Kürzlich erschien die sogenannte “Weiterentwicklung der Prüfungsformate für die schriftlichen Abiturprüfungen”, sie sich unter anderem auf das Fach Deutsch in den allgemein bildenden Schulen beziehen. Aus meiner Sicht ergeben sich aus den Änderungen  sehr unterschiedliche Ansprüche. Ein Kommentar. 

Eine Anmerkung

Auch wenn ich schon der letzten Änderung des Deutschabiturs, bei der die freie, essayistische Form dem “materialgestützten Schreiben” weichen musste, sehr kritisch gegenüber stand, betone ich feierlich, dass ich neue Richtlinien des Kultusministeriums feiern und loben werde, sobald eine Änderung mir sinnvoll erscheint. Mir geht es nicht um grundsätzliche Kritik, egal welche Änderung geschieht. Als Lehrer, der jedes Jahr eine Oberstufe hat, verstehe ich nur bestimmte Änderungen nicht. Mehr noch: Ich habe das Gefühl, dass diese als Entwicklung verlauteten Änderungen nicht mit der schulischen Realität in Einklang gebracht werden. Und dies gilt für mich für Niveau, Vergleichbarkeit und Angemessenheit der Prüfungen.

Die Frage danach, ob das Abitur als solches oder das Deutschabitur im Speziellen überhaupt zeitgemäß ist, wird an dieser Stelle nicht besprochen.

Das bisherige Deutschabitur im Leistungskurs

Um die Änderungen verstehen zu können, braucht es zunächst einen Blick auf die Aufgabenarten im Fach Deutsch. Ich fokussiere mich hier auf den Leistungskurs. Nach einer kurzen Erklärung zeige ich, worin hier schon eine Ungleichheit liegt. Die Angaben stammen vom Fachportal des Landesbildungsservers Baden-Württemberg.

Aufgabe I Erörterung literarischer Texte

  1. Erörterung eines literarischen Textes
    ab 2021: entweder zu Goethes “Faust I” oder zu Treichels “Der Verlorene”
    oder
  2. Erörterung zweier literarischer Texte
    ab 2021: Vergleich von Hoffmanns “Der goldene Topf” und Hesses “Steppenwolf

Aufgabe II Interpretation literarischer Texte

  1. Interpretation eines Kurzprosatextes
    (Kurzprosa – Kurzprosa Interpretationsaufsatz  – Parabel)
    oder
  2. Interpretation eines Gedichts bzw. vergleichende Interpretation zweier Gedichte (Gedichtvergleich)
    Leitthema Lyrik: Reisen – deutschsprachige Lyrik vom Sturm und Drang bis zur Gegenwart

Aufgabe III Analyse und Erörterung pragmatischer Texte bzw. materialgestütztes Schreiben

  1. Materialgestütztes Verfassen eines argumentierenden Textes (der Kommentar)
    oder
  2. Analyse und Erörterung eines pragmatischen Textes (Schwerpunkt Analyse oder Schwerpunkt Erörterung) – Texterörterung

Im diesjährigen Abitur war die Änderung, dass die Schüler*innen des Leistungskurses nicht wussten, welche Aufgabe in dem jeweiligen Bereich drankommen würde. Mit anderen Worten: “Man muss breiter aufgestellt sein.” Aus meiner Sicht ist das nicht schlecht, denn es bedeutet, dass man theoretisch nicht einfach nur bei einem Thema engagiert sein kann. Man muss schon partizipieren. Aus meiner Sicht ergibt sich schon aus der Unterschiedlichkeit der Aufgabenarten ein gewisses Gefälle. Schauen wir uns die Aufgabentypen dazu in einem Blickwinkel der Machbarkeit, der intellektuellen Schwierigkeit und der unterschiedlichen Niveaustufen an.

Der Lektürevergleich ist zwar anspruchsvoll, aber mit Ehrgeiz machbar. Es gibt zwar ein Zitat, das als Außentext eine Perspektive auf den Vergleich lenkt, die berücksichtigt werden muss, aber bei dieser Aufgabenstellung ist es klar, dass Lernen “belohnt” wird. Die literarische Erörterung zum Einzelwerk kann da deutlich schwieriger werden, weil der Außentext ein literarischer Sekundärtext sein kann, der zunächst bearbeitet und analysiert werden muss, bevor man dann auf die herausgearbeiteten Thesen eingeht. Man kann also sagen, dass es hier eine weitere Schwierigkeit gibt. Eine rein intellektuelle, die zwar mittels Übung von methodischer Zugangsweise erlernt werden kann, sich aber natürlich je nach Texten anders äußert, und eine, die auf konstantes Lernen angelegt ist.

