Dem einen oder anderen „The Voice of Germany“- Zuschauer wird Nina Kutschera noch ein Begriff sein. Die mittlerweile fast 34-Jährige Mutter von zwei Kindern hatte einen denkwürdigen Auftritt, der mittlerweile fast 400.000 Mal bei Youtube geklickt wurde und ist immer noch hauptberufliche Sängerin. Aber nicht nur so weiß die ehrenamtliche Sozialarbeitern in sozialen Brennpunkten zu überzeugen: Auf ihrem eigenen Youtube-Kanal beantwortet sie Fragen, die mehr sein sollen als Make-Up-Tutorials der Youtube-Stars. 

Nachdem wir uns auf Twitter folgten und ins Gespräch kamen, erzählte sie über Gespräche mit ihren Kindern über Social Media. An dieser Stelle konnte ich nicht wiederstehen.

Hi Nina. Erstmal vielen Dank, dass du dir Zeit nimmst. Lernst du viele neue Leute über die digitalen Medien kennen? 

Hallo zurück. Danke für deine Geduld mit mir.
Ja, absolut. Viele lustige, aber auch viele sehr seltsame Leute.

Hast du ein konkretes Beispiel? Gut oder schlecht oder beides? 

Über Youtube z.B. habe ich wirklich tolle Menschen kennengelernt.
Künstler, Musiker, kreative Allrounder.
Meine liebste Bekanntschaft ist meine beste Freundin. Diese habe ich über Youtube kennen und lieben gelernt. Wir haben uns erst eine Weile über Facebook ausgetauscht. Irgendwann stand sie einfach bei einem meiner Auftritte und meinte: Hallo. Ich bin’s.
Und sie war und ist es noch immer;)

Welche mobilen Endgeräte hast du? Auf welches könntest du am ehesten verzichten? Warum? 

Ich glaube, ich besitze alles, was man als mobiles Endgerät bezeichnen kann.
Handy, Tablet, Laptop und eine internetfähige Handheld Konsole.
Am ehesten verzichten könnte ich wohl auf das Spielgerät und das Tablet – nichts von beidem ist lebensnotwendig. Laptop und Handy hingegen sind für meinen Job mehr als wichtig.

Was ist das Internet für dich? 

Internet ist für mich natürlich in erster Linie das Tor zur Außenwelt.
Allerdings fällt mir, je mehr ich mich mit der Onlinewelt befasse, auch auf, dass es ein Pool gespickt mit Profilneurotikern und Wahnsinnigen ist.

Welche Erfahrungen machst du mit deinen Youtube-Videos?

Da ich für mich entschieden habe einen Ort zu schaffen an dem es nicht nur (wie auf Youtube leider sehr üblich) um Konsum und Style geht, mache ich sehr interessante Begegnungen mit Menschen, die sich unheimlich freuen, dass ich nicht dem 0/8/15 Youtuber entspreche der felsenfest behauptet dass Produkt XY sein Leben verändert/verbessert hat.
Vielmehr erfahre ich sehr viel Dankbarkeit dafür, dass ich versuche Werte zu vermitteln, die viel zu viele unter den Tisch fallen lassen.
In erster Linie Selbstliebe. Den Kids wird heute viel zu selten gesagt dass sie gut so sind wie sie eben sind.

Zum eigentlichen Anlass: Welche Erfahrungen machst du als Mutter mit den Möglichkeiten und Gefahren der digitalen Medien

Da ich selbst mit diesen arbeite, habe ich einen etwas anderen Einblick als die meisten Eltern. Ich glaube, dass ich genau aus diesem Grund viel stärker sanktioniere und überwache. Ich lasse mir genau zeigen WEN und WAS sich meine Tochter im Internet ansieht. Es gibt feste Zeiten zu denen sie Zugriff auf das Netz hat. Auch wenn sie in 3 Wochen 14 wird. Facebook gibt es für sie noch nicht.
Schulische Recherchen werden gesondert behandelt.
Man hat durch das Netz natürlich einen nicht messbaren Zugriff auf Wissen.
Aber eben auch einen nicht messbaren Zugriff auf Bullshit.
Und dieser Bullshit ist leider oftmals viel einfacher zu finden als das „gute“ Wissen.
Gefahren lauern im Netz an jeder Ecke.
Facebook/Youtube/Younow/Twitter/Instagram

Diese Plattformen sind für jeden zugänglich. Die Kids wollen nach einer Weile nicht mehr nur konsumieren, sondern eben auch selbst hosten.
Und sobald auch nur ein Upload der Kids getätigt ist, ist es nicht mehr nur der
Zugang zur Außenwelt sondern für die Außenwelt eben auch der Zugang ins Kinderzimmer.
Und wie gefährlich das ist haben wir schon oft genug berichtet bekommen.

