[…] 10.Klasse) das materialgestützte Schreiben anbahnen könnte. Es gibt verschiedene Arten, diesen Prozess auch digital zu begleiten, aber der springende Punkt war für mich die Definition dessen, was die Schüler*innen später […]
[D-3] Deutsch Didaktik Digital ist ein Projekt zur Förderung des digitalen Lehrens und Lernens an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Zum einen beraten und unterstützen wir Dozierende bei der Auswahl sowie beim didaktischen Einsatz digitaler Methoden und Medien in ihrer Lehre. Zum anderen schulen wir Studierenden darin, sich auf die digitalen Herausforderungen – theoriegeleitet, didaktisch funktional und praxisnah – vorzubereiten. Zielpunkt von [D-3] ist eine in der universitären Lehrkräftebildung curricular verankerte Didaktik digitalen Lehrens und Lernens. Denn digital kompetente Lehrkräfte werden gebraucht, um Schülerinnen, Schülern und Studierenden ein Lernen mit und über digitale Medien zu ermöglichen.
Das Thema Heimunterricht bzw. Fernunterricht beschäftigt derzeit Lehrkräfte, Eltern wie Schülerinnen und Schüler. Aufgaben können nicht mehr ohne weiteres gemeinsam bearbeitet werden, direkte Kommunikation, Anleitung und Unterstützung fehlen meist.
In diesem Gastbeitrag möchte ich Strategien und technische Möglichkeiten vorstellen, um den Schreibprozess digital zu unterstützen. Der Aufgabentyp "Materialgestütztes Schreiben" dient hierfür als Beispiel. Die methodischen Anregungen lassen sich aber auch für andere Schreibaufgaben umsetzen.
In einem eigenen Blogbeitrag hat Bob Blume bereits ausführlich die Anforderungen dieses Aufgabentyps dargelegt und diskutiert. Daher fasse ich auch nur kurz zusammen, was von Schülerinnen und Schülern dabei u.a. erwartet wird:
Diese Schwerpunkte lassen sich in weitere Teilanforderungen untergliedern und sollen nur einen Einblick geben, vor welchen Herausforderungen die Schülerinnen und Schüler stehen, wenn sie materialgestützt und argumentierend schreiben sollen. Im Folgenden greife ich auf, wie diese unterschiedlichen Anforderungen digital begleitet und unterstützt werden können.
Für die erfolgreiche Bewältigung des Aufgabentyps ist es unabdingbar, dass die Schülerinnen und Schüler ein Verständnis für das Ausgangsmaterial entwickeln, denn darauf baut die eigene Position und die argumentative Linie des selbst produzierten Textes auf. Im Präsenzunterricht wäre es möglich, im Unterrichtsgespräch oder nach dem Think-Pair-Share-Prinzip gemeinsam am Material zu arbeiten. Aber auch digital kann der Leseprozess unterstützt werden, bspw. in Form von Kleingruppenarbeit.
Das Tool Oncoo bietet die Möglichkeit, verschiedene Methoden und Arbeitsformen digital umzusetzen. Eine Registrierung ist weder für die Lehrkraft noch für die Schülerinnen und Schüler notwendig. Der Zugang erfolgt über einen Link und einen Code, den das Tool generiert. Einen genaueren Einblick zu den Einsatzmöglichkeiten geben wir auf unserem Projekt-Blog. Die Schülerinnen und Schüler können bspw. die Aufgabe erhalten, sich zunächst in Einzelarbeit mit dem Material auseinanderzusetzen und Kernaussagen, aber auch Fragen, die ihnen beim Lesen aufgekommen sind, zu notieren. In der Share-Phase können sie sich dann mit anderen austauschen. Das Ziel besteht darin, am Ende die zentralen Aussagen des Textes zusammenzutragen.
Der Einsatz von Oncoo stößt allerdings dann an seine Grenzen, wenn es Unstimmigkeiten bei den Ergebnissen der verschiedenen Gruppen gibt bzw. diese stark voneinander abweichen. Außerdem müssen alle Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit haben, synchron mit dem Tool zu arbeiten. Daher ist eine genaue Kenntnis über die technischen Voraussetzungen der eigenen Klasse notwendig. Wenn nicht alle di zu jederzeit einen Rechner, Laptop oder ein Tablet zu verwenden können, eignen sich synchrone Verfahren nur bedingt.
