Die Sendung „Versager im Staatsdienst“ auf ZDFlogin unterfüttert pauschale Klischeegerüste
Egal, wie fest ich mir vornehme, sich nicht über pauschale, vereinfachende oder reduzierte Urteile über den Lehrerberuf aufzuregen: Ich scheitere jedes Mal. Dabei geht es nicht darum, dass nicht dieses oder jenes, das über diesen oder jenen Kollegen gesagt wird, auch seine Berechtigung hat. Eine Sendung, die mit selektierten Beiträgen zu suggestiven Fragen eine demokratische Diskussion vorgaukelt und sich an reißerischen Thesen entlang hangelt, ist wohl das Werk eines „Versagers im öffentlich-rechtlichen Dienst.“ Aber bleiben wir objektiv. Die Argumentationsstränge zu analysieren, ist auch aufgrund der Schlichtheit nicht zielführend. Schauen wir uns nur einmal ein paar Thesen an und prüfen deren Wahrheitsgehalt.
- Jeder kann Lehrer werden
Dafür muss man „können“ definieren. Mit drei Fächern samt Auslandssemester und ggf. Erweiterungskursen (z.B. Latein) dauert ein Studium etwa 8 Jahre. Dann noch Referendariat, das eineinhalb Jahre dauert, falls man einen Platz kriegt. Wenn man es dann auf eine Note „mit Auszeichnung“ schafft (also besser als 1,4 in erstem und zweiten Staatsexamen), dann kann man schon Lehrer werden, ja. Auf geht’s.
- Die Lehre bereitet nicht auf den Beruf vor
Das immer genannte Totschlagargument. Richtig ist: Der Schwerpunkt ist auf der Theorie, aber: Theorie bedeutet: Quantitative Fülle reduzieren, systematisieren, abstrahieren. Genau das, was man in jedem Schulfach braucht, denn man muss sich sehr schnell in neue Bereiche einarbeiten können. Fehlt ein Kollege, muss man andere Fächer übernehmen. Ohne ein Studium, dass diese Dinge schult, könnte man dann nette pädagogische Kniffe von Dingen bringen – über die man nichts weiß. Wer wirklich meint, sein Studium hätte ihm für die Schule gar nichts gebracht, sollte einmal überdenken, wie er studiert hat.
- Man muss auch schlechte Lehrer einstellen
Wie oben schon angedeutet: „Schlechte“ Lehrer (die Sendung konnte nicht ganz sagen, was das ist und auch nicht wirklich erklären, was denn nun ein guter Lehrer ist) werden gar nicht erst eingestellt. Und auch nicht verbeamtet, da man bei einem Zeugnis jenseits der drei nach drei Jahren nochmals Prüfungen ablegt, die nicht bestanden werden müssen. Hat man momentan die „falschen“ Fächer studiert, dann bekommt man gar keine Stelle, egal ob man vermeintlich gut ist oder nicht.
- Der Beamtenstatus gehört abgeschafft
Ich möchte selber nicht bestreiten, dass es Anreize geben sollte, damit Lehrer für besonderes Engagement auch anders entlohnt werden oder eben nicht, wenn es um strikten „Dienst nach Vorschrift“ geht (was auch immer das Spezifische daran sein soll, denn andere Berufsgruppen haben mit Sicherheit auch nicht nur die Superfachkräfte, die jeden Tag ihr Leben für ihren Beruf opfern). Auf der anderen Seite ist die Lehrkraft dem Staate und seinem demokratischen Gedanken in besonderer Weise verpflichtet. Um Beamter zu werden, muss man über persönliche und fachliche Qualifikationen verfügen, die nicht im Vorbeigehen zu erlangen sind. Natürlich gibt es Unterschiede. Aber diejenigen, die sich die Pauschalkritik leisten, sollten sich auch hier vor Augen führen, was Beamte (der Begriff selbst umfasst ja eine große Berufsgruppe) zu leisten haben.
Es könnte gerade so weiter gehen. Mitunter sei auch die Frage erlaubt, wo die Sendungen sind, in denen die anderen Berufsgruppen an den Pranger gestellt werden. Dafür, Beamte sein zu können, sind Lehrer zu unwichtig, aber dann wieder zu wichtig, als dass man sie nicht in einer Sendung verurteilt.
Außer natürlich, die Klischees stimmen alle. Dann habe ich nichts gesagt.