowohl das Problem, dass Teile der Klassen, ganze Klassen oder wir selbst in Quarantäne mussten, macht eine vernünftige wissenschaftliche Arbeit unmöglich. Man werde dies „mit Augenmaß betrachten“, was übersetzt bedeutet, dass „das eben Pech ist“ und keinerlei Berücksichtigung finden wird. Da uns das KM aber natürlich entgegenkommen wollte, um sich gegen eventuelle Klagen abzusichern, hat man sich dann überlegt, dass man uns nicht nur die Möglichkeit bietet, die Doku auf sechs Stunden zu beschränken, in denen man natürlich super viel Kompetenzentwicklung und höchst innovative Konzepte zeigen kann, nein, in absoluten Ausnahmefällen, von denen uns bis heute keine bekannt sind, konnten wir die Doku nun sogar theoretisch schreiben. Und ein weiteres Geschenk wurde uns sogar passend zu Weihnachten auch noch gemacht: Die Abgabefrist wurde um zwei Tage, ZWEI TAGE, verlängert. Da stellt sich uns nun eine Frage: Wieso konnte niemand die Entscheidung treffen, dass die Doku von allen nur theoretisch durchzuführen und damit die tatsächlich so forcierte Chancengleichheit – das Argument für alles – zu schaffen? Ihr denkt, damit wäre der Gipfel schon erreicht? Oh nein. Aufgrund des neuen Lockdowns weiß jetzt leider keiner, wie wir die Dokumentation drucken und binden lassen sollen, Copyshops sind schließlich geschlossen. Aber die Seminare haben eine super Lösung für uns parat: Wir dürfen die Doku nun PRIVAT drucken und an unserer Schule als Ringbuch binden. Wer kennt sie nicht, die Schulen an denen man zwar kein W-Lan oder technische Ausstattung hat, aber natürlich die Möglichkeit, Ringbücher zu binden. Digital Einreichen? No way. Fairerweise müssen wir hier aber sagen, dass der Entscheidungsprozess noch weiter im Gange ist, denn es ist doch wie immer noch genug Zeit. Abgabe ist schließlich erst Anfang Januar. Das ist eben das Konzept: wir sind flexibel, alle anderen nicht.

Kommunikation is key – nur nicht im Bildungswesen

Die Kommunikation mit dem Seminar und den zuständigen Stellen des KM ist, sagen wir es diplomatisch, ausbaufähig. Wenn ihr eine Frage habt – kleiner Tipp von uns an alle weiteren Jahrgänge – nicht an das Seminar schreiben. Ihr werdet dann namentlich in allen weitere E-Mails, die an den gesamten Jahrgang gehen, erwähnt, damit auch jedem deutlich wird, wie unnötig eure Frage war. Wenn ihr beispielsweise nachfragen wollt, wie es mit eurer Zusatzausbildung weitergeht, dürft ihr nicht auf Verständnis oder Hilfe hoffen, sondern müsst euch mit einem „Das ist dann halt Pech“ zufrieden geben. Immerhin haben wir aber schon zwei Monate vorher erfahren, dass unsere Prüfungslehrproben im Präsentationsformat stattfinden. Wie das aber aufgrund der aktuellen Entwicklung nun genau aussehen soll, erfahren wir dann vermutlich drei Tage vorher, denn man hatte natürlich nicht genug Zeit, sich für alle Eventualitäten schon einmal Konzepte zu überlegen. Bitte immer daran denken: das Stichwort ist Flexibilität unsererseits. Ach, und noch zum Thema Flexibilität: natürlich sind wir dankbar, dass die Entscheidung für Präsentationsprüfungen frühzeitig getroffen wurde, aber uns dann seitens einiger Fachleiter vorwerfen lassen zu müssen, dass diese Prüfung so viel einfacher sei, wir das Format „sowieso schon so viel an der Uni“ geübt hätten und deshalb von einigen keine Auskunft dazu zu erhalten, während andere ganze Prüfungen üben, hat nun wirklich wenig mit Chancengleichheit zu tun. Und warum bei einigen Fächern nun auch die fachliche Kompetenz, die bereits eigentlich mit dem ersten Staatsexamen nachgewiesen wurde,  unter Beweis gestellt werden muss, während dies für andere nicht der Fall ist, konnte uns dann leider keiner sagen, denn diese Anliegen wurden ignoriert. Das ist eben Chancengleichheit à la KM und Seminar.

