Für alle, die mich ein wenig besser kennen, mag der folgende, kleine Abriss über eine von mir nun seit einigen Jahren durchgeführte Praktik ein wenig esoterisch anmuten; vielleicht ist es das auch: Seit einigen Jahren habe ich einen Jahresfokus, der als Leitlinie für ein Schuljahr dient. Mal mehr und mal weniger sorgt dieser Fokus dafür, mich selbst in einem bestimmten Bereich zu verbessern. Der Fokus für dieses Jahr ist noch nicht ganz sicher, aber schon am Horizont. Wir werden sehen, ob ich nach dem Urlaub dabei bleibe.
Entstehung
Zu dem Jahresfokus ist es durch eine ziemlich harte Zeit gekommen: Das Referendariat hat mich zu Zeiten der Lehrproben an den Rand der Verzweiflung gebracht und dazu geführt, dass ich mir ein beschriebenes Plakat an den Schreibtisch hing. Darauf: Drei ziemlich triviale Aussagen:
- Positiv bleiben
- Sport machen
- Relativieren
Während ich die ersten beiden Imperative wohl nicht erklären muss, ging es in dem letzten darum, nicht alles, was (vermeintlich) schlecht läuft, an mich heranzulassen. Gar keine so leichte Aufgabe (wer mehr darüber wissen will, dem kann ich folgendes Buch empfehlen).
Haben die drei Selbstaussagen geholfen? Ich weiß es nicht. Aber lange hingen sie noch samt eines Bildes von mir und meiner Frau im Flur und haben das eine oder andere Mal für ein Schmunzeln gesorgt.
Wiederaufnahme
Für einige Jahre habe ich diese Praktik aus den Augen verloren, bis ein weiteres Defizit wieder dazu führte, dass ich mir vornahm, in einem Schuljahr wieder einen Fokus aufzunehmen, der sich so langweilig anhört, wie er war: Listen!
"Listen" war eine Chiffre für alles, was mit Verwaltungsaufgaben zu tun hat. Klar, ich könnte sagen: Ich bin da halt nicht der Mensch für, aber es gehört nunmal zu meinem Beruf als Lehrer. Leider habe ich oftmals die etlichen Listen, die man abhaken musste und muss nicht so ernst genommen. Ich wollte loslegen mit dem eigentlichen Unterricht. Das führte aber nicht zu weniger Arbeit, sondern zu mehr, denn Listen, die unvollständig sind, brauchen lange, bis sie es dann sind. Und das führte dazu, dass ich nicht mehr wusste, ob ich nun alles Geld eingesammelt hatte oder nicht. Also nahm ich mir vor, dieses Thema ernstzunehmen und habe es auch geschafft, das durchzuziehen.
Der letzte Fokus
Der vorletzte Fokus kam von einer nicht gerade schmeichelhaften Platzierung in der vorletzten Abizeitung. Ich hatte den ersten Platz besetzt. Leider für den Lehrer mit den meisten Stimmungsschwankungen. Mein damaliger Kurs - wir mochten uns sehr - schenkte mir dementsprechend auch sehr schöne Botschaften - gewickelt um Snickers. Denn, naja, anscheinend wurde ich öfter mal zur Diva.
Das kennt jeder, der einen Hungerast bekommt, aber es war und ist dennoch nichts, dass ich meinen Schüler:innen zumuten möchte. Weshalb ich also das Jahr danach, letztes Schuljahr, folgenden Fokus wählte: Gelassenheit.
Das war manchmal anstrengend, weil ich viel lieber geplatzt wäre als in mich rein zu atmen. Aber ich habe es (fast) immer geschafft. Und das auch, so meine ich, weil ich daran dachte, dass ich mir den Fokus gesetzt hatte. Also dachte ich: Da es funktioniert, führe ich es weiter. Und das mache ich und teile es gerne mit.
Der Fokus des letzten Jahres war ein völlig anderer: Mut! Es ging darum, einfach Dinge zu machen, von denen ich weiß, dass sie gut sind, auch wenn sie sich erstmal ein wenig verrückt anhören können. Rückblickend kann ich eine Entwicklung sehen, die mich mutiger hat werden lassen. Will sagen: Auch wenn dies nicht mein konkreter Fokus ist, bleibt der Mut eine Leitlinie im pädagogischen und didaktischen Handeln.
Mein diesjähriger Fokus
Ich bin mit ziemlicher Sicherheit nicht der Einzige, für den das letzte Schuljahr aus den unterschiedlichsten wohlbekannten Gründen sehr anstrengend war. Zu anstrengend, wenn man daran festhalten möchte, ein wenig Spaß bei seinem Beruf zu haben.
Nicht jeder Teil des Berufs ist vergnüglich, aber lernen kann man einfach am besten (initiieren), wenn man auch die Chancen dafür bietet.
Aus diesem Grund möchte ich dieses Jahr einen etwas offeneren Fokus setzen: Lernen!
Wer das sehr allgemein findet, dem sei jetzt schon gesagt, dass ich ab Anfang September viel dazu ausführen werde. Bei meinem Fokus geht es im Grunde darum, nochmal mehr dafür zu sorgen, dass alle Kinder und Jugendlichen aus der Passivität in die Aktivität kommen. Dass das Warum des jeweiligen Lerngegenstandes im Zentrum ist, ist für mich mittlerweile sowieso obligatorisch. Daran anschließen werden sich (wie jedes Jahr) professionelle Rückmeldungen an und Feedback der Schüler*innen. Letztlich soll es möglichst oft so sein wie ein Lob, das mir eine Schülerin letztes Jahr gab: "Wenn man ihren Unterricht verlässt, fühlt man sich immer ein bisschen schlauer."
Möglicherweise hört sich das noch allgemein an - wie gesagt: ab Anfang September wird es nochmal konkreter und dann werde ich auch hier darüber schreiben.
Fazit
Eine Frage möchte ich vorwegnehmen: Für mich sind die Schwerpunkte des Schuljahres im besten Fall kumulierend, will sagen: Ich möchte weiterhin Listen (und Verwaltung) ernst nehmen, weiterhin meine Stimmung im Griff haben und weiterhin relativieren. Aber der neue Fokus soll schon Priorität haben.
Nun geht die Frage an euch: Was haltet ihr grundsätzlich von der Idee? Habt ihr vielleicht auch einen Fokus? Und welcher wäre das? Ich freue mich über eure Kommentare hier oder auf Social-Media.