Der unermüdliche Lehrer Dejan Mihajlović hat in einem Zumpad die Frage gestellt, was man unternehmen könnte, damit Lehrer die Vorteile von Microblogging nutzen. Auch ich habe meine Meinung dort hinein geschrieben. Sie lautete

Habe diesbezüglich aufgegeben. Klingt resigniert, ist es auch.

Diese kleine Artikel dient nur als Erklärung, warum ich denke, dass die Community (oder jene, die sich in den Sphären bewegen) bei ihrem Enthusiasmus oft vergessen, wie manche (die meisten) Kollegen ticken. Nicht dass wir uns falsch verstehen: Ich finde Dejans Anliegen super und natürlich versuche ich auch immer wieder, Lehrer dazu zu bewegen, zu bloggen oder auf Social Media zu kommen.

Ich erklärte, warum Lehrer twittern sollen, dass nun alle Referendare und generell alle Lehrer auf Social Media sollen.

Seitdem, also seit ungefähr vier Jahren, hat sich auch einiges getan (und Leute wie Philippe Wampfler und Lisa Rosa, die mal einen sehr resignierten Artikel darüber schrieb, wie die Entwicklung in Deutschland stagniert, können mit Sicherheit noch mehr dazu sagen).

Aber viele interessiert es einfach nicht. Die alles entscheidende Frage ist:

Warum sollte es auch?

Was diejenigen, die auf Twitter sind, Blogs haben und über Bildung interessieren, eint, ist, dass es für sie gleichzeitig ein Hobby ist. Muss es auch sein, denn dass digitale Medien und der Diskurs Zeit geben anstatt nehmen würde, ist ein Gerücht.

Mit anderen Worten: Man muss das wollen. Aber warum sollte man wollen? Ein weiterer Grund, den alle gemeinsam haben, ist, dass wir alle Idealisten, altruistische Selbstdarsteller oder Kämpfer für einen höheren Zweck sind.

Wir wollen twittern und uns Impulse holen, weil wir keine Lust haben, immer dasselbe zu tun. Wir wollen bloggen, was wir in der Schule gemacht haben, weil wir denken, damit anderen zu helfen. Wir wollen über Bildung schreiben, weil uns das große Ganze interessiert. Wir wollen gemeinschaftlich arbeiten, wir finden es gut, dass Fragen beantwortet werden, von denen wir zuvor nicht wussten, dass es sie überhaupt gibt. Wir diskutieren gerne.

Und wir denken, dass das Internet nicht wieder weggeht und Teil des Lebens ist.

Und das sollen die anderen auch wollen?

Lehrer, die froh sind, endlich immer dasselbe zu tun, die dafür reichlich entlohnt werden, die sich daran gewöhnt haben, dass sie tatsächlich nur vormittags arbeiten, die sich eingenistet haben. Denen will man mit Vorteilen kommen? Welche Vorteile?

Das ist, als wenn man mit die Vorteile erklärt, jeden zweiten Tag zu joggen. Verstehe ich schon, ist mir aber zu anstrengend.

Ist das also die totale Resignation?

Nein, ist sie nicht. Es ist die Erinnerung daran, dass man viele nicht mit Vorteilen kriegt. Sondern mit Zwang.

Klingt resigniert, ist es auch.

7 Kommentare

  1. Die Überschrift des Textes (“Lehrer zu Social Media überreden”) enthält im Kern schon die Anleitung zum Scheitern des Vorhabens.

    Denn während “überzeugen” meint, jemandem gute Gründe dafür zu liefern, X zu tun oder zu lassen, bedeutet “überreden” zumeist auch, dass man jemanden dazu bringt, X zu tun, obwohl er es eigentlich gar nicht will.

    “Ich habe ihn davon überzeugt, sich morgen bei Twitter anzumelden” bedeutet also etwas völlig anderes als “Ich habe ihn dazu überredet, sich morgen bei Twitter anzumelden.”

    Überreden führt (auf beiden Seiten) zu nichts bzw. zu Frustration. Überzeugen hingegen kann gelingen.

    • Das stimmt. Das konnotierte Scheitern dieses Ansatzes war genauso beabsichtigt. Aus diesem Grund versuche ich die Probleme dieses Ansatzes zu erklären…

  2. In Sachen “überreden” versus “überzeugen” bin ich dezidiert anderer Meinung. Wir sollten uns so schnell wie möglich davon lösen, dass LehrerInnen von der digitalen (oder zeitgemässen oder wie man sie immer nennen will) Bildung überzeugt und/oder überredet werden könnten. Wollen wir das Digitale in der Schule, gehört es zum verpflichtenden Stoff wie jedes andere Lernziel auch. Bedeutet, dass die LehrerInnen verpflichtet sind, das Digitale zu lehren (ich weiss um die Problematik dieses Tunworts). Ich nenne dieses Digitale seit Jahren “Lernen unterwegs”. Bedeutet das orts- und zeitunabhängige Lernen. Bedeutet, dass ich, allein mit meinem Smartphone, wo und mit wem was auch immer lernen, produzieren, teilen oder was auch immer kann.
    Setzt voraus, dass die LehrerInnen digital gründlich ausgebildet sind – ob sie dies wollen oder nicht.

    • >Setzt voraus, dass die LehrerInnen digital gründlich ausgebildet sind – ob sie dies wollen oder nicht.

      Sehe ich auch so wie Beat. Weder überreden noch überzeugen, sondern: verlangen. Von oben. (Allerdings für mich mehr mit Schwerpunkt Informatik als Das Digitale oder Lernen unterwegs.)

  3. Ich finde diese Haltung, die sich in der Edu-Sphäre der digitalen Welt bisweilen zeigt, in ihrer Totalitarität schwierig.

    Ich bin ganz bei Herrn Rau, was einen größeren Fokus auf das Informatorische angeht (das andere aber nicht zu vergessen) und bei Axel Krommer, dass das Überreden nichts hilft. Und auch das Überzeugen dürfte so viel Zeit in Anspruch nehmen, dass wir noch bis ins nächste Jahrhundert warten könnten. Darum bin ich auch bei Beat: Das Nutzen digitaler Werkzeuge und die gedankliche Modellierung digitaler Prozesse für Bildung muss schon in der Ausbildung erfolgen und verlangt werden. So weit bin ich mit im Boot.

    Aber warum sollte ich jemanden überreden / überzeugen wollen, sich dem Micro-Bloggen oder auch dem „echten“ Bloggen zuzuwenden? Ich twittere und blogge in meiner Freizeit – warum und mit welchen guten Gründen sollte ich andere dazu bringen wollen, ihre Freizeit so zu gestalten wie ich? Bob spricht es ja an: Joggen ist gesundheitsförderlich, aber wer unter uns medienaffinen Besserwissern joggt denn regelmäßig in seiner Freizeit (und entlastet die Kosten der Krankenkassen, was ja auch ein nicht zu verachtender Dienst an der Allgemeinheit ist)? Ein niedrigerer Krankenstand an Schulen wäre ein erstrebenswertes Ziel. Wir könnten dann auch gleich bei Ernährung, Trinken oder Rauchen weitermachen. Kolleginnen und Kollegen top-down ihre Freizeitgestaltung zu oktroyieren, das erwarte ich vielleicht in China, aber nicht in der Bundesrepublik.

    Sollten Reflexion, Austausch und Kollaboration im digitalen Raum von allen Beteiligten (es sind ja nicht nur die Lehrer an Schulen – Stichwort: multiprofessionelle Teams) auch im institutionellen Rahmen Schule gewünscht sein, bin ich dabei: Da kann und sollte man Druck ausüben. Allerdings müssten sich dann auch die Institutionen sich auf den Weg machen und unter digitalen Bedingungen ausbilden, Infrastruktur bereitstellen, Regeln aufstellen und die Vorteile erlebbar machen.

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