Was bekommst du von deinen Kindern mit? 

Alles was hier daheim mit Internet zutun hat, beobachte ich mit Adleraugen.
Auch wenn meine Tochter eigentlich mit allem zu mir kommt.
Das Nutzungsverhalten ist bisweilen schon etwas seltsam.
Was mich allerdings immer wieder schockt, ist, dass ich selbst meine gut aufgeklärte Tochter nicht vor dem Konsumzwang durch ihre Youtubeidiole schützen kann.
Da ist das Fangirl-Gen pubertierender Mädels wohl doch zu groß.

Gibt es irgendwelche Vereinbarungen oder besondere Regeln? 

Internet erst NACH den Hausaufgaben und nicht länger als eine Stunde täglich.
Der Laptop bleibt im Wohnzimmer wenn sie ins Netz möchte. Chats nur in meiner Gegenwart. (Auch wenn ich nicht alles lese, so mache ich doch ab und an Stichproben) Es gibt auch bestimmte Youtuber die ich nicht gern in ihrem Verlauf sehe.

Was würdest du Eltern raten, die sagen, dass sie einfach keinen Durchblick mehr haben? 

Wenn man merkt, dass der Durchblick fehlt, MUSS sofort etwas passieren.
Unser Job ist es, unsere Kinder zu schützen.
Das bedeutet auch zu wissen, was die Kids tun. Da hilft manchmal die Langeweile oder Unverständnis-Faust in der Tasche zu machen und sich zeigen zu lassen, was da gerade der neuste Hype ist.

Was erwartest du von Schulen? 

Gut ausgebildete Lehrer die auf Augenhöhe erklären was geil und was ungeil ist.
Ich merke an meiner Tochter, dass sie sich mehr Gedanken über den Rat eines Lehrers macht, als über meinen 😉

Was hältst du von Lehrern, die in Blogs schreiben oder auf Twitter sind? 

Finde ich gut.
Solange keine Klarnamen fallen, finde ich auch hübsche Anekdoten höchst amüsant.

Worin siehst du zukünftig Gefahren? 

Ich denke die größte Gefahr  ist, dass die Kinder ihre Hemmschwellen bzgl. des Internets verlieren und immer mehr preisgeben.
Es muss nicht immer der Archive Mitschüler sein, der die Infos in die Hände bekommt. Es ist leider auch hier und da der Pädophile.
Wenn wir als Eltern nicht schalten, werden wir da noch viel mehr Probleme bekommen, als es uns lieb ist.

Was würdest du gerne Kindern und Jugendlichen sagen, die tagtäglich von digitalen Medien umgeben sind? 

Puh. Das ist eine Menge. Ich versuche mich kurz zu fassen.

Lebt euch aus. Seid wild und frei. Aber passt verdammt nochmal auf euch auf.
Denkt über das nach was ihr von euch gebt. Ihr könntet jemanden sehr verletzen. Achtet darauf, was ihr Fremden erzählt!

Die süße 15jährige Lisa ist nämlich gar keine süße 15jährige Lisa. Sondern eventuell der 47jährige Bernd und er trägt auch kein Skaterkleid, sondern gar nichts und steht in 15 Minuten vor eurer Tür, weil er weiß wo ihr wohnt und dass eure Eltern nicht daheim sind. Fail.
Sprecht mit euren Eltern. Egal, für wie scheiße ihr sie momentan haltet.
Zeigt ihnen was ihr macht, was ihr euch anschaut. Gebt ihnen ‘ne Chance.
Denn so zickig sie manchmal sind. Sie haben euch schrecklich lieb und wollen einfach nicht, dass euch etwas passiert.

Möchtest du noch jemanden auf Twitter grüßen? 
Haha, das ist wie früher bei den Call-In Shows bei Viva. Oder heute im Nachtprogramm mancher Radiosender.
Ich grüße @DieserDopo und  @Sandmilli @sandydynamite und die komplette @magnolianetz „Crew“ UND diesen Typen.. @legeraude oder so.

Wow, du hast ganz schön viel gefragt. Ich bin ausgefragt. Leer. Ich brauch’ nen Schnaps.
Oder auch ‘nen Kaffee.

Ich bedanken mich sehr für das offene Gespräch! 

Herzlichst gern:) Auch wenn es etwas gedauert hat.

1 Kommentar

  1. […] Nach Gesprächen mit unterschiedlichen Klassen kann ich sagen, dass die meisten Kindern und Jugendliche keinen oder wenige Menschen haben, mit denen sie über die Probleme der digitalen Welt reden können. Dies ist ein Problem, dass gelöst werden sollte. (Eine Ausnahme ist Nina Kutschera, The Voice of Germany – Teilnehmerin. Wie sie das macht, kann man hier lesen). […]

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