Ein letztes Wort dazu

All das führt dazu, dass wir zwar erst am Anfang unseres Berufslebens stehen, aber dennoch einige schon fast ausgebrannt sind. Jede Entscheidung wurde unter dem Deckmantel der Chancengleichheit für uns getroffen, obwohl doch allen klar war, dass es nur um die Bequemlichkeit und Unanfechtbarkeit des KM sowie der Seminare ging. Für unsere Ausbildung kommt das alles zu spät, aber wir hoffen, dass vor allem für den nächsten Jahrgang die Dinge besser geregelt werden. So verheizt man nur eine ganze Generation Lehrer und braucht sich über den Lehrermangel nicht mehr wundern.

14 Kommentare

  1. Genau so und an manchen Stellen auf andere Weise, läuft es auch bei uns. Statt 6 Unterrichtsbesuche in 8 Monaten,sollen wir ohne Vorkenntnisse und Übungen im Unterricht, 6 in DREI Monaten absolvieren. Falls du unter dieser Last drohst zusammenbrechen, wird dir gesagt,dass diese UBs bloß BERATEND sind und du dich sowieso im Stresstest befindest. Solltest du dem nicht gewachsen sein, dann bist du eben nicht für den Lehrerberuf geeignet. Nachdem nun alle Bibliotheken dicht haben,hat das zuständige Prüfungsamt auf Anfrage einer Verlängerung der Frist für die Hausarbeit geantwortet, dass eine Verlängerung nichts bringt, denn man wisse ja nicht, ob nach dem.10. Januar der Lockdown weitergehe. Daher wird keine Verlängerung gewährt. Klingt doch logisch oder? Übung für das alternative Prüfungsformat braucht man übrigens nicht. Wir können uns alle sicher sein, das Seminar und die Prüfer seien ” sehr empathisch”,wer seine Stunde ordentlich plane, der hätte nichts zu befürchten. Hätten die Weihnachtsferien nicht begonnen. Hätte ich wahrscheinlich das Ref abgebrochen.

  2. Bei uns (Examen ab Ende der Sommerferien [August bis Septemner 2020]) sah es ganz ähnlich aus. Erst wurden Unterrichtsbesuche gestrichen, dann wurden sie digital durchgeführt (ohne Schüler wohlgemerkt) und als Präsentation gemacht. Manche Referendare, die in Verlängerung waren, hielten dann Examen als Präsentation, wir durften mit Masken nach den Sommerferien in die Klassen und dort unser Examen absolvieren. Die Tatsache, dass es Schulschließungen im März und April gab, wurde dabei immer wieder mit dem Kommentar “es sollen uns dabei keine Nachteile entstehen” abgewiegelt. Davon hat man bei den Examensprüfungen dann zum Schluss nichts gesehen. Die Kommunikation des KM und des Seminars war eine absolute Katastrophe, Informationen kamen meist am späten Freitagnachmittag, Fachleiter informierten dann so, die Seminarleitung aber wieder anders. Ich bin froh, dass ich mein Examen am Ende bestanden habe (auch wenn ich mit der Note nicht so zufrieden bin) und jetzt erstmal als Vertretungslehrer arbeiten kann. Das macht die ganze Coronasache nicht angenehmer, aber ich beneide den aktuellen Refi-Jahrgang absolut nicht.

  3. Das ist wirklich toll ,dass all diese Tatsachen eine Stimme bekommen. Aber zugleich macht mich alles wirklich sehr traurig.Auch wenn ich bis zum Ref noch einen kleinen Weg vor mir habe, so beschämen und verärgern mich diese Vorgehensweisen insbesondere zu Pandemiezeiten wirklich sehr .Das ist einfach eine Schande ! Es findet einfach null Wertschätzung statt. Ich vermute auch mal ,dass es mit vernünftigen Konzepten für die Zeit nach dem 10. schwierig wird, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf 🙁

  4. Auch wenn in Brandenburg LuL in der gleichen belastenden Situation stehen wie anderswo auch – das Referendariat wurde flexibel und gut organisiert. Lob an das Studienseminar Potsdam an der Stelle. Trotzdem bin ich sehr froh, dass mein Referendariat im Dezember endete und ich sehe mich definitiv vor Sommer nicht an einer Schule, da ich den derzeitigen Umgang mit den Lehrkräften unglaublich respektlos finde.

