Skulptur in Offenburg, Platz der Verfassungsfreunde

Skulptur in Offenburg, Platz der Verfassungsfreunde

Diese Zusammenstellung von Informationen zu den Epochen der deutschen Literatur von der Aufklärung bis zur Neuen Sachlichkeit umfasst den im Abitur geforderten Zeitraum, innerhalb dem die Gedichtinterpretation gesetzt wird. Er wurde von den Schülern des Kurses 2016/17 erstellt.

Anmerkung: Wie immer sind Schaubilder dieser Art vor allem dann für das eigene Lernen geeignet, wenn man schon selbst über die jeweiligen Themen gelesen hat. Wenn die Übersichten das Einzige sind, was man zu dem Thema lies, bleibt es Stückwert. Außerdem sind die Angaben ohne Gewähr.

Hier geht es zu Arbeitsblättern zur selbstständigen Erarbeitung in Gruppenarbeit.

Inhaltsverzeichnis

Aufklärung

Sturm und Drang

Weimarer Klassik

Frührealismus

Bürgerlicher Realismus

Naturalismus

Expressionismus

Neue Sachlichkeit

Aufklärung 1720-1800

Entstehung der Aufklärung
-Ende des Dreißigjährigen Krieges -> Territorialfürsten organisierten die Aufbauarbeit, bauten ihre Macht aus -> Absolutismus (Staatsform, bei der ein Einzelner unbeschränkte Macht ausübt : „L´etat c´est moi“
=>Herrscher wollte ihre Macht durch Bauwerke demonstrieren ->Verbesserung in Handel und Produktion, Merkantilismus (Förderung von Außenhandel und Industrie)
=>aufgrund Unzufriedenheit des Absolutismus forderten Menschen Freiheit, Demokratie
=>neues Denken aus Frankreich ( Diderot, D´Alembert)
=>Philosophie, Wissenschaft: Erfahrung (Empirismus-> John Locke), Verstand( Rationalismus -> Rene Descartes)
-Wertvorstellung des Menschen änderte sich: Menschen wurden als vernunftbegabte Menschen definiert, die sich lediglich durch ihren Verstand, Bildung unterscheiden
-Zentrum: Individuum (bürgerliche Aufassung)
=> Empfindungsfähigkeit (Ursprung=religiös)

Entwicklungstendenzen in der Literatur
-Literatur soll unterhalten (Hauptaufgabe an Höfen), Literatur soll lehren (vornehmste Aufgabe bei der Bildung des Individuums)
-Literatur soll nachempfinden eines fremden Schicksals ermöglichen: Lessings „Mitleidstheorie“ => Publikum des bürgerlichen Trauerspiels leidet mit; Lessings „Emilia Galotti“ =>wichtigste literarische Neuerung der Zeit; bürgerliche Weltauffassung im Mittelpunkt; Konflikt zwischen Adel und Hof einerseits, Bürgertum andererseits
-einfache, vorwiegende, belehrende Form: Parabel
-komplexe, Verstand ansprechende Formen: Parabeln, Dramen

Wichtige literarische Formen
Literarische Form
Werk
Trauerspiel
Lessing: „Emilia Galotti“(1772)
Fabeln
C.F. Gellert: „Fabeln und Erzählungen“,
Parabeln
Lessing: „Ringparabel – Nathan der Weise“ (1779)
Dramen
Lessing: „Nathan der Weise“ (1779)
Gedichte
Matthias Claudius: „Motett“ (1782), „Die Liebe“ (1797)

Merkmale
Merkmal
Beispiel
Freiheitsgedanke
Matthias Claudius: Die Liebe
„Die Liebe hemmet nichts; sie kennt nicht Tür noch Riegel
Und dringt durch alles sich;“
=>Freiheit der Liebe, Liebe ist unberechenbar
Georg Christoph Lichtenberg: Aus den „Sudelbüchern“ (1765-1799) – Aphorismen
„Lasst euch euer Ich nicht stehlen, das euch Gott gegeben hat, nichts vordenken und nichts vormeinen, aber untersucht euch auch erst selbst recht und widersprecht nicht aus Neuerungssucht.“ ; „Seine Zweifel zu sagen, ist einem frei geborenen Menschen erlaubt; er darf mit seinen Meinungen handeln…“ => selbstständig denken, beobachten; Meinung darf offen und frei mitgeteilt werden => Meinungsfreiheit
Empfindsamkeit
Matthias Claudius: Die Liebe
„Sie (die Liebe) ist ohn Anbeginn, schlug ewig ihre Flügel; Und schlägt sie ewiglich.“
Matthias Claudius: Motett (1782)
„Der Mensch lebt und bestehet
Nur eine kleine Zeit,
Und alle Welt vergehet
Mit ihrer Herrlichkeit.
Es ist nur Einer ewig und an allen Enden,
Und wir in seinen Händen.“
Konflikt zwischen Adel und Hof, Bürgertum
Lessing: Emilia Galotti (1772)
Kritik am Individuum
Immanuel Kant: Kritik der praktischen Vernunft (1778) – der kategorische Imperativ
„Handle stets so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte.“
=>Handele nach den Gesetzen, die du dir für eine bessere Gesellschaft vorstellst
Vernunft, Humanität
Georg Christoph Lichtenberg: Aus den „Sudelbüchern“ (1765-1799)- Aphorismen
„Sogar aus Hunden lässt sich etwas machen, wenn man sie recht erzieht; man muss sie nur nicht mit vernünftigen Leuten, sondern mit Kindern umgehen lassen, so werden sie menschlich. Dieses ist eine Bestätigung von meinem Satz, dass man Kinder immer zu Leuten halten müsse, die nur um ein Weniges weiser sind als sie selbst.“ => Erziehung = Vernunft wird in Stufen aufgebaut

Wichtigsten Autoren und ihre Werke
Autor
Werk
Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781)
Hamburgische Dramaturgie (1767-1769), Minna von Barnhelm (1767), Emilia Galotti (1772), Nathan der Weise (1779)
Johann Christoph Gottsched (1700-1766)
Sterbender Cato (1732)
Christian Fürchtegott Gellert (1715-1769)
Fabeln und Erzählungen (1746/1748)
Friedrich Nicolai (1733-1811)
Die Freuden des jungen Werthers (1775)
Christoph Martin Wieland (1733-1813)
Die Abderiten (1774/1780)
Immanuel Kant (1724-1804)
Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? (1784)

Sturm und Drang 1765-1785

Allgemein:

Empfindsamkeit 1740-1780
Sturm und Drang 1765-1785
→ Überschneiden sich
→ Sturm und Drang Epoche
innerhalb der Empfindsamkeit
→ Ähnliche Merkmale
Geschichtlicher Kontext:
⋅ Wiederaufbau nach dem 30 jährigen Krieg
⋅ Zeit des Absolutismus und vor der franz. Revolution
⋅ Auflehnung des Bürgertums/Volkes gegen den Absolutismus, Adlige und Kirche
⋅ Forderung von (Menschen)-rechten und Mitsprache

Empfindsamkeit:
⋅ Name durch Lessing
⋅ Wichtige Autoren und Werke: Sophia v. la Roche, Geschichte vom Fräulein vom
Sternheim
Friedrich Gottlieb Klopstock, Der Messias
Matthias Claudius, Der Wandsbecker Bote
⋅ Sprache: gefühlsvolle, ausschmückende Adjektive und Verben
metaphorische Ausdrücke wie: „ Meer der Gefühle“, „Mutter Natur“

Besondere Merkmale:
⋅ Gegenüberstellung von Gefühl und Verstand
⋅ Gefühle der Nächstenliebe (Trauer, Naturliebe, Freundschaft)
⋅ Typische literarische Formen sind Gedichte, Briefromane, Epen
⋅ Typische Stilmittel Ellipsen und Apostrophen/Ausrufe ( „Oh“, „Ach“)

Sturm und Drang:
⋅ Name durch Klingers Werk „Sturm und Drang“ (1776)
⋅ Wichtige Autoren und Werke: Johann Wolfgang Goethe, Götz von Berlichingen
Johann Wolfgang Goethe, Prometheus
Friedrich Schiller, Die Räuber
Jakob Michael Reinhold Lenz, Der Hofmeister
⋅ Sprache: ausschmückende Adjektive und Verben
Euphorie, hektische Sprache und Form
Impulsiver, übertriebener Ausdruck der Gefühle

Besondere Merkmale:

⋅ Geniegedanke:
– Hält sich an eigene instinktive Regeln
– Auflehnung gegen Autorität, Dogmatismus* (, Absolutismus)
– Auflehnung gegen vorgegebene oder persönliche Gottheiten
– Natur als Projektionsfläche der eigenen Gefühle
– Subjektivität der Gefühle
⋅ Naturenthusiasmus:
– Mensch als Kind der Natur
– Natur als ursprüngliche Kraft
– Leben nach und in der Natur ist Tugend
– Pantheismus (die Natur als Ausdruck des Göttlichen)
– Verehrung von Natur und Unbändigem

⋅ Liebes- und Freundschaftskult:
– Liebe und Freundschaft ist das Größten
– Wird nicht kritisch betrachtet
– Übertriebene Verehrung der Freundschaft, bzw. Liebe

⋅ Gefühlsbetonter Patriotismus:
– Gefühlsbetonte Hingabe zur Empfindsamkeit
– Liebe zur Heimat
– Abneigung gegenüber alter Normen (höfsches/französisches Wesen)

⋅ Freiheitspathos:
– Verehrung der Freiheit
– Feierliche Ergriffenheit von Freiheit
– Freiheitsdrang (oft übertrieben)

Belege an Gedichten

Maifest, Goethe: 1771
Geniegedanke: Natur als Projektionsfläche der subjektiven Gefühl ( V. 13-16)
Geniegedanke/ Patriotismus: Abneigung der Normen, indem man sich der Liebe hingibt (Strophe 8)
Naturenthusiasmus: Pantheismus (V. 17f)
Euphorische Stimmung in Form von Ausrufen (Strophe 1 und 3) und positiven, bzw. ausschmückenden Adjektiven und Verben (Strophe 1)
Natur als ursprüngliche Kraft des Lebens (Strophe 5)
Liebes- und Freundschaftskult: Ausrufe als Ausdruck der überschwänglichen Liebe (V. 21f)
Enjambements und Inversionen drücken Verliebtheit des Lyrischen-Ichs aus (V. 5, 6)
Vorwärtsdrängender zweihebiger Jambus (Strophe 1)

Prometheus, Goethe: 1774
Geniegedanke: Rebellion gegen Dogmatismus (Strophe 2)
Auflehnung/Ablehnung gegen die Götter (Strophe 5, V. 57f) zeigt sich auch durch Häufung von vorwurfsvollen rhetorische Fragen (Strophe 4 und 5)
Impulsiver, übertriebener Ausdruck der Gefühle zeigt durch Wortwahl (V. 38 bis 46)
Inversionen und Enjambements zeigen überschwappen der Gefühle, Kontrollverlust (V. 5 bis 12)
Freiheitspathos: Loslösung vom vorgegeben Glauben hin zur (Glaubens-) Freiheit (Strophe 1)
Impulsiver, übertriebener Ausdruck der Gefühle gezeigt durch Wortwahl (V. 38 bis 46)

Auf dem See, Goethe: 1789
Geniegedanke/Naturenthusiasmus: Mensch als Kind der Natur (V.1 bis 4)
Natur als lebensgebende Kraft (Strophe 1)
Natur als Projektionsfläche der offen dargelegten Gefühle (V.13 bis 16)
Freiheitspathos: Motiv des Segelns lässt auf Freiheitsdrang schließen (V. 6 und 13ff)

Weimarer Klassik 1786-1805

Zwei der bedeutendsten deutschen Künstler, nämlich Goethe und Schiller, haben zur Zeit der Weimarer Klassik gewirkt. Doch was macht die Weimarer Klassik, trotz der kurzen Zeit, im Vergleich zu anderen Epochen so sehr anders?
1. Geschichte:
• Französiche Revolution hatte weitreichende Folgen in ganz Europa:
o Kriege zw. den europäischen Monarchien
o Werdegang und Krönung Napoleons
o Territoriale und politische Neuordnung durch Napoleon
o Zuerst war der Glaube an die Revolution unter deutschen Bürgern vorhanden, verschwand aber nach Hinrichtung des ehemaligen franz. Königs Ludwig XVI. und dem „Grand Terreur“ unter Robespierre
• Förderung der Künste in Weimar am „Musenhof“
• Durch das Zusammenspiel von Goethe, Herder, Wieland und später auch Schiller entwickelte sich Weimar zu einer kulturell wichtigen Stadt, die auf Intellektuelle aus ganz Europa eine hohe Attraktivität ausstrahlte
• 1794 lernten sich Goethe und Schiller näher kennen Zusammenarbeit und Freundschaft
• Schiller war anfangs der Franz. Revolution positiv, später genauso wie Goethe eher skeptisch gesinnt
• Goethe und Schiller hielten die deutsche Bevölkerung für nicht bereit derart weitreichende Veränderungen umzusetzen
• Stattdessen versuchten sie den Menschen in seinem Denken voranzubringen an eine auf Freiheit und Gleichberechtigung aufbauende Ordnung gewöhnen
• Antikenbegeisterung unter vielen Intellektuellen zu dieser Zeit; bei Goethe besonders ausgeprägt durch eine Italienreise um 1786 herum
• antike Kunst und Bauwerke hatten eine prägende Wirkung auf Goethe, dessen künstlerisches und wissenschaftliches Bewusstsein sich dadurch verändert hat
• teilweise passten Goethe und Schiller alte Texte an die literarischen Merkmale der Weimarer Klassik an („Iphigenie“, Goethe; „Egmont“, Goethe; „Don Karlos“, Schiller)
2. Abweichung der Weimarer Klassik zum internationalen Verständnis von Klassik:
2.1. Klassik in anderen Ländern:
• Die Klassik wird in anderen Ländern lediglich als ein Zeitraum gesehen, in dem viele herausragende Werke veröffentlicht wurden, die eine wichtige kulturelle Rolle für das jeweilige Land spielen, allerdings findet diese „Form“ der Klassik nicht überall zur gleichen Zeit statt.
2.2. Klassik in Deutschland/Weimarer Klassik:
• Nur eine sehr kurze Zeitspanne im Ausland nicht als eigene Epoche angesehen Werke aus Deutschland zu der Zeit wurden entweder der Romantik oder der Aufklärung zugeordnet

3. Ideen der Weimarer Klassik:
• Weimarer Klassik ist der Aufklärung sehr ähnlich, übernimmt auch Teile ebenjener, verfolgt aber zusätzlich das Ziel der Harmonie als Ganzes.
• Bewahrung des Schönen und Guten
• Entwicklung von Tugenden der Menschen
• Harmonie ist das Hauptziel
• Idealisierung
• Schönheit wird als Mischung vom Sinnlichen und der Triebe angesehen (stellt Harmonie zwischen beiden her)

4. Literarische Merkmale:
• neues an die Antike angelehnte Kunst- und Menschenbild Abwenden vom „Gefühlskult“ aus der Epoche des Sturm und Drangs, der Naturschwärmerei und der Verehrung von Genies und Rebellen
• metrisch regelmäßig gebundene, kunstvoll durchformten Verssprache
• man wollte Schönheit durch Ordnung und Maß erreichen durch diese Schönheit sollen Menschen zum Wahren und Guten geführt, sie sollten in der Lage sein, höhere Gedanken zu formen und im Charakter gestärkt werden

5. Glossar:
• Menschenbild von Goethe und Schiller: durch Ausbildung von Vernunft, Selbstkontrolle und sittlicher Läuterung, entsteht eine gebildete, sowie menschliche Kräfte und Fähigkeiten in Einklang bringende (Harmonie!) Persönlichkeit. (basiert auf antiker Philosophie)
• Idealisierung: Idealisierung ist einmal Einzelerscheinungen aus der Wirklichkeit so darzustellen, sodass der Beobachter/Leser in der Lage ist die allgemeine Idee dahinter zu erkennen. Andererseits soll der Künstler es schaffen seine allgemeine Idee hinter seinem Werk durch seine Darstellung sinnlich erfahrbar zu machen Unser Deutschbuch nennt das die „ästhetische Durchformung der Wirklichkeit“
• Antikenbegeisterung: Erfahrungen mit der Kunst und den Bauwerken der Antike führten unter anderen auch bei Schiller und Goethe zu Gefühlen wie „Erhabenheit“ und „Allgültigkeit und veränderten deren künstlerisches und wissenschaftliches Bewusstsein. Auch das oben bereits erwähnte Menschenbild Goethe und Schillers basiert auf antik philosophischen Vorstellungen.