Leseeindrücke, Fragen an den Text oder zentrale Aussagen lassen sich aber auch auf eine andere Weise mit Oncoo abbilden. Die Funktion Kartenabfrage bietet die Möglichkeit, mit Hilfe eines vorher erläuterten Farbsystems (z.B. Rot für Fragen, Grün für Kernaussagen, Blau für Leseeindrücke) die Ergebnisse der individuellen Arbeit am Text zentral für alle zu sammeln. Dabei muss nicht synchron gearbeitet werden, eine Rückmeldung durch die Lehrkraft ist aber dennoch notwendig, um Fragen zu klären und eine Rückmeldung auf die Aufgabe zu geben.
Die eigene Position der Schülerinnen und Schüler bildet dann den Ausgangspunkt für die Textstruktur, den Argumentationsaufbau sowie die Auswahl passender Zitate aus dem vorgegebenen Material. Thesen können z.B. asynchron mit Hilfe von Padlet gesammelt werden. Dort lassen sich eigene Karten anlegen, auf denen die einzelnen Thesen festgehalten werden. Eine Kommentarfunktion erlaubt es, dass die Schülerinnen und Schüler sich gegenseitig Feedback zu den individuellen Thesen geben. Ebenso können in einem weiteren Schritt Belege aus dem unterstützenden Material gesammelt werden und über die Kommentarfunktion kann wieder diskutiert werden, inwiefern die ausgewählten Belege als geeignet eingeschätzt werden. In Padlet kann asynchron gearbeitet werden, sodass auch die Rückmeldungen auf die Thesen oder das gewählte Material nicht zeitgleich stattfinden müssen, sondern individuelle Zeitfenster gewählt werden können. Wer noch nicht mit dem Tool gearbeitet hat, findet einen kurzen Einblick zu dessen Einsatzszenarien, Möglichkeiten und Grenzen auf unserem Projekt-Blog.
Etherpads sind webbasierte Texteditoren, an denen mehrere Personen gemeinsam arbeiten können. Durch verschiedene Farben wird ersichtlich, wer welche Veränderungen am Text vorgenommen hat. Neben der Produktion und Überarbeitung von Texten können Etherpads aber auch zum Chatten genutzt werden. Auch hier müssen sich weder die Lehrkraft noch die Schülerinnen und Schüler registrieren oder eine Anwendung herunterladen. Genutzt werden können bspw. ZUMpad, dessen Funktionen unser Blog kurz erklärt oder Cryptpad. Wie hilft das aber bei der Anleitung und Unterstützung im Schreibprozess?
Das Etherpad kann genutzt werden, um Auszüge aus dem eigenen Text von den Schülerinnen und Schülern gemeinsam überarbeiten zu lassen oder von vornherein einen gemeinsamen Textabschnitt, bspw. eine Einleitung zu formulieren. Das Feedback der Mitschülerinnen und Mitschüler macht auf blinde Flecken im eigenen Schreibprozess aufmerksam und sensibilisiert stärker für die Rezipient*innensicht. Eingesetzt wurde dieses methodische Vorgehen bspw. im Seminar „Goethe und Schiller multimedial und multimodal im Deutschunterricht“ von Dr. Gunhild Berg[1]. Die Studierenden erarbeiteten in Kleingruppen eigene Medienprodukte. In ILIAS, der Lernplattform der MLU, wurde für diese Ergebnisse Peer-Feedback von anderen Studierenden eingeholt. Dieses Vorgehen kann ebenso für fertige Textprodukte oder Zwischenergebnisse eingesetzt werden.
Ebenso kann das Etherpad genutzt werden, um die Arbeit am eigenen Textentwurf zu dokumentieren und mit eigenen Kommentaren auf Stellen zu verweisen, bei denen Unterstützung notwendig ist oder Unsicherheiten herrschen. So kann eine gezielte Rückmeldung erfolgen und die Textproduktion so etappenweise unterstützt werden.
Die verschiedenen Tools und deren Einsatzmöglichkeiten zeigen, dass auch Schreibprozesse digital gut begleitet werden können. Die Kommunikation ist dennoch verkürzt und kann nicht so individualisiert wie im direkten Gespräch stattfinden. Ebenso zu bedenken ist, dass eine Einführung in die Nutzung verschiedener externer Tools notwendig ist und ggf. auch noch einmal klare Regeln für die virtuelle Kommunikationssituation besprochen werden müssen.
Indem der Schreibprozess auch digital in verschiedene Teilschritte zerlegt und methodisch untersetzt wird, wird den Schülerinnen und Schülern ein Übungs- und Kommunikationsraum geboten, der in der aktuellen Situation häufig fehlt.
[1] Mehr dazu: Gunhild Berg: Rezeptionsästhetische Effekte multimodalen Erzählens. Goethes „Erlkönig“ multimedial. Eingereicht für: Medien im Deutschunterricht (MiDU)
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