  5. Und es ist wieder verblüffend wie unterschiedlich die Länder alles handhaben. In meinem vor kurzem beendetem Ref in NRW wurden die UBs von 10 auf 8 gekürzt, davon hatte ich 2 im Präsentations- bzw. Erzählformat. Praktikum an anderen Schulformen wurde ersatzlos gestrichen. UBs im Digitalformat ermöglicht. Die Unterrichtsplanungen müssen bei uns nie gebunden werden… nur gedruckt und selbst die Klippmappen in denen ich sie übergeben habe wurden mir wieder zurückgegeben. Seminar und Fachleiter waren wirklich immer bemüht uns zu helfen, so wie es ihnen im Rahmen der (langsamen…) Entscheidungen des Bildungsministeriums und der Bezirksregierungen möglich war. Natürlich liefen auch Dinge nicht gut. Eine normale UPP im September durchzuführen nachdem ich das letzte Mal so richtig im März vor SuS stand war natürlich schwierig. Ein Schulleiter berichtete mir er hätte nie so viele “Anfängerfehler” in UPPs gesehen. Die Noten in den UPPs litten flächendeckend. Und dass UPPs an sich schrecklich sind muss hier nicht diskutiert werden. Aber insgesamt hatte ich das Gefühl, dass wir seitens Seminar bestmöglich durchgebracht wurden.

  6. Vielleicht sollten sich die LehrerInnen doch mal mehr zur Wehr setzen und nicht alles hinnehmen. Ich bin noch weit vom Ref. entfernt, in Niedersachsen, aber angesichts des wichtigen Jobs, den Lehrende an Schulen machen, sollte es ihnen eigentlich auch möglich sein, angesichts dieser Zustände ein bisschen Druck aufzubauen, oder? Sonst wird sich wahrscheinlich nichts ändern…
    Ich habe mich aus verschiedenen Gründen beruflich zu diesem neuen Weg ins Lehramt entschieden, den ich gerne gehen will und wo ich auch denke, dass ich gebraucht werde. Schon die Tatsache, wie wenig Unterstützung ich für diesen Neuanfang von Behörde und Schulen bekommen habe, hat mich allerdings frustriert. Ich habe schon ein komplettes Studium absolviert, muss jetzt noch ein komplettes dran hängen, ohne Verdienst, aber dafür mit Ausgaben. Darauf ließ ich mich ein, obwohl ich denke, dass eine duale Ausbildung mit einem kontinuierlichen Mix aus Praxis (Schule) und Theorie (Hochschule) viel sinnvoller wäre (Thema Unterrichtserfahrung). Man könnte dann von Anfang an in der Schule assistieren und von Anfang an Praxiserfahrung sammeln. Das würde auch den Personalmangel an den Schulen mildern. Aber das nur nebenbei.
    Viel unverschämter finde ich, dass ich – trotz vorher ABGESCHLOSSENEM Studium und Arbeitserfahrung zwischendurch – als LANGZEITstudentin eingestuft werde und mich nur die Betreuungsverantwortung für meine Kinder davor bewahrt, MEHR ALS DIE DOPPELTE SUMME der regulären Studiengebühren als Langzeitstudiengebühren zahlen zu müssen. Diese Kritik geht natürlich an das gesamte Uni-System in Deutschland. Speziell bezüglich der Lehrerausbildung fällt zudem negativ auf: Jeder Azubi in der Wirtschaft und im öffentlichen Dienst bekommt während der Ausbildung schon Gehalt, aber die angehenden LehrerInnen als “Azubis” im Bildungswesen des Staates müssen drauf zahlen? Auf eine Verbeamtung mit ihren diversen Vorteilen kann schließlich auch nicht mehr jeder hoffen.
    Das alles lädt nicht dazu ein, sich für den Lehrerberuf zu entscheiden, abgesehen von den Hürden, die offensichtlich nach dem Studium noch kommen. Hier sollte sich der öffentliche Arbeitgeber Staat dringend etwas überlegen. Das macht auch den Stellenwert von Bildung in unserem Land deutlich. Der wird offensichtlich nur in der Theorie hochgehalten…

