Jugendliche iPad-Nutzer nach einer langen Session (Archiv)

Während die Welt immer komplizierter wird und auf deutschen Straßen der Mob wütet, machen sich in der kleinen Welt der Schule immer mehr Pädagogen Gedanken – um die Nachteile von Handyverboten. Es wird Zeit, dass wir über den Tellerrand hinausschauen und die wahren Herausforderungen der Zeit annehmen.

Filterblasen sind die Höhlen unserer Zeit.

Luxushöhlen, kuschelig und warm. Man sitzt dort und redet mit den Leuten, die man mag, über die Überzeugungen, die man gemeinsam vertritt. Dann haut man sich gegenseitig auf die Schulter und schläft in der Gewissheit vorm warmen Feuer ein, das Richtige zu wollen. Ab und zu läuft von außen jemand vorbei und wirft einen störenden Schatten an die Höhlenwand. Aber bevor man sich umdreht, wartet man lieber, bis ein schöner Schatten vorübereilt.

Das schöne an unseren Luxushöhlen ist, dass sie unendlich weit nach innen gehen und uns vormachen, wir könnten Entscheidungen treffen, die das Leben beeinflussen: Samsung oder iPad, Tablet oder Laptop, Handynutzung im Unterricht. Das ist toll. Das macht Spaß. Und wir schlagen uns auf die Schultern: Recht hast du! Uga, uga.

Draußen tobt der Mob und zündet Flüchtlingsheime an.

25 Jahre nach der Schande von Rostock-Lichtenhagen, Hoyerswerda, Mölln und Solingen sind wir in einem der wirtschaftlich bestgestellten Länder der Welt wieder an einem Punkt, an dem man sich um die Demokratie fürchten muss. Man kommt sich vor wie in einer Demokratie ohne Demokraten. Klingelt da etwas?

25 Jahre – das ist eine Zeitspanne, in der ein Kleinkind zu einem Menschen heranreifen kann, der eine gute Schulbildung genossen, eine Ausbildung oder ein Studium abgeschlossen und ein, zwei Jahre einer Arbeit nachgegangen sein kann. Kann.

Dabei ist der Solidaritätsschwund auch ohne empirische Belege keine Überraschung.

Angehende Lehrer lassen sich ihre Meinung von der Facebook-Gruppe vorsagen.

In der Schule gehen die (inflationären) Noten über alles. Und wenn man im Studium angelangt ist, dann sammelt man eifrig Scheine und Punkte, um so schnell wie möglich in ein wirtschaftliches Gefüge entlassen zu werden. In die gut situierte Höhle, in der man sich dann Gedanken darüber machen kann, wie man schönen, neuen und innovativen Unterricht mittels des Computers macht. Und wir schlagen uns auf die Schultern: Recht hast du! Uga, uga.

Es ist so einfach, wegzuschauen. Es ist so einfach, dahin zu schauen, wo man schon mal war.

Es gibt so viele Vergleiche, was ein Handy alles ist. Ich möchte einen weiteren dazu fügen: Wurmloch. Handys, Tablets, Computer: Alles Wurmlöcher in ein anderes Land, in eine andere Zeit, in eine andere Welt. Nichts Neues, oder?

Aber die Verlockungen auf der dunklen Seite sind groß. Viele Likes für den verbalen Stammtisch. Viele Likes für die Aber-Faschisten. Viele Likes und Anerkennung im Kampf gegen „die Politik“.

Und wir sitzen in unseren Höhlen und schieben uns lustige kleine Tipps zu, welche App im Unterricht für gute Stimmung sorgt, während die Vorreiter netzpolitischer Aktionen entweder wegen „Landesverrats“ angeklagt werden, oder aufhören müssen zu bloggen, weil Leib und Leben bedroht sind.

Es wird Zeit, dass wir über Inhalte reden. Die Höhlen sind überall. Und die Wurmlöcher. 

tl;dr

In einer zunehmend komplexen Welt reicht es nicht aus, sich um die Digitalisierung und mobile Endgeräte Gedanken zu machen. Es geht um ethische Fragen nach verantwortungsvollem Umgang mit Meinungsmache im Netz.

P.S. Mit der TINCON versucht der Begründer der re:publica Jonny Haeusler, Jugendliche netzpolitisch einzubeziehen. Eine Idee, die Unterstützung verdient.

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