Szenen eines Dramas zu untersuchen, um darüber schreiben zu können, unterscheidet sich zwar nicht grundlegend zu anderen Interpretationen (was die Analyse von Sprache und Bedeutung des Gesprochenen angeht). Allerdings gibt es doch Unterschiede, die aus der Tatsache herrühren, dass es sich beim Drama um eine Textform handelt, die bestimmte Besonderheiten gegenüber Lyrik und Epik hat. Diese gilt es in den Blick zu nehmen. 

Wie immer  kann man ohne eine bestimmte Szene nie sagen, welcher Aspekt nun am wichtigsten ist. Das ist vielmehr die Aufgabe des Interpreten. Insofern können alle hier genannten Aspekte von Bedeutung sein. Welche insbesondere wichtig sind, hängt von der Aufgabenstellung und dem Fokus der Analyse ab.

Aspekte und Fragestellungen

Erschließung von Situation, Kontext und Inhalt:

Überblick über die Szene: Figuren, Ort, Zeit, “Titel” der Szene [Szenenüberschrift]

Einordnung:

In welchem Zshg. steht die Szene mit der vorangehenden Handlung?/Stand der Konfliktentwicklung? [vgl. Akt – Gliederung] ; evtl. Folgen der Szene

Möglichkeiten einer Gliederung der Szene in Teilszenen; Veränderungen in Ort und Personen?

Handlung:

Gibt es handlungsauslösende Maßnahmen, Verhaltensweisen, Entscheidungen? Was ergibt ein Vergleich von Anfang und Ende der Szene (Veränderungen, Entwicklungen)? Sind Handlungsmuster erkennbar (Komplikation/Konflikt und entsprechend Entwicklung/Lösung/ Verschärfung des Konflikts/der Komplikation)? Verhältnis von Handlung und Reflexion.

Thema/Motive:

Worum geht es in dem Dialog/in den Gesprächen? Gibt es zentrale Themen; angedeutete/verdeckte Themen? Spielen die Themen an anderen Stellen des Stücks eine Rolle?

Figuren/ Figurenkonstellation

Welche Figuren sind zentral, welche sind eher Randfiguren?  In welcher Beziehung stehen die Figuren zueinander? Lassen sich Gruppierunqen/Lager erkennen?/evtl.: Wer gegen wen (Protagonist und Antagonist)? Können die Figuren sozial einer Schicht/einem Stand zugeordnet werden? Figurengestaltung ·       Wie werden die Figuren charakterisiert? Z. B.: durch ihr Verhalten in der Szene, durch Hinweise aus dem Nebentext (Regieanweisungen), durch andere Figuren, durch ihre Kleidung, durch den Ort (Atmosphäre, soziales Milieu), an dem sie sich aufhalten, durch Requisiten, durch charakterisierende Details etc.

Sprache / Figurensprache

(Charakterisierung durch die Sprache der jeweiligen Figur) ·       Auf welcher Stilebene/auf welchem Sprachniveau bewegt sich die Figur? Z. B.: niederer Stil (Alltagssprachlichkeit, evtl. vulgäre Sprache, auch Satzabbrüche, Fehler); hoher, feierlicher, erhabener Stil, gewollte oder unfreiwillige Stilmischung ·       Ist die innere und äußere Situation der Person (z. B: emotionale Verfassung, Bildung, Geschlecht, .. .l an der Sprache erkennbar (z. B. in Wortwahl, Satzart und Satzbau, Länge/Differenziertheit der Äußerungen, Rhetorik, Bildlichkeit, .. .) ·  Ist die Sprache eher sachlich (informativ, Verzicht auf Wertung) oder emotional/wertend?

Beispiel für Übersicht:

Akt,

Szene

Figuren in Konstellationen Ort

Einordnung

Zeit Inhalt: Thema, Handlung Beobachtungen, Fragen, Zusammenhang mit anderen Szenen
I,1

GesprächForm/ Typus:

Argumentierendes Gespräch, Verhör, Verteidigung, Anklage, Bedrohung/Einschüchterung, Diskurs/Reflexionsgespräch (über Themen), Geplauder (ohne erkennbaren thematischen Kern)

Monolog, Schweigen (Leerstellen) , … Werden Phasen des Gesprächs erkennbar, evtl. Wendepunkte? • Verändert sich das Gespräch in Themen, Atmosphäre, Ton?

Verlauf

Gibt es Störungen, Unterbrechungen im Gespräch; wie funktioniert der Sprecherwechsel (direkte Bezugnahme, unterbrechend, unzusammenhängend, … )

Gesprächsverhalten

Werden Gesprächsziele erkennbar? Sind diese Ziele allen Gesprächsteilnehmern klar? • Wird ausgesprochen, was gedacht wird? Wie lauten gegebenenfalls die Subtexte? Wie sind die Gesprächsanteile verteilt? Lässt sich aus der Verteilung Dominanz /Unterlegenheit ableiten? Reden die Figuren miteinander/reden sie aneinander vorbei, d. h. gibt es Missverständnisse, Ironie, Anspielungen. Dominiert der Inhalts- oder der Beziehungsaspekt? • Ist die Kommunikation symmetrisch oder asymmetrisch lz.B. Abhängigkeiten oder Herrschaftsverhältnisse/ungleich verteilte Machtmittel, unterschiedliche Wissensständel?

Strategien

Lassen Sich Gesprächsstrategien erkennen, mit denen die Ziele erreicht werden sollen, z. B.: verschweigen, täuschen, verstellen, abwiegeln, dramatisieren/übertreiben, loben, drohen, ab-/aufwerten, verharmlosen, auf etwas/jmdn. anspielen.

Sprechakte

Gibt es in der Szene kennzeichnende Sprechakte der Situation? Z. B.: drohen, bitten, bloßstellen/entlarven, auffordern, ablehnen, ablenken, warnen, fragen, bezweifeln, befehlen, trösten, ermuntern, danken, ironisieren.

Ausdrucksmittel der Bühne

Bedeutung der Regieanweisungen (des Nebentextes) für das Figurenverständnis; was sagen die Hinweise auf Gestik/Bewegung, Mimik und auf die Art des Sprechens über die Figur aus? Charakterisierende Wirkung von Kleidung, Requisiten

Bühnenbild

Aufbau, Elemente, charakterisierende, symbolische Bedeutung des Raums oder der Raumelemente • Raumkonzepte : Stellung/Bewegung der Figuren im Raum/auf der Bühne, im Verhältnis zu anderen Figuren.

 

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