ANALYSE: Ina Müller – Poetin einer Generation

Bob Blume
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7. August 2013
2 Kommentare
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Jede Zeit hat ihre herausstechenden Künstler, und viele, die den Namen Ina Müller hören, würden sie mit Sicherheit nicht auf Anhieb in diese Kategorie einordnen. Zu Unrecht. In ihrer Bühnenshow vereint sie treffende, pointierte und humorvolle Anekdoten aus ihrem eigenen Leben mit einem von genialen Musikern begleiteten Liedrepertoire, deren Stücke jedes vor genau beobachteten gesellschaftlichen Situationen nur so strotzen.

Nun gibt es natürlich einige Künstler, die dies auf ihre Weise tun. In der Kunst wäre dies zum Beispiel die abstrakte malende Künstlerin Milica Reinhardt, die abstrakte Darstellungsweisen mit menschlichen Emotionen verknüpft.

Ina Müllers Stärke besteht jedoch auch – und das ist es auch, was bei ihrem Repertoire so heraussticht – in einem wunderbar pointierten Sprachwitz und einen ausgeprägten Sinn für Dramaturgie. Dies an allen Liedern zu zeigen, würde den Rahmen sprengen.

Es sei nur auf das Lied „3 Männer her“ hingewiesen, in dem sie als eine der wenigen Künstler den bei Dylan Thomas geläufigen Kniff der adverbialen Umkehrung die Zeit als Personen beschreibt. Das Lied selbst beschreibt das lyrische Ich, wie es sich an die geliebte Person erinnert, die eben in zwischen „drei Männer her“ ist. Ina Müller bedient sich ihrer ganz eigenen Sprache, die aber niemals aufgesetzt wirkt.

Ganz im Gegenteil. Die Banalität der Beobachtung, zum Beispiel, wenn sie es „schön“ findet, wenn Männer mit Mitte 20 noch oft und lange duschen (Müller selbst ist inzwischen Mitte 40), oder das Gefühl des Dazwischen-Seins, in eben jenem Alter.

Sie spricht eigentlich in jedem ihrer Lieder über die Veränderungen und auch die Kontinuitäten, die sich in einem Leben in ihrem Alter ereignen. Das starke daran ist jedoch, dass das, was sie beschreibt zugleich überzeitliche Motive hat. So hat jede Lebensphase Punkte des „Dazwischen Seins“.

Aber auch Neuerungen bleiben nicht unberührt. In einem niemals überheblichen, sondern nur ironisch pointierenden Lied beschreibt sie die Veränderungen, die eine Freundschaft durch die neuen Medien durchleben kann. Die Oberflächlichkeit erhält Einzug in vormals intime Bindungen. Facebook killed the Real Friendship. Wie immer leitet Müller das Lied mit einer Beobachtung ein – einem früheren Freund, dessen Stupsen sie seine Veränderungen anhand von Bildern nachvollziehen lässt, was sie sofortig bereut.

Obwohl Müller mit ihrer kongenialen Band (Ich fasse es nicht, endlich wird den Solis mal wieder Platz eingeräumt) so viele Themen berührt, sind die Texte, ihre Ansagen, ihre Show niemals mit dem gehobenen Zeigefingen ausgesprochen. Diese Frau hat einfach was zu sagen, und es macht Spaß ihr zuzuhören.

Insgesamt ist sind ihre poetischen Lieder über Freundschaft, das Alter und das Altern, die neue Zeit, das Moderne, Die Frau  und den Mann – so treffend, dass ich freilich mit einer subjektiven Empathie für eine Frau, die mich überzeugt hat, Ina Müller für die Poetin einer Generation halte.

Man mag anderer Meinung sein – und sie albern oder schlicht zu finden ist ja, verfolgt man den Boulevard oder Feuilleton eher „in“; aber man sollte sie vorher hören.

2 comments on “ANALYSE: Ina Müller – Poetin einer Generation”

  1. Danke, danke, danke für Deinen Text, gerade auch die Bemerkung übers Feuilleton. Ina ist eine so wunderbare, umwerfend charismatische Frau und einzigartige Künstlerin und es ist einfach schön, das auch mal so zu lesen! Wie sie selbst sagen würde: Tolltolltoll 😉

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