Also meine Gedanken sind eingereicht:
Revolution von unten
Erinnerst Du Dich noch? Damals warst Du voller Vorfreude und Begeisterung. Es war der Tag vor Deiner Einschulung. Die Schultüte lag bereit neben dem Schulranzen. Es war spannend, Du hattest Lust zu lernen und wolltest wissen, was da auf Dich wartet.
Wäre es nicht schön, mit dieser Einstellung den Großteil Deiner Schulzeit verbringen zu können? Weil es ein Ort ist, an dem Du als Mensch gesehen werden kannst? Wie würde es sich anfühlen, wenn Deine Stärken und Interessen gesehen und gefördert werden? Ein Platz an dem verschiedene Persönlichkeiten reifen und gerade wegen der Unterschiede wachsen?
Doch hier nun eine Wahrheit: Wenige haben die Schule durchwegs so erleben können. Es kam dieser Tag, an dem zu viele Prüfungen anstanden, der Übertritt damoklesierte, die Versetzung gefährdet war oder man in der Menge der Klasse verloren war. Eine Ernüchterung, dass es am Ende nur um Stoff und Leistung ging und eben nicht mehr um das Kind in uns, das gerne lernen möchte.
Was also ist es, was sich ändern muss, damit die Schule dauerhaft ein sicherer Rückzugsort für Menschlichkeit und Entwicklung sein kann?
Aus meiner Sicht ist genau in dieser Frage die erste Antwort enthalten. Anstatt aus einem Ministerium heraus vom Föderalismuswettkampf getriebene Lehrpläne zu diktieren, sollte tatsächlich der junge Mensch die Ausgangsbasis sein.
Welche entwickelten Eigenschaften brauchen wir tatsächlich für eine funktionierende und vielseitige Gesellschaft?
Auch die zweite Antwort lässt sich hier finden: Es braucht Vielfalt, die Fähigkeiten, Interessen und Talente von jedem Menschen in unserem schönen Land. Keine uniform denkenden Wachstums-Lemminge, die durch größtenteils Auswendiglernen hinter der Ziellinie ihr Wissen erbrechen.
Vielleicht hast Du beim Lesen jetzt häufig genickt oder auch heftig den Kopf geschüttelt. Denn wie soll Schule denn anders funktionieren?
Wie wäre es, wenn sich engagierte Lehrkräfte mit Ideen und Jugendliche mit Vorstellungskraft zusammen setzen und darüber sprechen, wie eine Schule sein sollte. Wenn die Entscheider des Ministeriums als Beobachtende fleißig mitschreiben.
Wenn die Entscheider des Ministeriums als Beobachtende fleißig mitschreiben und zuhören. Vielleicht käme es zu einer Dynamik wie bei dem Improvisationstheaterspiel „Ja genau“:
Lasst uns doch einfach weniger Noten machen.
Ja genau und die Kinder entscheiden mit den Lehrkräften, wann sie ein Thema ausreichend besprochen haben und schätzen ihre Leistung selbst ein.
Ja genau, das Ministerium gibt Ideen vor, was Inhalt sein kann und die Schulgemeinschaft entscheidet selbst über den Umfang, die Tiefe und ergänzt sinnvoll.
Ja genau, dabei werden auch Firmen, Arbeitende und soziale, kulturelle und musikalische Einrichtungen im Schulleben einbezogen.
Ja genau und weil der Kontakt besteht, hilft man sich gegenseitig, wird vernetzt und verzahnt und das Inselleben der Schulen endet.
Ja genau, denn stattdessen hat man die Chance lebendigen Unterricht zu machen, in dem Inhalte einen Praxisbezug haben. In dem Jugendliche zu empathischen vollwertigen Persönlichkeiten reifen können.
Ja genau und diese zufriedenen Staatsbürger bringen sich dann gerne ein, wählen einen passenden Beruf, da sie ihre Stärken kennen und achtsam für sich und andere sind.
An dieser Stelle springt eine Person des Ministeriums begeistert und mitgerissen auf und wirft ein, dass es dafür natürlich freundliche, zweckmäßige Unterrichtsräume geben sollte. Dass man die Lehrendenbildung revolutionieren sollte. Mit deutlich mehr Möglichkeiten für den Quereinstieg und besserer, wertschätzender Pädagogik, Psychologie und Sozialpädagogik. Ein Ende des staatstragenden Referendariats, stattdessen eine Mentorenmentalität. Kleinere Klassen, damit jeder Mensch auch gesehen werden kann. Und dann kann man auch weg von textgebundenen Abschlussprüfungen hin zu eigener Textproduktion, die zeigt, dass ein mündiger Mensch gereift ist.
Aus dieser Diskussion, die endlos scheint, entsteht der große Wunsch, all das lieber heute als morgen ausprobieren, zu entwickeln und dann auf möglichst viele Schulen auszuweiten. Packen wir es an. Ich bin bereit. Und Du?