Frührealismus 1815-1848

1. Zeitliche Einordnung
– 1815-1848
– Unterteilt in das junge Deutschland und den Vormärz
– Überschneidungen mit Romantik
– Nach Weimarer Klassik
– Vor dem poetischen Realismus

2. Historischer Hintergrund
– 1815: Wiener Kongress→ Neuordnung Europas
– Zeit ist geprägt von Interessenkonflikt zwischen den deutschen Fürsten und dem jungen Deutschland (Studenten & Professoren)
– Ziele: 1. deutsche Fürsten: Restauration
2. junge Deutsche: Freiheit und politische Einheit
– Burschenschaften wurden gegründet
– Karlsbader Beschlüsse 1819→ Verbot der Burschenschaften & Pressezensur
– Zollverein→ Abschaffung der Zollschranken→ wirtschaftliche Einheit
– Enttäuschung der unerfüllten Hoffnungen des jungen Deutschlands→ Märzrevolution 1848

3. Merkmale
– Literatur wird politisch: Dichter kritisieren den Staat in ihren Werken
→ Pressezensur: Gedichte durften keine Kritik an den Adel verüben
→ Dichter versuchten Verbot zu umgehen
→ Konsequenz: Verbot für manche Autoren und Gedichte
– Werke werden als „Instrument des Kampfes“ verstanden
– starke Ablehnung gegen Romantik und Klassik, Lyrik gewinnt an Aufmerksamkeit
4. Werke und Autoren
– Eduard Mörike: Schön-Rohtraut (1838) ; (Deutschbuch Seite 303)
– Heinrich Heine: Die schlesischen Weber (1844)
– Georg Büchner: Dantons Tod (1835)

5. Schwierige Begriffe:
– Burschenschaften: Zusammenschluss von Studenten, mit politischen Interessen und Zielen (deutsche Einheit, demokratische Verfassung und Freiheit)
– Restauration: Wiederherstellung einer früheren Gesellschaft
– Junges Deutschland: Studenten,Professoren und einige Dichter

Bürgerlicher Realismus 1850-1890

Geschichtlicher Hintergrund:
– Umbruch der Gesellschaft
– fortschreitende Industrialisierung => Veränderung des Alltags
– Zusammenleben in Städten
– Enttäuschung durch gescheiterte Märzrevolution (1848)

Inhaltliche Kennzeichen:
Realismus grenzt sich klar von z.B. der Romantik oder der Klassik ab, da diese zum Idealismus zu verordnen sind, das bedeutet bspw. , dass sie Situationen bzw. Gegebenheiten beschönigen und sie nicht so darstellen, wie sie in der Wirklichkeit sind. Der bürgerliche oder poetische Realismus, der vor allem in Deutschland vorherrschend war, versucht ein Bild der Wirklichkeit zu vermitteln, welches höchstens leicht beschönigt oder verändert wird. Erst beim Naturalismus wird völlig darauf verzichtet. Oft findet sich beim Realismus Regionalismus (Bezug auf die Region) oder Historismus (Bezug auf die Geschichte), allerdings setzt sich der Autor immer mit dem Leben bzw. dem Alltag einer oder mehreren Personen auseinander.

Stil:
– nüchtern,parteilos, objektiv => Urteil vom Leser
– Besonderheiten des Alltags werden poetisiert bzw. ästhetisiert
– Humor

Bevorzugte Gattungen:
– Roman
– Novelle
– Ballade
– Dinggedicht (Gedicht über Gegenstand oder Situation)

(die ersten drei Gattungen lassen mehr Raum für Schilderungen des Lebens)

Beispiele für Autoren und Werke:
– Theodor Storm: „Der Schimmelreiter“
– Theodor Fontane: „Schach von Wuthenow“
– Wilhelm Busch: „Max und Moritz“

Als Beispiel für ein typisches Werk des poetischen oder bürgerliche Realismus haben wir uns „Das spielende Kind“ (1879/1880) von Gottfried Keller (zu finden im Deutsch-Buch Seite 337-338) näher angeschaut. Folgende typische Merkmale haben wir erkannt:

1. Der Text ist nicht emotional, sondern nüchtern und ohne großen Ausschweifungen verfasst. Dies lässt sich in Zeile 1-19 feststellen.

2. Das Individuum wird näher beleuchtet, vor allem in Zeile 7-13.

3. Der Verfasser setzt sich in seinem Werke mit der Gesellschaft auseinander. Ersichtlich wird das in Zeile 65-72.

4. Die Geschehnisse können auf eine wahre Begebenheit gründen.

5. Dies ist nur eine Vermutung, doch es könnte sein, dass sich durch den Fluss, im Bezug auf die Autobiographie des Autors, ein regionaler Aspekt zeigen lässt.

