Das neue Jahr ist alljährlich die Zeit, in der die guten Vorsätze gefasst werden. Anstelle von Dingen, die man sich wünscht, hier eine Liste der 7 Todsünden, die man besser unterlassen sollte, wenn man im Referendariat ist oder kurz davor ist, es zu beginnen.
Schneller als man es für möglich hält, fühlt man sich als Referendarin oder Referendar klein, kleiner, winzig. Man wird mit all dem konfrontiert, was man nicht kann, was man nicht können kann, weil man es noch nie gemacht hat. Schnell sieht man alles negativ und weil das Referendariat so viel von einem selbst ausmacht, sieht man sich selbst schnell als null und nichtig. Das ist eine Todsünde. Du hast es bis dahin geschafft, hast Examen, bist Experte in deinem Fach. Daran solltest du denken. Sich kleiner machen, als man ist, führt in die falsche Richtung.
Vielleicht hat man Talent. Vielleicht hat man Erfahrungen mit Kindern. Vielleicht hat man eine besonders gute Klasse. Aber selbst in diesen Fällen ist Hochmut, genau wie bei den originalen Todsünden, fehl am Platze. Auch in Bezug auf die Kolleginnen und Kollegen, deren Unterricht man besucht und die vielleicht so gar nicht das machen, was im Seminar als guter Unterricht gesehen wird. Denk dran, dass du nicht weiß, was die Umstände sind. Richtig guten Unterricht zu machen, der in einer Lehrprobe sehr gute Noten erhalten würde, kann man nicht, wenn man ein volles Deputat hat. Und eine Familie. Und andere Verpflichtungen in der Schule. Selbstvertrauen ist gut, Hochmut eine Todsünde des Referendariat.
Mit dem Neid haben wir wieder eine Sünde, die ein Original ist. Neid im Referendariat (und auch später als Lehrer) ist aber insbesondere kontraproduktiv. Er ist natürlich verständlich. Jemand bekommt eine gute Note, weil der Fachleiter (vermeintlich) lockerer ist oder weil die Klasse netter ist als die eigene. Oder ein weiterer von hundert Gründen, die man mit Sicherheit findet, warum man selbst benachteiligt ist. Jedoch: Selbst wenn tatsächlich eine Benachteiligung vorliegt, wird man mit Neid nie etwas erreichen. Im Gegenteil: Neid kostet Kraft. Und die braucht man im Referendariat garantiert für bessere Dinge.
Übermotivation und Überkompensation sind natürliche Todsünden im Referendariat (die wahrscheinlich jeder einmal begeht). Man bastelt sich einen Wolf. Oder man bastelt tatsächlich einen Wolf. Es herrscht immer noch das Vorurteil, man müsse vor allem vor Besuchsstunden oder Lehrprobenstunden möglichst unrealistische Basteileinheiten gestalten, das Rad möglichst neu erfinden. Den meisten Fachleitern geht es aber mittlerweile auch darum, dass die Stunde in ihrer Umsetzbarkeit realistisch ist. Motiviert zu sein und Lust zu haben ist klasse. Wenn das aber bedeutet, dass man seine Energie auf die falschen Dinge legt, ist es eine Todsünde.
Wer gibt, bekommt zurück. Man muss schon sehr Pech haben, wenn man in seinem Referendariat nur mit Menschen zu tun hat, die sich den anderen verschließen. Ich will ehrlich sein: Geiz ist vor allem in der Liste der Todsünden, weil man so früh es geht üben sollte, mit anderen zu teilen. Wenn jemand von der eigenen Arbeit profitiert, ist das doch großartig. Und wenn mehr Lehrer das tun würden, dann würde die Arbeit für alle auch weniger. Und selbst wenn man nichts zurückbekommt: Anderen zu helfen ist zumindest das pädagogisch Sinnvollste, was man tun kann. Und das ist in einem Beruf, in dem es um pädagogisch Sinnvolles geht, ja nicht gerade das Schlechteste.
Man kreist im Referendariat zwangsläufig um sich selbst. Das ist zu gewissen Teilen auch in Ordnung. Wenn die anderen Menschen um einen herum anfangen zu leiden, ist dies jedoch ein Alarmsignal. Denn meistens bedeutet das, was man den Fokus zu sehr auf die Arbeit richtet. Um aber gut zu sein, braucht man auch Ablenkung, braucht man Freunde oder den Partner. Und auch in der Schule führt Egozentrik nicht zu den gewünschten Ergebnissen. Denn die wichtigsten Menschen sind die Schüler. Wenn man die gut behandelt, wenn diese einen interessieren, wenn man für sie arbeitet - dann folgt der Rest.
Gute Noten sind nicht nur wichtig, sondern auch notwendig, um später einen Job zu bekommen. Aber nur auf Noten fixiert zu sein, ist eine echte Todsünde. Es bringt schlicht nichts. Wenn man eine gute Note will, sollte man sich vor allem auf die Schüler konzentrieren, darauf, seine Sache inhaltlich und persönlich gut zu machen. Die Note folgt dann von alleine. Und selbst wenn nicht: Manchmal tun sich auch da Wege auf, wo man es nicht für möglich gehalten hätte.
Die Todsünden sind natürlich alle todernst gemeint, der Artikel hat keinen unterhaltenden Wert und böse Kommentare sollten sofort hier oder auf Facebook geäußert werden.
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Der Lehrer und Schulleiter Jan-Martin Klinge urteilt über das Buch: „Es ist ganz einfach: Wenn Sie dieses Buch lesen, werden Sie ein besserer Lehrer“.