Generiert von Midjourney

Über viele Jahre haben Lehrkräfte, die sich im Netz austauschen und ein Netzwerk herstellen wollten, Twitter als das Netzwerk für diesen Austausch betrachtet. Seitdem Twitter, das mittlerweile X heißt, von Elon Musk zu einem Moloch aus rassistischen und diskriminierenden Inhalten geworden ist, sind die Nutzer*innen auf die Suche nach einer Alternative gegangen. Sowohl Mastodon als auch Bluesky haben sich nicht durchsetzen können, sowohl LinkedIn als auch Instagram werden genutzt, haben aber nicht dieselben Funktionen. Wird sich Threads als neues Vernetzungstool (auch und gerade für Lehrkräfte) durchsetzen? Ein paar Überlegungen. 

Was ist Threads?

Threads ist eine von Meta, dem Unternehmen hinter Facebook und Instagram, entwickelte Social-Media-Anwendung. Sie ist ähnlich wie Twitter ein textzentriertes soziales Netzwerk, das auf die Förderung von Dialogen und Interaktionen zwischen den Nutzern abzielt. In Threads ist es möglich, kurze Textnachrichten mit einer Länge von bis zu 500 Zeichen zu verfassen, die auch Audios, Bilder, kurze Videos und Hyperlinks beinhalten können. Die App kombiniert Elemente von Instagram und Twitter, wobei sie Funktionen beider Dienste integriert.

Threads bietet ähnliche Interaktionsmöglichkeiten wie Twitter, einschließlich der Optionen, auf Beiträge zu antworten, sie zu reposten und zu zitieren. Die App übernimmt das Design und das Navigationsschema von Instagram und erlaubt es Nutzern, Beiträge aus Threads direkt in ihre Instagram Stories zu integrieren.

Um Threads zu verwenden muss man sich mit dem eigenen Instagram-Konto einloggen, wobei Sie denselben Benutzernamen, dasselbe Passwort und denselben Kontonamen beibehalten. Die Biografie lässt sich individuell für Threads anpassen. Zudem können die  Accounts, denen man auf Instagram folgt, direkt in Threads importieren, was den Einstieg in die Nutzung der App erleichtert.

Warum Threads als Lehrkraft nutzen?

Im Grunde kann das übernommen werden, was ich damals im Artikel zu Twitter geschrieben habe: Hauptsächlich können Lehrkräfte Threads nutzen, um sich ein eigenes, professionelles Netzwerk aufzubauen (Dies wird oft PLE = Personal Learning Environment genannt). In einem öffentlichen Austausch mit Experten und Kollegen, kann man sich so weiterbilden und an Diskussionen teilnehmen, die das Thema Schule und Bildung betreffen. Vor allem kann man so also selbst neue Dinge lernen. Entscheidend ist auch, dass zu jedem Thema schnelle Hilfe da ist. Wenn man sich ein Netzwerk aufgebaut hat und Interesse an anderen zeigt, können auch schwierige Fragen schnell beantwortet werden. Nebenbei bekommt man auch vieles über neue Materialien mit, die man selbst im Unterricht ausprobieren kann.

Konkret heißt das, dass man bei problematischen Situationen, Fragen rund um Didaktik und Methodik, seinem eigenen Berufsbild und vielen anderen Themen neue Perspektiven erlangen kann.

Kann man dies alles nicht auch beispielsweise mit LinkedIn und Co. machen? Doch, das kann man. Aber die Frage ist immer, wie viele Menschen da sind und wie schnell ein Austausch funktioniert. Genau das hat Twitter damals unter anderem groß gemacht.

Die ersten Eindrücke

Netzwerke setzen sich dann durch, wenn genügend Menschen sie für relevant halten und nutzen. Das schnelle Wachstum von Threads deutet darauf hin, dass hier ein ernstzunehmender Twitter-Konkurrent heranwächst. Das entscheidet sich vor allem dadurch, ob große mediale Player den Dienst zukünftig nutzen werden.

Minimalistisches Accountbild mit Bio

Ganz subjektiv sind nach zwei Tagen Nutzung schon einige Dinge klar:

  • Die Oberfläche ist klar und funktional. Mit anderen Worten: Es sieht gut aus!
  • Die Einbindung verschiedener Medien funktioniert problemlos.
  • Die Möglichkeiten der plattformübergreifenden Postings sind funktional und sinnvoll.
  • Bisher fehlen Möglichkeiten Themen zu folgen oder Leuten direkt zu schreiben, wobei man das auch direkt über deren Instagram-Account machen kann. Auch das geht sehr leicht.
  • Die Nutzung macht einfach Spaß.