Naturalismus 1880-1900

Naturalismus allgemein bezeichnet eine Stilrichtung, bei der die Wirklichkeit ohne jegliche Ausschmückung oder subjektive Ansichten exakt abgebildet wird. Der Naturalismus gilt auch als Radikalisierung des Realismus.
Allgemeingeschichtlicher Hintergrund:
• Weiterentwicklung in der Naturwissenschaft
⎝ Expansives materialistisches Wissenschaftsdenken
⎝ Durch Darvin, Marx & Freud
• Ende des Jahrhunderts: außenpolitische Wende bestimmt durch Bismarck
• Innenpolitik: soziale Frage Auseinandersetzung um die Verbesserung der Lebensbedingungen der Arbeiterschaft
• Europäische Stabilität nahm nach Bismarck 1888 unter der Regierung von Kaiser Wilhelm ll. ab
Literatur:
• Vertreter aller Gattungsarten in verschiedenen Zeitperioden
⎝ 1880 – 1885: Lyrik
⎝ 1885 – 1890: Prosatexte
⎝ Ab 90er: Dramen & Romane
• Aspekte der einheitlichen Rassen, Milieu & Moment
• Arno Holz: „Kunst = Natur – x“
⎝ Differenz aus Natur und Kunst ist so klein wie möglich für eine literarisch exakte Realität
• Lyrische Auffassung der Großstadtlyrik und der sozialen Frage
• Urbane Lebensweise = Elend, Schmutz & Verlust der Natur
⎝ Sozialkritischer Inhalt, z.B: „im Großstadtmorgen“ (1886, Arno Holz)
• Meist Verzicht auf Reim und Metrum Rhythmus wird stark beeinflusst

Prosa:
• Häufiges Thema: Auseinandersetzung zwischen Dichter und Proletariat; Großstadt und Industrialisierung
• Erzähltechnik:
– Sekundenstil
– Schilderung von Raum und Zeit
– Widerspiegelung der Realität
– Personale Erzählweise und Dialoge
– Zeitdeckende Erzählung ( Erzählzeit = erzählte Zeit)
– Exakte Darstellung der Dialoge mit allen Wörtern, Pausen und Dialekten
– Innerer Monolog
Drama:
• Techniken des Dialekts, Jargons, Milieuschilderung und Sekundenstil
• Meist offener Anfang und offenes Ende
• Mittelpunkt: determinierter Mensch, abhängig von Umfeld, Herkunft, Milieu etc.
• Handlung und das Dramatische wurden reduziert
⎝ Entwicklung des epischen Theaters
• Ausführliche Regieanweisungen

Wichtige ausländische Vorbilder:
• Henrik Ibsen ( Norweger, 1828 – 1906): „Gespenster“ Drama
• Emile Zola ( Franzose, 1840 – 1902): „Germinal“ Roman
• August Strindberg ( Schwede, 1849 – 1912): „Der Vater“ Drama
Wichtige deutschsprachige Autoren und Werke:
• Wilhelm Bölsche ( 1861 – 1939): „Die naturwissenschaftliche Grundlage der Poesie“ literaturtheoretischer Text
• Johannes Schlaf (1862 – 1941): „Silvester“ Drama, gemeinsam mit Holz
• Gerhart Hauptmann (1862 – 1946): „Die Weber“ Drama
• Arno Holz ( 1863 – 1929): „Die Kunst. Ihr Wesen und ihre Gesetze“ literaturtheoretischer Text

