Sogenannte Rollenbiographien werden im Deutschunterricht oder beim Theater dafür genutzt, sich in eine Figur hineinzuversetzen. Die Leitfragen für solche Rollenbiografien sind wunderbare Prompt-Anleitungen für fiktive Interview mit der KI, z.B. im Geschichtsunterricht- oder Fremdsprachenunterricht. Aber auch für alle andere Fächer. Ein Impuls.
ChatGPT und Co. kann nicht nur für schnelle Antworten oder kurzes Nachfragen genutzt werden, sondern für einen motivierenden Unterricht (in der Deutschdidaktik würde man es handlungs- und produktionsorientiert nennen). Im Deutschunterricht kann man z.B. mit dem richtigen Prompt dafür sorgen, dass ChatGPT eine literarische Figur ist, die man interviewen kann. Im Geschichtsunterricht geht das mit historischen Figuren. Im Sprachunterricht mit Bewohnern von Städten. Im Interview mit der FAZ erklärte ich, warum ich dies interessant finde:
"Wir haben vor dem Hintergrund unseres historischen Wissens in der achten Klasse auf ChatGPT einen armen Industriearbeiter im geographischen Deutschland des 19. Jahrhunderts über seine Wohn- und Familienverhältnisse befragt und das Ergebnis dann abgeglichen mit unseren Kenntnissen. Diese kritische Beurteilung der jeweiligen Ergebnisse ist (...) wichtig."
Aus meiner Sicht bietet sich eine solche Befragung im Unterricht dann an, wenn schon inhaltlich gearbeitet worden ist. Denn zum einen ist schon die Erstellung eines Prompts, der auf einer Rollenbiografie beruht eine erste Vertiefung. Zum anderen halte ich die Reflexion der Ergebnisse für zentral. Sowohl, wenn diese gut ausfallen als auch, wenn Fehler enthalten sind. Das Ganze kann z.B. so aussehen:
In der letzten Zeit haben wir viel über die politischen und gesellschaftlichen Umstände der Zeit zwischen 1815 und 1871 erfahren. Dies stellen wir nun mithilfe von KI auf die Probe. Euer Ziel ist es, in drei Schritten zur Arbeit mit KI zu kommen:
1. Ihr bereitet auf der Grundlage einer Rollenbiografie einen Prompt (Befehl) für die KI vor.
2. Ihr überlegt euch Fragen, die ihr der KI, die als eure Person antwortet, fragen könnt.
3. Ihr beurteilt die Fragen nach historischer Plausibilität (also danach, inwiefern die Antworten im Hinblick auf Person und Zeit sinnvoll erscheinen).
Schreibt euch die interessantesten Antworten und eure Beurteilung heraus. Das kann Antworten betreffen, die besonders treffend sind oder solche, die besonders unsinnig sind.
Name, Geschlecht, Alter
Geburts- und Wohnort, Nationalität
Beruf
Moralische Werte, Bildungsniveau, Lebensansichten
Vorlieben, Abneigungen, Ängste
Besondere Fähigkeiten und Schwächen
Vergangenheit (Familie, Ausbildung, wichtige Ereignisse)
Gegenwart (Hobbys, Lebensumstände, Beziehungen)
Zukunft (Träume, Ziele)
Beziehungen in der Gemeinschaft, Beliebtheit
Mitgliedschaften in Vereinigungen
Wichtig bei all dem: Natürlich kann es zu Fehlern kommen. Aber gerade dann können die Schüler*innen ihre Kompetenzen zeigen oder über bestimmte Inhalte in den Austausch gehen.
Wenn ihr eigene Erfahrungen mit solchen Interviews habt, zögert nicht zu kommentieren und den Blogbeitrag damit zu ergänzen.