  7. Lieber Bob Blume,

    erst einmal ein großes DANKE für deinen tollen Blog, den ich meinen Referendarinnen und Referendaren empfohlen habe – gerade auch hinsichtlich der Situation des Fernlernens! Die Tipps auf deiner Seite und übrigens auch dein von uns vielgenutztes Buch sind echt super! 🙂 Ich bin Fachseminarleiterin für Deutsch am Studienseminar Salzgitter in Niedersachsen und habe den Beitrag der anonymen Referendaren mit Erschrecken gelesen.
    Liebe Unbekannte, es ist wirklich sehr schade, dass Sie so unangenehme Erfahrungen im Ref gesammelt haben. Ja, es ist immer eine Zeit voller Belastungen und Herausforderungen. Und Corona macht es sicher allerorts nicht leichter. Gerade in Anbetracht dieser Tatsachen ist es traurig, dass Sie nicht mehr Unterstützung erfahren haben.
    Ich freue mich umso mehr, dass in den Kommentaren auch einige positive Erfahrungen artikuliert worden sind. Für mein Seminar und Fachseminar kann ich sagen, dass wir sehr viel daran setzen, unsere Referendare bestmöglich zu unterstützen und sie mit der Situation nicht alleinzulassen. In meinem Seminar habe ich mit alternativen Unterrichtsentwürfen für verschiedene Situationen (Fernlernaufgaben / VKs / digitale Lernsettings etc.) gearbeitet, wir sind in den FUBs, UBs und GUBs, an denen ich teilgenommen habe, sehr flexibel gewesen und ich persönlich habe das Gefühl, dass das mit der Balance aus Sicherheit-Geben für die Refs und Gemeinsam-an-den-veränderten-Umständen-Lernen ganz gut klappt.

    Mir ist es sehr wichtig, das zu schreiben, weil Erfahrungsberichte wie der oben eben sicher immer nur einen Teil der Realität abbilden, der aber in den Köpfen angehender Lehrer sehr präsent ist. Wenn ich neue Referendare übernehme, dann bin ich in den ersten Wochen und Monaten immer damit beschäftigt, Vertrauen herzustellen und die Negativ-Bilder, die hinsichtlich der Fachseminare und Ausbilder bestehen, wieder zu neutralisieren. Das bedaure ich wirklich sehr! Das Referendariat muss keine Horror-Zeit sein, auch wenn es einen immer vor Herausforderungen stellen wird! Gerade gestern bekam ich eine Mail von einer Referendarin, die sich für die konstruktiven Beratungen bedankte und schrieb, sie würde sich immer auf die Seminare freuen.

    Liebe angehende Referendare! Bitte geht mit Erfahrungsberichten wie dem der anonymen Verfasserin vorsichtig um! Es ist wie überall im Leben: Manche machen schöne Erfahrungen in einer Partnerschaft, andere nicht. Manche bauen ein Haus ohne Probleme mit den Baufirmen, andere haben nur Ärger … Aber: Eine negative Grundhaltung voller Angst und Misstrauen macht alles nur noch schwieriger und beeinträchtigt eure Lernchancen. Euer Ausbilder ist eigentlich im eher unwahrscheinlichen Fall ein Mensch, der euch diese Zeit des Lebens versauen möchte. Viel wahrscheinlicher ist es, dass er es gut mit euch meint und sich auch ehrlich an euren Fortschritten erfreut und euch auf dem Weg begleiten will. Klar: Es gibt gute und schlechte Ärzte, Lehrer, Friseure, Fachleiter. Und, was die konkrete Corona-Situation angeht: Es gibt auch Menschen, die besser und schlechter mit all den Veränderungen umgehen können. Die mehr oder weniger Angst haben davor, dass Dinge, die sie tun, möglicherweise juristisch anfechtbar sein könnten. Die mehr oder weniger kreativ mit Problemen umgehen. Aber: Es ist echt kontraproduktiv, in allen Fällen vom negativen Fall auszugehen. Es ist ja im Gegenteil so: Wir sind lange, lange Zeit wirklich in einer Beratungssituation, bevor wir irgendwann auch bewerten muss. Dass das so ist, kann positiv und negativ gesehen werden, ist aber eine andere Frage. Und wirkliche und funktionierende Beratung bedarf eigentlich einer Grundlage: Freiwilligkeit. Im zwangsweise zu absolvierenden Referendariat ist das natürlich extrem schwierig, denn weder das Referendariat selbst noch der “Fachleitermokel” wurde sich freiwillig gewählt. Aber man kann als Referendar versuchen, sich dieser Freiwilligkeit zumindest anzunähern, indem man versucht, sich einzulassen, von Vorurteilen freizumachen und zu vertrauen. Ich sage das meinen Referendaren am Anfang immer wieder: Ich möchte sie kennenlernen, ich möchte versuchen, ihre eigenen Vorstellungen vom Lehrersein in einer bestmöglichen Form Realität werden zu lassen. Aber dazu müssen sie sich mir öffnen, mich teilhaben lassen und ehrlich mit mir kommunizieren. Ich freue mich, dass das wirklich in den allermeisten Fällen sehr gut funktioniert. Erstaunlicherweise auch jetzt, in Coronazeiten, wo wir sehr viel in Distanz arbeiten müssen. Also, mein Appell: Bleibt offen! Geht nicht mit Angst und Vorbehalten in die Situation, sondern macht euch euer eigenes Bild von den Menschen und Erwartungen, die euch dort begegnen! Ich wünsche euch viel Freude und positive Erfahrungen im Ref! 🙂

    Herzliche Grüße,
    Dana Schällert vom Studienseminar Salzgitter

    • Vielen, vielen Dank für diese Ergänzungen und auch, für das Lob! Beides freut mich. Es ist schön, eine solche Perspektive zu lesen!