Expressionismus 1910-1925

Def: Der Expressionismus (lat. „expressio“ Ausdruck) versucht durch ausdrucksstarke Aspekte innerliche Erlebnisse darzustellen.
Allgemeines:
• Begriff: Kurt Hiller übertrug 1911 diesen von der Kunst auf die Literatur
• Menschen wollten eine geistige Erneuerung „falschen“ Gesellschaft
Aufgabe traditioneller Weltbilder  Änderung der Wahrnehmungsweise der Menschen (Gefühl der Unordnung/Chaos) Katastrophenstimmung/Angstgefühle
• Das „Ich“ (und subjektive Eindrücke) im Mittelpunkt
• Drei Phasen:
o Frühexpressionismus (1910 – 1914)
o Kriegsexpressionismus (1914 – 1918)
o Spätexpressionismus (1918 – 1925)
Historischer Hintergrund:
• Starke politische Spannungen  internationale Krise  1914 erster Weltkrieg
• Industrialisierung  fremde Empfindungen (wird als Bedrohung angesehen) / Anonymität entsteht
• Mensch fühlte sich auf Produktionskraft reduziert  Identitätsverlust
• Starker Bevölkerungszuwachs Infrastruktur der Großstädte überlastet  Wachsendes Leides
• Gesellschaft ohne Rücksicht und Moral
• Junge Generation: wollen Erneuerung  kämpften für geistliche/schöpferische Freiheit
Literatur:
Themen:
• Krieg
• Großstadt
• Zerfall der zwischenmenschlichen Beziehungen
• Emotionale Themen: Wahnsinn, Liebe, Leidenschaft, Angst vor dem „Ich-Verlust“

Merkmale:
• Moderne Themen/Formen
• Farbensymbolik: rot, schwarz, blau (Sehnsucht)
• Metaphorische/rhetorische Sprache
• rhythmische Texte
• z.T. strenge äußere Form  Bezwingung des Inhalts
• Übertreibung (auslandende Beschreibungen)
• Innerlich gesehene Weisheiten werden dargestellt (NICHT „die Lichtreize, wie sie uns auf das Auge fallen“)

⎝ starker Ausdruck  Hinwegsetzen über traditionelle Formen

Autoren/Werke:
• Else Lasker-Schüler (1869-1945): „Die Wupper“ (1909); „Der siebente Tag“ (1905)
• August Stramm (1874-1915): „Krieg“ (1915)
• Georg Kaiser (1878-1945): „Die Bürger von Calais“ (1914)
Beispiel:
Das Gedicht „Die Stadt“(1911) von Georg Heym
Sehr weit ist diese Nacht. Und Wolkenschein Wie Aderwerk gehn Straßen durch die Stadt, Zerreißet vor des Mondes Untergang. Unzählig Menschen schwemmen aus und ein Und tausend Fenster stehn die Nacht entlang Und ewig stumpfer Ton von stumpfem Sein Und blinzeln mit den Lidern, rot und klein. Eintönig kommt heraus in Stille matt . .
Gebären, Tod, gewirktes Einerlei, Und Schein und Feuer, Fackeln rot und Brand, Lallen der Wehen, langer Sterbeschrei, Die drohn im Weiten mit gezückter Hand Im blinden Wechsel geht es dumpf vorbei. Und scheinen hoch von dunkler Wolkenwand.
Merkmale des Expressionismus
• Gedicht greift das Motiv der Naturkatastrophe und des Weltuntergangs im biblischen Stil auf
• sehr metaphorisch (Bsp.: V. 3ff und V. 14) und gefühlsbetont
• Typische Farben: schwarz ( V.1 „Nacht) ;rot (V. 4: „blinzeln mit den Lidern rot und klein“)
• Gedichtform: Sonett ( häufig im Expressionismus)
Fazit
• handelt über die Problematik der Gleichförmigkeit und des reizlosen Alltags, zu der Zeit des Expressionismus.
• kritisiert die negative Seite der Stadt
• findet sich nicht mit der Bedeutungslosigkeit des Individuums ab.
• will mit seinem Gedicht ausdrücken, dass Menschen sich nicht in das Gesamtbild einer Großstadt einfügen sollen

Quellen:
• http://lyrik.antikoerperchen.de/blog/allgemein/die-epoche-des-lyrischen-expressionismus/ 10.03.17
• http://lyrik.antikoerperchen.de/blog/allgemein/die-epoche-des-lyrischen-expressionismus/10.03.17
• http://www.lehrer.uni-karlsruhe.de/~za874/homepage/expressionismus.htm10.03.17
• http://www.e-hausaufgaben.de/Referate/D4421-Expressionismus-Zusammenfassung.php10.03.17

Neue Sachlichkeit 1919-1932

I. Begriff
• Neue Sachlichkeit: Stilbezeichnung für Malerei, Literatur der 20er Jahre
• Wertschöpfung auf objektive Darstellung der sozialen und ökonomischen Wirklichkeit
• zwischen Weltkriege: Tendenz zu illusionslos-nüchterner Darstellung von Gesellschaft, Erotik. Technik und Weltwirtschaftskrise
• Aufstieg und Niedergang eng mit Weimarer Republik verbunden

