Die auf beiden Seiten dogmatisch geführte Debatte um den Gebrauch von Mobiltelefonen übersieht Grundlegendes. Ein Hinweis.

Wir kennen die Situation: Eine Familie – zwei Kinder, zwei Erwachsene – sitzen in einem Restaurant. Lokalisieren wir es an einen romantischen Ort, das Ufer eines Sees, an dessen Gehsteig Zitterpappeln und Wacholder in der sanften Abendbrise schaukeln. Dieser Hintergrund ist wichtig, weil die menschlichen Teilnehmer dieses Stilllebens nur passiver Teil der Umgebung sind, weil sie auf ihr mobiles Gerät starren, bis das Essen den pausenlosen Umgang auf die Minuten der Nahrungsaufnahme aussetzt.

Nun gibt es zwei grundlegende Interpretationen dieser natürlich schon beabsichtigt tendenziösen Beschreibung.

Die erste ist die absolute Kritik, die schon in der Verhinderung jeder Wahrnehmung (und deren Ersetzung durch quadratische Instagram-Motive als Vergewisserung des Dagewesenseins) und jeder Kommunikation den Untergang des sozialen Miteinanders durch die Technik und deren unerschöpflichen Möglichkeiten unterhaltsamer Nichtigkeiten sieht. Eine durchaus ernstzunehmende Einschätzung, vor allem deshalb, weil sie so vielfach geteilt wird und so einen kreativen Umgang mit der Technik in Schule und Arbeit verhindert.

Die zweite Interpretation ist die kritiklose Absolution. Denn wenn man das Smartphone als Kulturzugangsgerät umdeutet, dessen Potential bloße Abbildung und Teilung von eigenen Erfahrungen bis in die Entwicklung der eigenen Identität samt Wissens- und Kulturschatzes erweitert, ist gleichsam jede Form der Nutzung legitimiert. In unserem Fall kommuniziert die Familie zwar nicht miteinander, aber sie kommuniziert, erlebt Werte und Wirkung eigener Ansichten. Das Medium – so ein oftmals geäußertes Argument gegen den Umgang mit Smartphones – ist egal, denn die Familie könnte ja auch stumm auf unseren See und die Zitterpappeln starren. Oder auf ein Buch.

 

 

 

 

 

 

Mir scheinen beide Ansichten nachvollziehbar, wenngleich mir beide auch zu kurz greifen. Eine erste Anmerkung mag sein, dass auch die Dauerzufuhr von Kultur einem Familienabend nicht zwangsläufig den Rang ablaufen sollte. Die zweite ist – und man möge mir das Offensichtliche der Beobachtung verzeihen – Smartphones sind nicht nur smart, womit sie unsere Lust an eigenen und durch kollektive Rückmeldung goutiertes Ich erhöhen. Sie sind auch mobil; immer da.

Das simple Vorhandensein der Befriedigungsmaschine (womit auch immer) ist ein Faktor, den Bücher genauso wenig haben wie andere Medien.

Natürlich ist es wunderbar, immer und überall informiert zu sein, sich mit Freunden zu unterhalten und zu messen, zu diskutieren und zu spielen. Aber es wäre schön, wenn wir anerkennen würden, dass da Dasein des mobilen und smarten Geräts auch dafür sorgen kann, dass wir weniger da sind. Und weniger fragen, wie es uns, der Familie, geht. Oder wie diese Pflanze am Ufer heißt. Und dass es schön ist, hier zu sein, am Ufer bei einer leichten Brise.

Aber vielleicht ist das auch schon technikfeindlich,

Geschrieben mit meinem iPhone.

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