Die Corona-Krise macht vieles sichtbar, das zuvor unsichtbar erschien: Fehlende Bildungsgerechtigkeit, technische Probleme, verschiedene Rahmenbedingungen. Aber eben auch den Wunsch und den Willen zur Zusammenarbeit, ob es Kolleginnen und Kollegen oder Eltern und Schüler*innen sind. Da ich die Perspektive der Journalistin und Mutter Nora Imlau aus dem ersten Gastbeitrag ungemein gewinnbringend fand, habe ich auf Twitter nachgefragt, ob es auch andere Beispiele für die momentane Situation gäbe. Mit Inke Hummel, Mama von drei Kindern (10, 13 und 15), aus Bonn, die als Familiencoach und Autorin (humboldt, claus Verlag, Men’s Health Dad) arbeitet und für bindungstraeume.de sowie auf inkehummel.de/blog bloggt, fand ich eine solche Perspektive. Ein Artikel der verdeutlicht, welche Arten der Kommunikation und Aufgabenstellungen für Familien funktionieren können. 

Ihr Familienratgeber mit einem Vorwort von Nora Imlau erscheint am 31.08.2020 bei humboldt.

Herzlichen Dank an dieser Stelle! 

#unterrichtdigital – bei uns läuft es!

Bei Twitter bin ich https://twitter.com/HummelFamilie.

Wir haben drei Kinder an der gleichen Schule – in Klasse 5, 8 und 9. Bislang fand Unterricht kaum digital statt; das Höchste der Gefühle waren abzutippende Projektarbeiten und außerunterrichtlich die Online-Menübestellung, -Elternsprechtagsplanung oder -Vertretungsplanabfrage.

Als es an den ersten Tagen des Homeschoolings kleckerweise E-Mails von Direktorat, dem Klassenleiterteam, Elternvertretern, Fachlehrern, dem Schulseelsorgerteam und ich weiß nicht von wem noch alles gab (und alles natürlich x3!), habe ich erst einmal gedacht, das wird eine Katastrophe. Ich habe mindestens zweimal beim Lesen einfach frustriert das Mailfach geschlossen!

Aber natürlich habe ich es wieder geöffnet und mich dann nach und nach durchgeklickt – und eigentlich war es gar nicht so dramatisch. Viele Infos, etliches pro forma und sehr allgemein, manches doppelt. Gelesen, gelöscht. Dann blieb nur noch Inhaltliches, und das traf hier tatsächlich recht schnell gut sortiert ein.

Die Teenies in Klasse 8 und 9 bekommen seither alles persönlich über Mail, Moodle und teilweise noch im Whatsapp-Klassenchat – da bin ich ganz raus. Sie können sich die Punkte vom Wochenplan frei einteilen und machen dies so, wie viele berichten: pro Tag möglichst ein Fach anstatt wie im Schulalltag ständig das Thema zu wechseln. Ihre Lehrer fordern bestimmte Aufgaben zurück, ein Foto reicht. Am Ende der Woche kommen die Lösungen zum Vergleichen. Das läuft alles super und längst ohne mich.

Beim Kleinsten bin ich noch mehr involviert, da er zum einen ab und an eine inhaltliche Frage hat und noch nicht so selbständig mit Grammatik & Co. arbeiten kann, und zum anderen weil ich die Klassenpflegschaft mache; das heißt ich sende vieles an den Verteiler, sammle Rückmeldungen der Familien und gebe sie gebündelt an die Schule. Doch auch das ist harmlos:

  • die Wochenpläne sind auch für die Fünftklässler verständlich und nicht zu voll
  • wenige neue und komplizierte Inhalte sind dabei
  • für Schnelle gibt es freiwillige Aufgaben, die langsamere Schüler nicht unter Druck setzen
  • viel Kreatives und Praktisches ist dazwischen (z.B. rechte Winkel oder Parallelen in der Wohnung finden, Frühblüher knipsen oder zeichnen)
  • Videos und nette Online-Tests sind dabei
  • die Kinder erhalten gute Lösungsblätter, mit denen sie sich freitags selbst kontrollieren können
  • die Lehrer antworten (bis auf eine Ausnahme) immer rasch und hilfsbereit

Zwei von drei Kindern sollen in Deutsch abweichend vom eigentlich geplanten Unterrichtsinhalt eine Lektüre lesen und ein Tagebuch dazu gestalten, was sehr individuell möglich ist und auch wieder Druck nimmt, da nicht selbständig (bzw. mit den Eltern!) vollkommen Neues erarbeitet werden muss. Alle drei dürfen an einem Kunstwettbewerb teilnehmen, wenn sie möchten („Kreativ in Quarantäne“), was unsere Achtklässlerin sofort aufgegriffen hat.

Inzwischen muss auch wirklich nur noch wenig ausgedruckt werden. Das meiste findet sich in Büchern und Arbeitsheften. Allerdings ist unsere Ausstattung vermutlich besser als bei manch anderem; so hat jedes Kind eine eigene Mailadresse und ein Handy und / oder Tablet, um Mails, Aufgaben und Lösungsbögen zu lesen sowie Links zu folgen. Niemand muss auf ein Gerät warten, sich etwas ausdrucken, um es noch mal nachlesen zu können usw. Das ist bei anderen vielleicht schwieriger.

Mehrfach kamen inzwischen Mails vom Direktorat und dem Schulpsychologen, die nochmal bewusst und deutlich Druck genommen haben – im Sinne der Kinder hoffe ich, die Familien halten sich daran. Die Klassenlehrer des Kleinen schreiben immer sehr persönlich und mitfühlend an die Kinder. Das Miteinander der Eltern per Mail ist wunderbar: Wer eine Frage hat, fragt; rasch hat jemand die Antwort und schickt sie an den Verteiler.

Für uns als Familie ist die Zeit trotz des mentalen Stresses, der irgendwie immer da ist, so wirklich eine ganz gute. Die Kinder schlafen länger und starten fit sowie recht motiviert, sie mögen das Selbstplanen, und sie arbeiten erstaunlich oft alle gemeinsam am langen Esstisch, was vor der Coronakrise so ungefähr nie ohne Streit möglich war. Homeoffice, Telefonate und Haushalt sind natürlich immer wieder nur unterbrochen möglich, aber es ist machbar.

Inke Hummel

bloggt auf www.bindungstraeume.de

und www.inkehummel.de/blog

twittert als @HummelFamilie

 

3 Kommentare

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein