Es gibt diese Momente auf den Fußballplatz, da hätte man gerne ein Mikrofon, um zu hören, was die Spieler am Ende des Spiels oder während bzw. nach einer bestimmten Szene in ihre Ohren flüstern. Es ist, so könnte man vermuten, roher, rauer und ehrlicher als das, was dann glattgeschliffen vor den Mikrofonen gesagt wird. Eine ähnliche Praxis kann man unter Referenten für digitale Bildung (und wie ich schätze auch alles mögliche Andere) feststellen. Öffentlich spricht man über alles, nur nicht über Geld. 

Dabei ist die Frage nach der angemessenen Bezahlung immer wieder Thema. Es fallen oftmals Kinnladen, wenn der eine sagt, was für ihn eine “normale” Bezahlung ist und ein anderer realisiert, was er normalerweise verlangt. Und klar: Für jene Referentinnen und Referenten, die beispielsweise als Lehrer*innen nicht auf das Geld angewiesen sind, hat es immer einen etwas faden Beigeschmack, über Geld zu reden oder es gar einzufordern.

Aber das sollten wir (die Workshops und Keynotes geben) tun!

Unbezahlte Influencer

Bevor ich über angemessene Preise schwadroniere (denn auch ich traue mir die totale Transparenz nicht zu, wenngleich sie sehr einfach über meinen Blog herauszufinden ist), möchte ich zunächst über merkwürdige Praktiken sprechen, mit denen ich zunehmend konfrontiert bin.

Da bietet mir ein Unternehmen an, auf einer Unternehmenstagung über das Unternehmen zu bloggen (auf meinen Blog) und offeriert mir das einmalige Angebot, dass es ja auch nichts koste. Da werde ich angerufen, damit ich auf Unternehmensveranstaltung über das Unternehmen rede. Es wird gewünscht, dass ich dies dann auch bitte über Social-Media verbreite.

Nichts gegen die verschiedenen Praktiken, die es gibt, bezahlte oder unbezahlte, über Angebote zu sprechen oder zu schreiben, die überzeugend sind (eine völlige Commons-Kultur, bei der alles nur getauscht wird erscheint mir utopisch. Gute Angebote [und das mag Datenschutz einschließen] müssen administriert werden etc.) Aber das “Für-Dumm-Verkaufen” derjenigen, die diese Aufgaben übernehmen sollen, ist mir zutiefst zuwider.

Um es dramatisch zu sagen: Diejenigen, die sowohl theoretische als auch praktische Erfahrungen in einem jetzt gerade boomenden Bereich, nämlich der digitalen Bildung (oder wie auch immer man es nennen soll) haben, sind Influencer. Nicht mehr und nicht weniger. Natürlich nicht mit der Reichweite, von großen Influencern mit ihren Hunderttausend Followern. Aber eben im Mikro-Influencer-Bereich. Und der ist hart umkämpft. Kein Wunder: Bald regnet es durch den Digitalpakt staatliches Geld und die Unternehmen versuchen (zu Recht) ein Stück vom Kuchen abzubekommen.

Was bedeutet das? Das bedeutet, dass viel mehr von jenen, die auch als Referenten von Tagung zu Tagung ziehen, Unternehmen als Unternehmen wahrnehmen müssen. Und das bedeutet für die Unternehmen, dass sie aufhören müssen, unseriöse Angebote zu unterbreiten. Und für das Selbstverständnis der Referenten und Online-Lehrerinnen bedeutet das anzuerkennen, welche Expertise sie selbst mitbringen. Und sich nicht auf scheinbar altruistische, in Wirklichkeit aber marketingstrategische Angebote einzulassen.

Freundschaftliche Nebenverdienste

Das bedeutet freilich zwei Dinge nicht: Erstens, dass es natürlich dennoch immer möglich und wichtig ist, sich gegenseitig zu unterstützen. Auf unbezahlte Barcamps zu gehen. Zu kooperieren oder zu teilen. Und so weiter und so fort.

Und es ist auch kein Plädoyer dafür, zum gierigen Raffzahn zu mutieren. Klar, das geht auch gar nicht. Nebenverdienste im Beamtenverhältnis müssen angegeben werden, sofern sie nicht ehrenamtlich stattfinden. Es ist in erster Linie der Hinweis an all jene, die eine Expertise vorweisen können, die gerade gefragt ist, die Kompetenzen zu einem angemessenen Satz anzubieten (es sei denn, es treffen die hier angegebenen Gründe zu, es nicht zu tun).

Und es ist ein Wunsch an die Unternehmen, die mit erwachsenen Menschen zusammenarbeiten wollen, nicht so zu tun, als seien Angebote wie auf einem Podium zu sprechen oder einen Artikel zu schreiben so etwas wie ein Geschenk. Wenn es für beide Seiten passt, in Ordnung. Aber das setzt meistens eine längere Beziehung (on- oder offline) voraus.

Ach und: Bitte erstmal nicht mehr der Tür ins Haus fallen (und anrufen schon gar nicht!)

Ein angemessener Satz

Die Honorare unterscheiden sich extrem. Das hat auch schon bei mir für Verstimmungen gesorgt, als ich zwei Mal an einem – ich nenne es Event – teilnahm, für das ich so wenig Honorar bekam, dass ich gerade Fahrt und Essen bezahlen konnte. Dies aber nur, weil derjenige, der es schmiss, versicherte, extrem knapp bei Kasse zu sein. Sowas muss man unterstützen. Wenn dann jedoch klar wird, dass zur selben Zeit jemand da war, der mit den selben Qualifikationen das Siebenfache verdiente, hinterlässt es einen schalen Eindruck.

Neid ist nie ein guter Ratgeber und es ist auch fast immer falsch, Vergleiche zu ziehen, wobei: Man muss schon überlegen, was die Arbeit, die man tut, wert ist. Ich bin mir sicher, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, dies zu “errechnen”. Präzise ist dabei mit Sicherheit keine.

Folgende Faktoren spielen eine Rolle oder können eine Rolle spielen:

  • Bekanntheit/ Reichweite
    • Das kann man nun gut oder nicht gut finden, aber es spielt eben eine Rolle. Wenn jemand mit einer hohen Reichweite über ein Event schreibt, dann ist es ein Unterschied zu jemandem, der keine Online-Aktivität vorzuweisen hat.
  • Kompetenz
    • Wenn jemand was gut kann, dann sollte das honoriert werden.
  • Vorbereitung/ Durchführung/ Nachbereitung
    • Diese Posten müssten eigentlich einer nach dem anderen aufgelistet sein, denn sie sind jeder für sich Arbeitszeit. Ein einstündiger Workshop bedeutet je nachdem eine Arbeitszeit von 5 Stunden. Wenn derjenige sich die Mühe macht, aktuelle Entwicklungen einzubeziehen oder danach zu bloggen, ist das ein Gesamtpaket, dass mit ein Steuerabzug bei so manchen Angeboten unter dem Mindestlohn landen würde.
  • Fahrtzeit
    • Es ist schon klar, dass diejenigen, die auf Tagungen einladen, einen nicht für das Fahren bezahlen. Aber das ist so gut wie tote Zeit. In der isst man und trinkt man und das tut man im Übrigen auch während den Veranstaltungen, wenn diese wenig oder nichts bereit stellen. Das bedeutet, dass man im schlechtesten Fall das Geld, das man bekommt, nicht nur auf die Stunden aufteilen muss, sondern sich davon ernährt.
  • Familienzeit
    • Und nun zu einem Punkt, der für mich persönlich wichtig ist: Wenn ich für eine Tagung sehr lange unterwegs bin, dann muss ich das vor meiner Familie rechtfertigen können (den Arbeitgeber lassen wir mal weg und tun so, als würde sich jede Tagung in den Ferien abspielen). Wenn ich mitsamt Fahrt drei Tage weg bin, kann ich das nicht mit 150€ rechtfertigen. Mit 300€ übrigens auch nicht. Und eigentlich, klar, ist das sowieso kein Kriterium für einen Tausch. Aber ihr versteht mich, oder?

Zeitlicher Umfang

An dieser Stelle noch einige Worte zum zeitlichen Umfang, da die Diskussionen gezeigt haben, dass Unklarheit darüber besteht, was ein Paket, an dessen Ende ein Vortrag oder eine Keynote steht, eigentlich beinhalten.

  • Vorbesprechung: Die Besprechung darüber, welches Thema gefordert wird und wie dieses umgesetzt wird (auch über Mailkontakt kann das eine halbe Stunde Zeit beanspruchen).
  • Erstellung einer Struktur: Auch wenn dies unterschiedlich gehandhabt wird, verlangen viele, dass man entweder eine Struktur oder eine Beschreibung des Angebots einreicht. Das kann eine halbe Stunde, aber auch zwei Stunden dauern, je nachdem, welches Thema besprochen werden soll. Den Mailkontakt, in der Rückfragen gestellt werden, lasse ich einmal aus.
  • Konzeption der Rede oder des Workshops: Die eigentliche Arbeit also. Wenn man davon ausgehen kann, das gute Workshopleiter und Keynotespeaker nicht jedes Mal dasselbe sagen, geht es hierbei darum
    • Das Thema auszuformulieren
    • Recherchen dazu durchzuführen
    • Die Thesen zu präzisieren
    • Die Übergänge zu überlegen
    • Die Folien zu erstellen

Den Arbeitsaufwand zu schätzen, ist schwierig. Aber wir reden hier von einer Zeit zwischen 3 und 5, in manchen Fällen auch mehr Stunden.

  • Konzeption eines oder mehrerer Take-Aways: Viele Workshopleiter (darunter auch ich) geben den Teilnehmenden ein Take-Away an die Hand. Das kann ein (ausgedrucktes) Handout sein, mit dem sich viele noch sicherer fühlen, oder eben ein Blogbeitrag (bei mir persönlich ist es oftmals beides, wobei in den Blogbeitrag noch das Handout als PDF implementiert wird).

Auch hier ist der Arbeitsaufwand selbstverständlich unterschiedlich. Wir reden von einer Zeit zwischen einer und zwei Stunden.

  • Proben der Rede: Natürlich mag es Menschen geben, die sehr gute Reden einfach aus dem Ärmel schütteln. Normalerweise übt man eine Rede aber (und auch die Instruktionen zu Workshops können und sollten ab und an geübt werden). Der Arbeitsaufwand beträgt etwa die Zeit der Keynote (oft etwas knapper) mal die Wiederholungen. Nehmen wir als Richtwert etwa 2 Stunden.
  • Reisen: Man mag sich darüber streiten, ob das Reisen Teil des eigentlichen Vortrags ist. Ich meine: Ja! Wenn jemand angefordert wird, bedeutet das, dass die Auftraggeber diesen Speaker haben wollen. Das bedeutet nicht, dass man sich das Reisen nach dem Satz zahlen lassen müsste, der auch für den Vortrag veranschlagt ist. Aber es bedeutet eben, dass es eine Rolle spielt/ spielen muss.
  • Vorbereitung und Nachbereitung: Diese beiden Punkte sind abgekoppelt von der Nachbereitung zu sehen, die schon angesprochen worden ist. Es geht schlicht darum, dass noch einiges organisatorisches zu klären, aufzubauen und vorzubereiten ist. Auch das ist Arbeitszeit, denn man kann schlecht während dieser Zeit etwas anderes machen. Zu der Nachbereitung mag noch kommen, dass die Rechnung gestellt, E-Mails geschrieben und Fragen geklärt werden müssen. Arbeitsaufwand, auch hier geschätzt, etwa eine Stunde.

Insgesamt kommen wir, wenn wir sehr, sehr vorsichtig rechnen, auf etwa 8-10 Stunden (wobei hier die Fahrtzeit noch nicht eingerechnet ist). Dabei ist die Bereitstellung einer Übernachtungsmöglichkeit selbstverständlich.

Mein Verdienst

An dieser Stelle eine Veränderung. Da vielfach gefragt worden ist, was ich denn nun für ein Honorar nehme und diejenigen, die dies taten, wohl nicht recherchieren konnten oder wollten, hier nun eine Auflösung: In einem Kontext wie oben, würde sich mein Honorar auf 50€ die Stunde berechnen. Allerdings kann auch dies variieren, was natürlich sehr individuell mit Anfahrt und besonderen Wünschen zusammenhängt.

Noch nie ist es mir passiert, dass jemand die Preispolitik, die ich aus den oben angegebenen Aspekten zusammensetzt, für unverschämt hielt. Warum auch? Die meisten wissen, dass ihre ersten Versuche völlig daneben sind. Aber versuchen kann man es mal. Deshalb ist dies auch ein Plädoyer für, die nun diesen Artikel lesen und überhaupt keine Orientierungspunkte haben, mit breiter Brust zu verhandeln. Man muss nicht jedes Angebot annehmen.

Fazit

Bei diesem Thema, bei dem meine vier schreibenden Finger gerade fast das Adjektiv “heikel” in die Tastatur gepresst hätten, bin ich mir unsicher, was passiert. Wird dies als transparenter Redebeitrag wahrgenommen? Als verräterische Offenlegung? Als interessanter Diskussionsbeisatz?

Helft mir dabei, dies besser einordnen zu können. Ich bin gespannt auf eure Meinungen und Erfahrungen.