Sowohl Gedichtvergleich als auch Kurzprosainterpretation ist nach meiner Erfahrung sehr abhängig vom Talent der Interpreten. Das bedeutet nicht, dass man sich nicht bessern könnte; aber auch Totalabstürze sind theoretisch möglich, weshalb ich jenen Schüler*innen, die keine natürliche Affinität zum Fach Deutsch haben (trotz Leistungskurs, aber das ist eine andere Geschichte) eher von diesem Format abrate. Die Kürze korreliert mit Dichte und es ist nicht damit getan, am Ende des Jahres ein paar rhetorische Mittel auswendig zu lernen.

Das materialgestützte Schreiben eines argumentierenden Textes und die Analyse und Erörterung eines pragmatischen Textes sind per se ein ungleiches Paar. Das liegt daran, dass es zu sehr unterschiedlichen Aufgabenformen kommen kann (bzw. konnte, denn auch hier ändert sich einiges). Liegt bei der Analyse und Erörterung der Schwerpunkt beispielsweise auf der Analyse, fordert dies ein hohes Maß an analytischer Fähigkeit. Man muss die Machart eines Textes und die Argumentationsstruktur verstehen. Liegt der Schwerpunkt auf der Erörterung, kann können Schüler*innen auf ihr Weltwissen zurückgreifen (oder eben nicht, weshalb im Endeffekt immer schon eingeplant werden muss, inwiefern inhaltliche Substanz von Haus aus mitgebracht wird, weil ansonsten eine Erörterung sehr oberflächlich ausfallen kann). Der argumentierende Text, der Kommentar also, verlangt, dass man mittels vorgegebener Materialien, die eingesetzt werden müssen, einen klaren Standpunkt vertritt und diesen rhetorisch brillant angemessen vortragen kann. Ein Lehrerkollege von mir meint, dass man bei einem Kommentar gar nichts falsch machen kann. Das sehe ich nicht so. Für einen sehr guten Kommentar braucht man ein enormes sprachliches Geschick.

Insgesamt sieht es also so aus, dass im ersten Aufgabenbereich ein Gefälle zwischen den Aufgaben zu beobachten ist (Literarische Erörterung plus langer Sekundärtext ist schwieriger als Vergleich). Die zweite Aufgabenstellung hat ein etwa gleich hohes Anspruchsniveau (wobei natürlich immer ein Gedicht oder ein Kurzprosatext kommen kann, mit dem man nichts anfangen kann; aber das ist kein Grund für Kritik). Und in dem dritten Bereich gibt es ein Gefälle, je nachdem, welcher Schwerpunkt (Analyse meist schwerer als literarische Erörterung, Kommentar zwar leichter als Analyse, aber schwerer, wenn es um hohe Punktzahlen geht).

Insgesamt würde ich sagen, dass – wenn wir so tun, dass eine Prüfung die Hochschulreife in Teilen bestätigen soll – dies mit allen Formen machbar ist. Dass aber die Schwierigkeitsgrade unterschiedlich sind (um sich das zu vergegenwärtigen, kann man sich vorstellen, wie man einen Kommentar, der sich auf fünf Materialien bezieht, die ja schon da sind und zu dem man sich nicht vorbereiten muss, vergleichen will mit einem Lektürevergleich, der extreme inhaltliche Kenntnis verlangt und zudem strukturell anspruchsvoll ist).

Aber wir halten fest: Wenn man davon ausgeht, dass ein Leistungskurs einen Schwerpunkt für jene bildet, die interessiert, talentiert oder ehrgeizig (oder im besten Fall alles zusammen) sind, dann ist das weitestgehend nachvollziehbar.

Das kommende Deutschabitur im Leistungskurs

Im kommenden Abitur werden für das Leistungsfach, wie es heißt, “Anpassungen” vorgenommen. Einige davon stoßen mir sauer auf. Aber zunächst zu den Veränderungen. Bei der Aufgabenart I verändert sich nichts. Dass andere Werke kommen werden, ist klar. Und das sorgt ja auch für Abwechslung. (Das Dramenfragment “Woyzeck” von Büchner, Corpus Delicti von Juli Zeh, die “Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull” von Thomas Mann und “Der Verschollene” von Franz Kafka, wobei die beiden letztgenannten verglichen werden). Ich würde mir zwar Transparenz bei der Auswahl wünschen, aber die ist wohl nicht zu erwarten.