Weitere Funktionen von Threads

Gesperrte Nutzer

In der Threads-App, die in vielen Funktionen Instagram gleicht, gibt es die Möglichkeit, Nutzer zu sperren. Die Sperren, die ein Nutzer auf Instagram vorgenommen hat, bleiben auch in Threads bestehen. Um Änderungen an dieser Liste vorzunehmen, müssen Nutzer dies über die Instagram-App tun.

Auszeit nehmen

Threads bietet eine Funktion namens “Auszeit nehmen”, die Nutzern dabei hilft, ihre Bildschirmzeit zu kontrollieren. Diese Funktion ist identisch mit der auf Instagram und ermöglicht es Nutzern, ihre Nutzungsdauer zu begrenzen.

Überwachung

Die Überwachungsfunktion von Instagram wird auch in Threads angewendet. Wenn die Überwachung bereits über das Meta Family Center aktiviert worden ist, wird sie automatisch auf Threads angewendet.

Teilen von Inhalten

Threads ist eng mit Instagram verbunden. Nutzer können Inhalte aus Threads in ihrer Instagram-Story, ihrem Instagram-Feed, als Tweet oder als eigenständigen Link auf anderen Plattformen teilen.

In der Instagram-Story geteilter Thread

Threads-Beiträge können auch im eigenen Feed erneut gepostet werden, allerdings nur, wenn das Profil öffentlich ist.

Wird sich Threads durchsetzen?

Natürlich ist es schwierig, eine Prognose darüber zu geben, ob Threads sich als Netzwerk – auch und gerade für Lehrkräfte – durchsetzen wird. Allerdings ist mein momentaner Eindruck, dass die Hoffnungen bei vielen, die es jetzt schon nutzen, hoch sind. Das äußert sich eben auch an den Zahlen. Es ist sehr klar, dass Twitter bzw. X für die meisten Nutzer*innen gestorben ist. Natürlich handelt es sich bei Threads auch um eine Plattform, hinter der ein riesiger Konzern steht und inwiefern dort beleidigende, rassistische, sexistische oder antisemitische Aussagen moderiert oder Nutzer*innen gesperrt werden, muss abgewartet werden.

Wer aber Lust auf direkten Austausch hat, nah an den Entwicklungen und Diskussionen von Politik, Wissenschaft und Gesellschaft sein will und grundsätzlich Lust am Neuen hat, für den erscheint das neue Netzwerk als Chance. Ich habe jedenfalls weiterhin Lust darauf, neue Dinge auszuprobieren.

10 Kommentare

  1. Da Bob mir gleichsam einen Auftrag gegeben hat: Ein hochgeschätzter Bekannter von mir verwendet für seine Zwecke Facebook. Da er damit viele Kooperationen in Gang setzt, gebe ich ihm recht.
    Meine grundsätzliche Kritik, die ich 2011 und 2017 formuliert habe (https://fontanefansschnipsel.blogspot.com/2017/10/john-lancaster-uber-facebook.html) halte ich leider immer noch für begründet. Wenn das Twitter-Lehrerzimmer nach Threads umziehen und auf eine parallele Kommunikation auf mastodon (z.B. https://rheinneckar.social/home) verzichten sollte, wäre das meiner Meinung nach sehr bedauerlich, denn es würde viele Lehrer (wie meinen Bekannten) praktisch dazu zwingen, auf meta platforms (https://de.wikipedia.org/wiki/Meta_Platforms) zu gehen. Das wäre keine demokratische Abstimmung, sondern eine “mit den Füßen”. Da ich mich zwar als Wikipedianer verstehe, aber dem Monopol der Wikipedia (wie viele Wikipedianer) kritisch gegenüber stehe, fände ich diesen Zwang – gelinde gesagt – problematisch. Bei der Wikipedia habe ich wenigstens die Wahl zwischen den verschiedenen Sprachsektionen, die ich so weit verstehe, dass ich mit Hilfe von Maschinenübersetzung einem allzu starken Bias ausweichen kann. Und bei aller Kritik an der Wikipedia Foundation, sie verfolgt andere Ziele als Zuckerberg.
    Also meine Bitte ans Twitterlehrerzimmer: Zieht nicht nach Theads um, ehe ihr nicht einen einfachen (!) Weg gefunden habe, wie man auf mastodon und Threads gleichzeitig kommunizieren kann.