P.S. Es ist schon sehr interessant zu sehen, wer sich über die Transparenz echauffiert. Meistens eben jene, die sehr gut davon leben, eine Preispolitik zu fahren, die von massiven Unterschieden lebt. Insofern: Lasst euch nicht über den Tisch ziehen.

 

4 Kommentare

  1. Ein wichtiger Beitrag, der ruhig noch einen Schritt weiter im Sinne von konkreter gehen dürfte. Aber ich kann die Situation gut nachvollziehen und auch Deine wahrscheinlichen Beweggründe.

    Ich möchte auf einen Aspekt hinweisen, den Du eingangs andeutest: das Influencertum. Denn offenbar begegnen uns zunehmend Veranstaltungen mit kommerziellen Interessen oder Hintegründen, wie Du ja auch andeutest. Das bedeutet, der/die BeamtIn hält da keinen Vortrag zur Pflege eines Schrebergarten, zu den besten Wanderrouten in den Alpen (nach mehrjähriger Sommerferienerprobung) oder sonst einem “unverfänglichen Thema. Sondern es handelt sich um eine Thematik, bei der ein “Bezug auf das Amt” erkennbar ist. Wenn z.B. ein Lehrer einen Vortrag zum Einsatz eines bestimmten Tools im Rahmen der Digitalisierung hält, auf dieses im Vortrag verweist oder sonstiges. Wenn dann auch bei der Anlage der Veranstaltung und seitens des Auftraggebers erkennbar wird, dass es eben um genau dieses Influencertum geht – der Lehrer also qua Amt als Lehrer zum angefragten Referenten wird und nicht, weil er ein spannendes Hobby abseits des Berufs hat – wird es schwierig.

    Denn dann greift aus meiner Sicht recht schnell LBG §62,Abs. 2, Punkt 2: “Die Genehmigung ist zu versagen, wenn zu besorgen ist, dass durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Ein solcher Versagungsgrund liegt insbesondere vor, wenn die Nebentätigkeit die Unparteilichkeit oder Unbefangenheit der Beamtin oder des Beamten beeinflussen kann.” Oft wird seitens der Länder in den entsprechenden Verordnungen auch darauf verwiesen, dass bereits der Anschein zu vermeiden sei, dass die Unabhängigkeit beeinträchtigt wird. Will heißen, wenn jemand von außen draufschaut – z.B. als Eltern – und feststellt, dass der Lehrer ihrer Tochter für bestimmte Produkte eintritt, bestimmte Firmen unterstützt – oder eben bereits der Anschein dessen entstehen könnte.

    Ich denke, dass auch dies die Transparenz in diesem fehlt für manche so schwierig macht – leider. Andererseits zeigt die Geheimniskrämerei, wie stark – und aus meiner Sicht problematisch – der Influencer-Faktor qua Amt ist. Wäre dieser also draußen – da die LehrerInnen über Dinge referieren, die nichts mit dem Amt zu tun hätten – würde sich dieser von Dir problematisierte Aspekt auch deutlich weniger zeigen. Und einen Schritt zurücktretend würde ich zu dem Schluss kommen, dass es ziemlich problematisch ist mit erkennbaren Bezug auf das Amt in kommerzialisierte Nebentätigkeiten mit Influencerfaktor zu gehen.
    Vorträge an Unis, Schulen, staatlichen Einrichtungen – z.B. im Rahmen der Lehreraus- und Fortbildung – sind wieder etwas anderes, da da seitens der Einrichtungen klare, festgelegte, transparente Honorarsätze gelten.

  2. Was bei als Referenten arbeitenden Lehrkräften oft hinzukommt: V.a. als Beamter ist man nicht gewohnt, über Honorare zu verhandeln, oder begründen zu müssen, “was man wert ist”.

    Das Thema Steuerabzug könntest du deutlicher hervorstellen, hier hat dein (gelungener) Artikel eine Unwucht finde ich: schon klar, dass mancher Hobbyreferent, der das eher aus beförderungsrelevanten Überlegungen macht und eh unter den 3.000€ Übungsleiterfreibetrag landet, dies nicht bedenken muss oder sich steuerlich nicht so viele Gedanken macht. Aber sobald eine gewisse Qualität / Reichweite vorliegt, und ggf. noch die Kleinunternehmerregelung nicht mehr ausreicht, schlägt der Fiskus schnell mit über 40% zu. Von daher ist eine Stunde Vor- oder Nachbereitung natürlich von Bedeutung, dass aber nur gut die Hälfte nach Steuern übrig bleibt ist meiner Meinung das Haupt- und kein kleines Argument.

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