Die erste Veränderung betrifft den Gedichtvergleich. Dort heißt es, dass bei einem solchen Vergleich das zweite Gedicht nur noch aspektorientiert interpretiert werden muss (man nimmt also ein Gedicht nur als Bezugspunkt). Schon diese Veränderung verstehe ich nicht. Soll sie den Schülern helfen? Denn letztlich bedeutet das für die Schüler und die ausführenden Lehrer*innen nur, dass das Schreibkorsett enger gezogen wird. Aber nun gut, damit könnte man leben. Der Vergleichsaspekt wird nun vorgegeben, heißt es weiter. Auch diese Änderung verstehe ich nicht. Nicht dass es nett wäre, den Vergleichsaspekt zu wissen, aber genau diesen oder diese Aspekte überhaupt herauszuarbeiten, ist das, was eine sehr gute von einer weniger guten Interpretation unterscheidet. Auch hier aber ein weiterer (womöglich gutgemeinter) weiterer Punkt, der nicht mehr selbst erledigt, sondern abgearbeitet werden muss.

Bei der kommenden Aufgabe III wird es nun entweder die Analyse oder die Erörterung geben (also nicht mehr beides zusammen mit Schwerpunkt, sondern nur eines von beiden). Das ist – wie soll man es formulieren – nett. In der Tat. Das bisherige Format bestand ja darin, dass man sich auf die analysierten Thesen beziehen musste (mal mehr oder mal weniger, je nach Schwerpunkt). Das ist nun nicht mehr nötig. Das Gefälle bleibt indes bestehen. Und es bleibt wohl auch dabei, dass man keinem Schüler das Format empfehlen kann, wenn dieser oder diese in seiner Freizeit nicht die aktuellen politischen Entwicklungen verfolgt.

Nun kommt aber, was aus meiner Sicht den Vogel abschießt (Ich sage gleich voraus, dass ich mich eines Besseren belehren lassen werde. Sowohl dann, wenn ich andere Erfahrungen mache als auch wenn jemand, der dies liest, schon andere Erfahrungen gemacht hat). Neben dem materialgestützten Schreiben eines argumentierenden Textes kommt auch das Schreiben eines informierenden Textes hinzu. Ich bin jetzt schon gespannt auf die Fortbildungen, die mir sagen werden, wie sich ein informierender Text, der einen Punkt bekommt von einem, der 5 Punkte bekommt und dieser sich wiederum unterscheidet von einem, der 15 Punkte bekommt. Denn auch hier sind die Materialien vorgegeben. Nicht nur, dass aus meiner Perspektive beide Aufgabenformen extrem unterschiedliche Schwierigkeitsgrade haben (Guter Kommentar, extrem schwer. Gutes informierendes Schreiben – KEINE AHNUNG! WIE KANN MAN DENN NICHT GUT MATERIALIEN, DIE SCHON DA SIND, AUFBEREITEN?). Nein, im Endeffekt bedeutet das Ganze, dass Schüler nun mit Fug und Recht fragen können, ob sie nicht eineinhalb Jahre nach Hause gehen. Denn warum sollte man sich durch die vielen Werke arbeiten, wenn am Ende ein süßer kleiner Info-Text steht: “Im folgenden möchte ich Ihnen mitteilen, was genau Medien sind und wie diese sich aufteilen lassen…” Boah, ich will das nicht.

Weitere Anpassungen betreffen sogenannte Themenfelder. Diese werden zuvor definiert und die Aufgaben beziehen sich auf diese. Beim Themenfeld Literatur sind es 2024 die “Umbrüche in der deutschsprachigen Literatur um 1900”, beim Themenfeld Sprache “Sprache in politische-gesellschaftlichen Verwendungszusammenhängen” (“Verwendungszusammenhängen”?, really?). Die Themenfelder können allen Aufgabenarten zugrunde liegen. Was dies genau bedeutet, vermag ich nicht zu sagen. Positiv betrachtet könnte es eine breitere Beschäftigung mit einem Thema bedeuten. Negativ betrachtet bedeutet es mal wieder eine Verengung.