    • Zu dem letzten Punkt: Anscheinend wird es zwischen Threads und Mastodon Möglichkeiten der Kommunikation geben, zumindest hieß es das. Und dann: Es gibt kein Twitterlehrerzimmer mehr. Jetzt schon nicht. Die einen sind da, die zweiten sind da, die dritten da. Der Zerfall ist passiert. Das ist ja einer der Gründe, warum ich ein wenig Hoffnung in Threads setze.

  2. Keine grundsätzliche Kritik, nur: Mir reicht’s mit dem Umziehen und Account-Eröffnen. Nach der Tw-X-Mutation bin ich bei Mastodon eingezogen; als im TwLz die Umzugswelle zu BlueSky durchschwappte, habe ich mich dort angemeldet. Es kostet mich genug Zeit, auf BlueSky und Mastodon (und, sehr selektiv noch, auf X) mitzulesen, da brauche ich nicht eine weitere Plattform, auch wenn sie “gut aussieht”.
    Was ich nicht verstehe in Bobs Artikel: Da heißt es, Mastodon und Bluesky hätten sich “nicht durchsetzen können” – wieso? Bei Mastodon habe ich jammern gehört, es sei zu kompliziert, sich eine Instanz auszusuchen. BlueSky ist dagegen von der Bedienung her sehr Tw-ähnlich. Was dafür spricht, schon wieder auf ein neues Karussell aufzuspringen, erschließt sich mir nicht.

    • Ich verstehe dich, Peter. Und ehrlich gesagt: Wenn man seine Plattform gefunden hat, dann ist das gut. Für meine Vorstellung ist das so: Ich wohne physisch in der Provinz. Das ist völlig ok, weil es das Internet gibt. Ich brauche nicht in der Großstadt zu leben. Aber wenn es um Netzwerke geht, dann schon. Weil ich dort alles von allem haben möchte. Ich sehe auch nicht, dass das dann Zeit “kostet”, sonst würde ich es lassen. Mit anderen Worten: Für mich hat ein Netzwerk eine Vielzahl von Funktionen. Eine davon ist die Community, die leider sowieso versprengt ist. Eine andere ist, wer dort ist und eine dritte, inwiefern man relevante Informationen mitbekommt. All das lässt sich schwer über alle möglichen Plattformen verteilen. Bisher zumindest. Für mich sprechen momentan einige Dinge für das neue Karussell: Ich habe eine Community auf Instagram, die ich direkt mitgenommen habe, das ist gut. Es gibt diese Möglichkeiten, zwischen den Plattformen. Und es kommen Leute aus unterschiedlichen “Gegenden”. Also: Alles, was Twitter damals so toll gemacht hat. Ob sich das lohnt? Kann ich nicht sagen, aber gerade fühlt es sich gut an.

  3. Ich hatte Threads damals lange vor Bluesky ausprobiert, da man schon im Sommer über Android die App installieren und loslegen konnte. Dass die App erst jetzt alle Probleme aus dem Weg geräumt hat und in Europa erst ein halbes Jahr später erhältlich ist, spricht Bände. Die Zeit hat Bluesky genutzt, um in der Hinsicht Boden gut zu machen. Und ob da jetzt so viele rüberwechseln, nachdem sich manche im letzten Jahr schlimmstenfalls schon zweimal neu orientiert haben… Mit der zeitlichen Latenz hat Meta leider etwas verspielt. Das werden sie vermutlich auch zu spüren bekommen. Ich persönlich kann mir nicht noch ein social media Gedöns aufladen. Allein schon aus Gründen der Psychohygiene

  4. @Bob. Besten Dank für die Info. Da ich mich in letzter Zeit weder auf Mastodon noch auf Twitter zu Hause fühle (ich bin weder “umgezogen” noch auf “gepackten Koffern”, sondern eher “auf Reise”, bis jemand für mich die Wohnungssuche erledigt hat) habe ich die Auflösung des Twitterlehrerzimmers nicht mitbekommen.
    Ich hatte da gerne Mäuschen gespielt. Deshalb verstehe ich Peter sehr gut, der das Umziehen satt, hat, und Bob, der das tlz ins t(thread)lz umziehen will, das ist für mich natürlich schon wegen der Hashtag-Gleichheit attraktiv [ich bin hoffnungslos konservativ].
    Ich schau halt eben alle paar Wochen in meinen “Postfächern” nach, bis ich über Blogger erfahre, wo die neue Adresse ist, hoffentlich gibt es bald wieder eine.

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