II. Historischer Hintergrund
• Wichtige Einflussquelle: 1. Weltkrieg (1914 – 1918)
• Gibt 3 Phasen:

• Machtergreifung Nationalsozialisten (1933) → neue Blütezeit pathetisch-ideologischer Literatur
Verbrennung der Bücher und Verhaftung der Autoren ( falls diese noch nicht im Exil)
III. Ziele
¥ Wiedergabe der Realität
¥ Alltagssorgen widerspiegeln
¥ Bevölkerung auf Missstände in der Gesellschaft aufmerksam machen
¥ durch „Massenkultur“ für Demokratie begeistern
¥ Autoren waren meist demokratisch orientiert und wollten sozialistische Räterepublik

IV. Inhalt & Themen
¥ orientierten sich an der Realität
¥ gehen auf Gesellschaft und derer Probleme ein
¥ Voraussetzung: kritischer Blick auf damalige Gegenwart
¥ beliebte Motive: soziale, politische und wirtschaftliche Wirklichkeit der Weimarer Republik, Nachwirkung der ersten Weltkrieges und Inflation
¥ Themen der Gesellschaft finden sich in der Literatur wieder
¥ enorme gesellschaftliche und technische Veränderung und Fortschritte
¥ ➔ persönliche Probleme mit denen Akteure klar kommen müssen oder untergehen
¥ Gesellschaftskritik

V. Sprache
¥ meist kühl und distanziert
¥ Minimum an Sprache, Maximum an Bedeutung
¥ einfache und nüchterne Alltagssprache
¥ ➔ soll so viele Menschen wie möglich erreichen
¥ im Stil einer dokumentarisch-exakten Reportage und Streben nach Objektivität
¥ Bedeutung wichtiger als Form
¥ Montagetechnik: Zeitungsartikel oder Lieder (etc.) in den Text aufnehmen
VI. Figuren
¥ zeigen kaum Gefühle
¥ meist aus der modernen Massengesellschaft wie Ingenieure, Arbeiter, Angestellte oder Arbeitslose

VII. Literarische Gattungen
¥ Zeitroman: „Im Westen nichts Neues“ von Erich Maria Remarque
¥ Gebrauchslyrik: „Angestellte“ von Kurt Tucholsky
¥ Reportage Literatur
¥ Episches Theater → politische Ideen und Meinungsbildung gewisse Distanz durch Pausen

VIII. Vertreter
• Bertolt Brecht (1898 – 1956)
• Thomas Mann (1875 – 1955)
• Erich Maria Remarque (1898 – 1970)

1. Literatur der Weimarer Republik
• Organisation von Schriftstellern gegen Richtlinien der Verlage
• 1909 Schutzbund deutscher Schriftsteller gegründet = Rechtsschutz gegen Zensur des Staates
• 1921 PEN – Club = für Weltfrieden, gegen Rassismus
• Zensur der Literatur fand jedoch statt (z.B. durch Schund- und Schmutzgesetz)

1.1 Prosa
• Angemessene Gattung
• Vorteil: keine Formkonventionen und für Experimente geeignet
• Literarische Formen: Dokumentation, Reportagen, Sachberichte, Romane
• Erzählverhalten geprägt von: philosophischen, historischen, soziologischen, psychologischen Momenten
• Themen: Großstadt, Technik, Wirtschaft/ Industrie, Arbeit, Arbeitslosigkeit, Lebensumstände, Alltag

1.2 Lyrik
• Orientierung am Gebrauchswert = Gebrauchslyrik
• Autoren steuern durch lyrische Gebrauchsanweisung Werk (z.B. Brecht)

1.3 Drama
• Politisches Theater, Dokumentartheater, episches Theater, Volksstück
1.4 Episches Theater
• Theaterform, bei der Zuschauer nicht in Illusion eingehüllt ist, sondern dies durch Verfremdungseffekte bricht
• Radikaler Bruch der Theater – Tradition von Aristoteles, Lessing
• Keine Einteilung in Akte u. Szenen, gibt Episoden
• Offenes Ende
• Distanzierung von Betrachter, Dargestelltem ermöglicht Interpretation = Änderung der Missstände
• Episch, weil Erzähler außerhalb der Handlung existiert

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