Fazit

Ich bin mir unsicher, ob man meine Aufregung versteht. In den neuen Prüfungsformaten erkenne ich drei Dinge

a) ein Gefälle zwischen den Aufgabenformaten (Informierendes Schreiben verhält sich zur literarischen Erörterung wie BILD zu “Krieg und Frieden”)

b) ein Gefälle innerhalb der Aufgabenformate (Kommt das informierende Schreiben, bekommst du dein Medizinstudium. Es könnte aber auch der Kommentar kommen)

c) Eine zusätzliche Verengung in allen Bereichen (nur noch Erörterung, nur noch Analyse, nur noch ein zuvor abgemachtes Themenfeld)

Bisher habe ich mich dagegen gewehrt, wenn der Vorwurf laut wurde, dass das Abitur immer einfacher würde. Ein sehr guter Werkvergleich, aber auch ein sehr guter Kommentar kann einen hohen Anspruch haben. Aber wie es scheint, wird nun mit allen Mitteln versucht, dem Vorwurf zu entsprechen. Informierendes Schreiben? Ich kann nicht mehr.

Video

Weil mich auch die Meinung der Zuschauer*innen meines Kanals interessiert, habe ich das Thema kurz im Video besprochen und alle gebeten, ihre Meinungen zu kommentieren. Interessante Einsichten.

10 Kommentare

  1. Arbeite zwar in einem anderen Bundesland, stimme aber zu. Von meinem Argwohn gegenüber der Aufgabenart “Materialgestütztes Schreiben” konnte mich bisher noch niemand befreien…
    PS: Ich würde “Krieg und Frieden” und BILD in der Reihenfolge umdrehen.

  2. Ich denke, rein “informierend” wird das mat. Schreiben da nicht sein, sondern in Kombination mit interpretativen Vorarbeiten. Hier in Hessen gab es vor einigen Jahren folgenden Vorschlag (war kein echter Vorschlag, sondern ein Bsp. im Vorfeld der Einführung des mat. Schreibens):

    “An Ihrer Schule findet eine Ausstellung statt zum Thema „Monster – gestern, heute und morgen. Die Entwicklung eines romantischen Motivs“. Die Ausstellung präsentiert literarische und pragmatische Texte sowie veranschaulichendes Film- und Bildmaterial. Zur Eröffnung der Ausstellung sollen Sie einen einführenden Vortrag halten, der anschließend auf der Homepage der Schule veröffentlicht wird.
    Verfassen Sie – auf der Grundlage der Materialien M1–M7b – einen Vortragstext mit dem Titel: „Sind die Monster von gestern die Helden von morgen?“ (vgl. M1) Berücksichtigen Sie dabei auch Ihre Kenntnisse zu romantischen Motiven in Literatur, Film und Medien sowie zu Süskinds Roman „Das Parfum“ und dessen Verfilmung von Tykwer.”

    Der Erwartungshorizont enthielt letztlich eine Kurzauswertung aller Materialien und sehr vage Bewertungskriterien, alles so im Schnittbereich zwischen Kommentar, Rede und Essay. “Das Parfum” musste man für den Vorschlag nicht gelesen haben, es reichten grobe Kenntnisse des Films (man muss ja im Grundkurs in Hessen ohnehin nicht mehr die Bücher wirklich gut kennen).

    Gruß aus Frankfurt!

    PS. Next stop: Unfallbericht! 😀

    • Das P.S. ist böse. Nun, das hört sich zwar weniger schrecklich aber nach etwas an, bei dem man Schüler*innen zuvor sagen möchte: Wenn Sie dieses Format nehmen landen Sie bei perfekter methodischer Arbeit je nach inhaltlicher Tiefe zwischen 7 und 11 Punkten. Alles andere ist unrealistisch.

  3. Man könnte auch sagen: „Informierendes Schreiben“ verhält sich zu „Kommentar“ wie „Feiertag“ zu „Ferien“. Oder wie „Streichholz“ zu „Feuerwerk“ oder wie „Tütensuppe“ zu „selber kochen“.

  4. Hallo,

    vielen Dank erst einmal für Ihren Beitrag und die ausführliche Erläuterung auch der aktuellen Abiaufgaben. Gerne würde ich mich dazu äußern. Zu den aktuellen Aufgabenformen: Ihre Kritik kann ich zur ersten und zweiten Aufgabenform nachvollziehen. Zur dritten Form: Materialgestütztes Schreiben argumentierender Texte und Erörterungen verlangen zwar verschiedene Fähigkeiten, allerdings, wie ich finde, doch auf einem ähnlich hohen Anforderungsniveau. (Wenn ich die Kritik hier richtig verstanden habe: “ungleiches Paar”)

