Auch wenn man meinen könnte, dass Unterrichtsentwürfe dazu da seien, Referendarinnen und Referendare noch mehr Last aufzubürden, ist das natürlich nicht ihre eigentliche Aufgabe: das eigene Handeln zu reflektieren und zusammenfassend so auf den Punkt zu bringen, dass sich eine nachvollziehbare, am Bildungsplan orientierte Struktur ergibt. Die folgenden Ausführungen sollen dies deutlich machen. Es sei, wie immer, darauf hingewiesen, dass sich die Anforderungen innerhalb der verschiedenen Bundesländern unterscheiden können. Das Ganze ist also ohne Gewähr. 

Deckblatt mit den wichtigsten Informationen

Ein Deckblatt eines Entwurfs beinhaltet die wichtigsten Informationen zu Ort, Zeit und Personen. Es kann so aussehen.

Auch hier gilt, dass man sich an die Leitlinien des Seminars halten sollte.

Kurze Darstellung der Voraussetzungen

Bei diesem ersten Punkt geht es um eine kurze Zusammenfassung der Rahmenbedingungen, die mit dem Besuch oder der Lehrproben (UPP) zusammenhängen.

  • Seit wann unterrichtet der Referendar in der Klasse? Seit wann erfolgen Hospitationen?
  • Falls gehalten, wie hoch ist die Anzahl der bereits unterrichteten Stunden?
  • Angaben über Klassenteilung, Abwesenheiten (z.B. Schullandheim), besondere Vorkommnisse etc.
  • Besonderheiten, der Klasse, beispielsweise bezüglich Inklusive, Heterogenität, etc.
  • Klassengröße und Verhältnis zwischen Jungen und Mädchen
  • Klassenklima (z.B. Arbeitshaltung, Gruppenbildung, Diskussion- und Lernkultur u.a.)
  • bisher erkennbare Leistungsfähigkeit in Hinblick auf die in dieser Stunde zu bewältigenden Anforderungen (z.B. Arbeitsformen!)

Es gilt, dass man sich vor allem auf jene Bereiche konzentrieren sollte, die entweder für das Verständnis der kommenden Stunde wichtig sind oder die nötig sind, um die Klasse und die Unterrichtssituation einordnen zu können.

Unterrichtsgegenstand

Ausgehend von einer fachwissenschaftlichen Analyse werden die didaktischen Eigenarten und Probleme des Stundenthemas untersucht. Hierzu gehören auch Entscheidungen zur „didaktischen Reduktion“: Stoffreduktion auf das Wesentliche, auf das in der verfügbaren Zeit Machbare bzw. auf das den Schülern der jeweiligen Altersstufe Verstehbare. Daraus ergeben sich dann die Lernziele/Kompetenzen. Auch methodische Entscheidungen, die auf fachwissenschaftliche und/oder didaktische Befunde gestützt werden, werden hier erläutert.

Sachanalyse

Die Sachanalyse ist eine fachwissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Gegenstand der Stunde. Hier wird die Bedeutung des Gegenstandes in der fachwissenschaftlichen Diskussion, ggf. auch kontroverse Auffassungen, dargestellt und analysiert. Interpretationsmöglichkeiten werden aufgezeigt. Für die zu planende Stunde werden aufgrund der didaktischen Überlegung Schwerpunkte gesetzt und nur bestimmte Teilaspekte behandelt (entsprechend der jeweiligen Rahmenbedingungen und Ziele/Kompetenzen).

Die Sachanalyse fokussiert daher den Gegenstand der einzelnen Stunde und nicht das übergeordnete Thema der Unterrichtseinheit (etwa eine Epoche oder einen ganzen Roman). Man könnte sagen, dass die Sachanalyse den Fokus dorthin setzt, wo die Erkenntnis liegt, die die Schüler*innen aus der Stunde ziehen sollen. Das heißt gleichzeitig, dass die “Sache” aufgrund dieser Überlegungen eingegrenzt wird. Der soziale Aspekt wird aber dennoch hier genauso wenig erwähnt wie der didaktische. Diese Punkte folgen in separaten Teilen.

Didaktische Analyse/Reduktion

An dieser Stelle folgt eine Begründung dafür, warum das Thema überhaupt relevant für die Schülerinnen und Schüler ist. Inwiefern ist die Kenntnis gerade dieses Werks (z.B. Novelle, Jugendbuch etc.) oder Sachverhalts (z.B. Vater-Sohn-Konflikt) bedeutsam? Was macht diesen Gegenstand geeignet für die schulische Bearbeitung? Was ist an dem Thema für die Schüler*innen wichtig,  inwiefern bestehen Anknüpfungspunkte zu ihrem bisherigen Wissen oder ihrer Erfahrung, was könnte das Thema für die S an Schwierigkeiten bergen?

Auch hier gilt, dass der Bereich, um den es geht, eingegrenzt werden sollte auf das Wichtigste. Es geht also beispielsweise nicht um die generelle Wichtigkeit, Literatur zu lesen, sondern um das ausgewählte Buch oder eben den speziellen Konflikt, der sich in diesem finden lässt. Die Bedeutung sollte nach Möglichkeit auch mit dem Bildungsplan des jeweiligen Bundeslandes verbunden werden. Dieser sollte korrekt zitiert und an sinnvollen Stellen eingefügt werden.

Unterrichtszusammenhang

Hier wird die geplante Stunde in Form einer tabellarischen Übersicht in die Unterrichtseinheit eingeordnet. Auch der Ausblick auf die folgenden Stunden gehört dazu.