    • Liebe Frau Schällert,

      ich bin Referendarin am Studienseminar Salzgitter und befinde mich am Ende des zweiten Quartals, d.h. mein Jahrgang ist ganz besonders von Corona betroffen. Ich habe die meiste Zeit meiner Ausbildung fast nur theoretischen Unterricht geplant und besprochen. Meine Ausbilder haben mich vor der Klasse eventuell 4 mal gesehen. Aus meiner Perspektive kann ich daher nur eines sagen: Wir werden zwar in dieser Zeit unterstützt, aber überhaupt nicht auf die zweite Staatsprüfung vorbereitet. Mit großer Sorge sehe ich der Prüfung entgegen, es fehlt einfach die Erfahrung. Vor kurzem musste ich meinen zweiten GUB ablegen, der theoretisch abgelaufen ist. Bereits meinen ersten GUB musste ich auf diese Weise ablegen. Ich finde es daher sehr ungerecht, dass wir am Ende unseres Ausbildung dann eine Prüfung ablegen sollen, auf die ich zu keinem Zeitpunkt vorbereitet wurde. Ich finde es unfair und schlichtweg gemein, dass an Prüfungsformaten festgehalten wird, obwohl wir zu keinem Zeitpunkt eine normale Ausbildung erhalten haben.

  8. Hallo, liebe Referendarin,

    Sie können mir sehr gern eine Mail an meine Iservadresse schicken, dann können wir besser ins Gespräch kommen.
    Leider haben wir als Ausbilder keinen Einfluss auf die Prüfungsformate – das ist wie bei Kafka: Solche Vorgaben macht die Behörde. Aber Sie haben ja auch einen Personalrat und können auch über ihn Ihre Rechte markieren. Ich weiß, dass die Seminarleitung sich sehr aktiv bemüht, einigermaßen akzeptable Ausbildungsmodalitäten auszuhandeln. Aber das ist nicht einfach.
    Ich habe mit meinen Leuten im letzten Durchgang allerdings mündliche Prüfungen und auch die Kolloquiumssituation (in meiner Freizeit!) geübt. Dasselbe werde ich auch meinem neuen Prüflingen anbieten. Die Gesamtsituation können wir als Einzelpersonen nicht ändern, wir können nur versuchen, in den sich ergebenden Spielräumen sinnvoll und ausgleichend zu agieren.
    Wenn Sie Vorschläge haben, was wir da von Ausbilderseite noch machen könnten, dann schreiben Sie mich bitte an (meine ich ernst) oder bringen Sie Ihr Anliegen dem Personalrat vor.

    Liebe Grüße
    Dana Schällert

  9. Lieber Bob, vielen Dank für diesen Artikel. Ich bin zur Zeit Referendarin im 2. Semester und leide sehr stark unter diesen zusätzlichen Anforderungen durch die Pandemie. Das Referendariat ist auch ohne Corona eine Herausforderung. Ich habe mich ans Prüfungsamt gewendet und dieses darum gebeten, doch die ganzen Anforderungen an die Referendare an die Pandemiebedingungen anzupassen. Durch die ganze Mehrarbeit durch Wechsel- Hybrid, -Distanzunterricht und fast täglich neuen Bestimmungen (man verliert da so langsam echt einen Überblick) sollte man wenigstens die Pflichtstunden halbieren, weil man ja die dreifache Menge an Arbeit hat, wie vorrige Jahrgänge im Referendariat. Die Antwort vom Prüfungsamt: Sehen Sie es als Übung!!! Es wird da gar nichts berücksichtigt. Es denen egal, wie unser Befinden ist. Besser kann man wohl nicht aussortieren…

    Ich bin mittlerweile dazu übergegangen, das Referendariat dann doch abzubrechen. Müsste ja noch über 9 Monate unter diesen Stresspegel durchhalten, was einfach kaum machbar ist, wenn man auch noch ein kleines Kind zuhause hat.

    Corona verdirbt vielen Referendaren den Traumjob!

    Das ist einfach nicht fair, dass niemand die Anforderungen anpasst.

    LG,

    Mary

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