    Die Änderung zum dritten Aufgabenformat verstehe ich nur zum Teil nicht wirklich: Die Trennung von Analyse und Erörterung erscheint mir sinnvoll und tatsächlich auch nett:-) Das Hinzukommen des informierenden Schreibens erscheint mir aber konsequent, gerade aus der Idee heraus, dass diese Textsorte bereits in der Sek 1 gelernt wird (zumindest bei mir in Berlin). Das dauerhafte Einüben/Lernen einer Textsorte auf steigenden Anforderungsniveau ist absolut sinnvoll. Viele Textsortenkompetenzen verbleiben einfach auf Grundschul- oder Sek 1-Niveau, ohne weiter ausgebaut zu werden (aufgrund empirischer Daten zum Erwerb zb. der Erzählkompetenz oder auch literarisches Schreiben, zwei Textsorten, die meiner Meinung nach zwar tatsächlich im Verlauf der Schule aber auch für das Studium weniger Relevanz haben, aber dennoch ihre eigene Berechtigung haben) – Deshalb ist es gerade für die beiden wissenschaftspropädeutischen Textsorten des Materialgestützten Schreibens absolut wichtig, dass sie in der Sek 1 auf niedrigeren Niveau gelernt und in der Sek 2 ausgebaut werden. Soviel also auch zum informierenden Schreiben. Es erscheint mir allerdings auch schwierig das Niveau dieser Textsorte so anzupassen, dass da keine Ungleichheiten innerhalb und zwischen den Aufgabenformaten entstehen.
    Kurz: Ich finde es absolut wichtig, (gerade wissenschaftspropädeutische) Textsorten von der Sek 1 in die Sek 2 weiterzuführen, dementsprechend muss das Niveau auf jeden Fall angehoben werden, was ich in den Aufgabensammlungen des IQB im Vergleich zum Material. Schreiben argumentierender Texte bisher nicht sehen kann.
    LG

    • Danke für diese wichtigen Ergänzungen. Sie helfen mir, den Blick etwas zu weiten, denn aus meiner Sicht ist das informierende Schreiben eher wenig propädeutisch als beispielsweise ein Kommentar, da hier die Anforderung eines eigenen Standpunkts, der mit Materialien ergänzt wird, deutlicher wird. Was die Aufteilung angeht: Ich weiß, dass ich in dem Bereich eher konservativ bin, aber sollte es unser Anspruch sein, “nette” Abituraufgeben zu stellen? Die Unterteilung ist ja nicht nur nett, sondern auch künstlich. Bisher fand ich die beiden Teile zusammengenommen realitätsnah, wenn man sich die verschiedenen Kolumnen großer Zeitungen anschaut. Dort geht es immer um Analyse und Anschlusseröterung. Klar, wir müssen Schüler*innen nicht zu Journalisten ausbilden, aber dennoch erscheinen mir alle Entwicklungen hinzugehen zu einem immer engeren Prinzip der Bewertung von Einzelaspekten. Am Ende dieser Entwicklung gibt es gar keine sehr guten Texte mehr, weil die größten kognitiven Leistungen schon in den Formaten vorweggenommen werden. Das kann aus meiner Sicht nicht der Weg sein.

  5. Ich denke auch, dass das informierende Schreiben verknüpft wird mit interpretatorischer Arbeit.
    In S-H. gibt es für 2023… das Thema “Liebeskonzepte in der Lyrik”. Warum heißt es nicht einfach
    “Liebeslyrik”?
    Wird es neben einem Gedicht/den Gedichten Sachtext(Auszüge) und diskontinuierliche Texte… geben, damit die Schüler adressatengerecht über den Wandel von Liebeskonzepten oder die Diskrepanz zwischen Liebeskonzepten in der Lyrik einer Epoche und der realen Gesellschaft schreiben? Ich persönlich bin wenn Fan von materialgestützter Interpretation, ich finde es eher reizvoll, beim Text selbst zu bleiben. Lyrik ist für mich mehr als die Illustration eines Zeitkolorits oder bestimmter biographischer Aspekte von Autoren. Andere Materialien für die Gedichtinterpretation heranzuziehen oder Gedichte zu nutzen, um die Vielfalt aktueller Liebesvorstellungen zu illustrieren…
    finde ich unangemessen. Es ist aber die Vorstellung, so eine Aufgabenstellung sei modern, da der moderne Mensch recherchiert, wenn er ein Problem lösen muss (fragwürdige These). Leider trauen sich auch Referendare zunehmend weniger, einfach mal ihr Handwerkzeug zu nutzen und einen
    (vielleicht noch nicht im Netz scheinbar totinterpretierten ) Text selbst zu deuten. Es wird immer mehr zum Wagnis, selbst zu denken. Die Ministerien scheinen Opfer einer falsch verstandenen Aufklärung zu sein.

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