Da dieser Unterrichtszusammenhang verdeutlicht, wie die verschiedenen Teile sich aufeinander beziehen und so die Übersicht über die Struktur bieten, sollte man sich frühzeitig über diesen Zusammenhang Gedanken. Im Nachhinein lässt sich hier nichts mehr ändern.

Planung/ Methodisches Vorgehen

Bei der Planung der Stunde bzw. dem methodischen Vorgehen handelt es sich um eine Beschreibung des geplanten Ablaufes. Hier wird also nicht der Gegenstand selbst oder seine didaktische Reduktion, sondern seine Aufbereitung besprochen.

An dieser Stelle wird die Auswahl der Kompetenzen, die oben in einen größeren Zusammenhang gebettet worden sind, im Unterrichtsgeschehen verdeutlicht. Wesentlich sind hier auch Angaben zum Inhalt der vorangegangenen Stunde sowie zur Hausaufgabe, die zur geplanten Stunde gestellt wird. Die didaktische Reduktion mit dem angestrebten Schwerpunkt der Stunde führt zur Entscheidung einer geeigneten Methode.

Zentral ist die Angabe über die Stundenprogresssion, Schwerpunkte und deren Verbindung. Es geht also darum, dass der Leser erkennen kann, wie die Stunde aufgebaut ist und wie die Teile (auch die Hausaufgabe) ineinander greifen. Die verschiedenen Teile (Einstieg, Erarbeitsungsphase, Sicherungsphase und Transfer) sollten so gegliedert sein, dass sie sinnvoll aufeinander aufbauen.

Am Ende der didaktischen und methodischen Analyse sollte der Stundenverlauf so dargelegt werden, dass er ein schlüssiges Ergebnis der vorangegangenen Überlegungen darstellt und dass der Leser die Stunde in ihrer Abfolge nachvollziehen kann.  Alternativen (mehrere Ausstiege, alternative HA, Puffer) sollten hier beschrieben werden.

Unterrichtsziele und Kompetenzen (kompetenzorientierte Lernziele)

Etwa 3 – 4 Lernziele und/oder Teilkompetenzen sind realistisch. Achten Sie darauf, dass die Lernziele und/oder Kompetenzen so formuliert sind, dass es sich wirklich um „Ziele“ /“Kompetenzen“, nicht um Arbeitsschritte handelt. Also: Die Schüler sollen „erörtern“, „beschreiben“, „interpretieren“, „vertiefen“, „sich üben“, „anwenden können“, „umsetzen können“, „verallgemeinern können“, „kreativ entwerfen“, „sich üben im angemessenen Lesen, Diskutieren, Exzerpieren, Zuhören, Referieren, Problematisieren, Methodenbewusstsein“ usw. (vgl. Operatorenkatalog Abitur). Es wird eine möglichst präzise Formulierung der Operatoren erwartet. Aussagen wie „Die Schüler(innen) sollen … verstehen“ bleiben so lange zu allgemein, wie keine Anhaltspunkte mit formuliert werden, woran Sie als Lehrende das Verstehen messen.

Geplanter Unterrichtsverlauf

Hier geht es um die voraussichtliche Dokumentation der verschiedenen Unterrichtsschritte. Meist kann der Unterrichtsverlauf in einem Unterrichtsverlaufsplan angegeben werden, also einer tabellarischen Auflistung der verschiedenen Teile, in die der Unterricht geteilt ist.

Normalerweise werden in diesen Tabellen Angaben zur Zeit, zur Unterrichtsphase, zur Sozialform und zum Medieneinsatz gemacht.

Gerade bei der Zeit sollte man sich nicht unter Druck setzen. Es geht zwar darum, die Vorgaben ungefähr einzuhalten, aber vor allem sollte man darauf achten, dass man in der Lage ist, spontan zu reagieren und auch dann zu helfen, wenn der Entwurf eigentlich schon das weitere Vorgehen angibt. Aus diesem Grund ist es sehr sinnvoll, wenn man Alternativen einplant, also beispielsweise einen Puffer oder alternative Ausstiege aus der Stunde, die genutzt werden können, wenn mehr oder, was selten vorkommt, weniger Zeit gebraucht wird, als man angenommen hat.

Anhang

Im Anhang sollte alles angegeben werden, was in der Stunde an Materialien, Arbeitsblättern, Folien etc. gebraucht wird.

Verwendete Quellen

Bei den verwendeten Quellen sollte alles angegeben werden, was in dem Unterrichtsentwurf eine Rolle gespielt hat. Das gilt nicht nur für die Sachanalyse (auch der Bildungsplan wird selbstverständlich angegeben), sondern auch für Lehrbücher, Blogs oder weiteren Internetseiten, von denen beispielsweise eine Idee übernommen worden ist.

Eine Idee zu übernehmen, ist dabei überhaupt kein Problem. Diese nicht anzugeben, kann allerdings sehr problematisch sein, wenn es als Plagiat gewertet wird.

Fazit

Insgesamt ist der Unterrichtsentwurf also eine Darstellung über alle Bereiche, die bei der Unterrichtsplanung eine Rolle spielen. Insofern ist es natürlich auch wichtig, diese sehr präzise und korrekt zu gestalten.

Wegweiser

Dieser Beitrag ist Teil des Buches „Wegweiser Referendariat“, in dem alle wichtigen Blogartikel zum Referendariat vollständig überarbeitet, erweitert und angepasst in einem handlichen Buch auf 200 Seiten gesammelt sind. 

Der Lehrer und Schulleiter Jan-Martin Klinge urteilt über das Buch: „Es ist ganz einfach: Wenn Sie dieses Buch lesen, werden Sie ein besserer Lehrer“. 

 

 

 

 

 

3 Kommentare

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