Januar 2020. Es ist mittlerweile fünf Jahre her, dass ich diese Polemik schrieb. Ich schrieb sie mit viel Wut im Bauch, wegen der Schüler*innen, die Jahre unter jenen Menschen leiden, die keine Lehrer hätten werden sollen und wegen des Berufes, meines Berufes, der in Verruf gerät wegen dieser Leute. Nach und nach machte ich es mir zur Aufgabe, anstatt zu schimpfen zu helfen. Dieser Blog entstand, einige Bücher entstanden. Aber vor ein paar Tagen war es wieder soweit.

Da war sie wieder: Die Person, die nicht selbstständig denken möchte. Die Dropbox-Gestalt des Social Web. Ich helfe gerne. Aber ausnutzen lasse ich mich nicht gerne. Und einige junge Studentinnen und Studenten kooperieren nicht. Sie betteln. Sie denken nicht nur nicht, sie wollen nicht denken. Das tut mir in der Seele weh. Diese jungen Menschen würde ich am liebsten beim Schlafittchen packen und ihnen zurufen: Mach was ohne Menschen! Und eine Bitte an alle:

Werdet keine Lehrer! 

Da erzählt eine ehemalige Kollegin von ihren Kollegen, die sich über ihre Poster, ihre Anstrengung in der Klasse lustig machen, die sie aufziehen, warum sie denn noch vorbereiten würde. Noch vorbereiten? Nicht viel vorbereiten. Überhaupt! Das tun sie nämlich nicht mehr. Nach zwei bis drei Jahren.Unfassbar! Hängt euren Beruf an den Nagel und erklärt allen, die ihr auch kennt:

Werdet keine Lehrer!

Oder jene, die noch nie davon gehört haben, dass es in einer Einheit eine erkennbare Progression geben kann, dass man auf gemeinsame, offene Lernziele hinarbeiten und eine Struktur im Hinterkopf haben kann, die es gemeinsam zu reflektieren gilt. Das es neue Lernformen gibt. Es ist nicht schlimm, aber:

Werdet keine Lehrer!

Oder noch früher. Wenn ihr das Fach nicht mögt. Wenn ihr die Bücher nicht lesen wollt, weil es euch alles zu viel ist, weil ihr nie wirklich Interesse an eurem Fach hattet, weil ihr nicht weiter fragen möchtet, einfach nur durchkommen. Nur die Professoren wählen, die nett sind und gute Noten geben. Ich verstehe euch. Es ist schwer. Aber:

Werdet keine Lehrer!

Oder wenn ihr die Kinder nicht mögt. Sie nerven euch, tun nicht das, was ihr sagt, selbst wenn ihr sie bloßstellt und demütigt, so wie ihr es auch in der Schule erfahren habt und obwohl ihr ihnen sagt, dass ihr doch auch keine Lust habt oder noch nie hattet. Macht nichts. Kein Problem. Keiner ist sauer. Aber:

Werdet keine Lehrer!

Und die, die nach einer einfachen Frage forschen, eine Frage für die Bachelorarbeit, die sie ja schreiben müssen (nicht wollen) über irgendetwas, was sie nicht interessiert, weil sie nicht wissen, was sie interessiert. Seid ihr auch hier? Hört zu: Es ist nicht jedermanns Sache, Fragen zu entwickeln, sich neugierig mit der Welt auseinander zu setzen, aber – ihr werdet es vermuten – werdet keine Lehrer.

Nochmals: Werdet keine Lehrer!

Und an euch, die ihr schon von Beginn an keine Lust habt, ihr, die ihr nur lernt, weil ihr wissen wollt, wie es weiter geht. Die ihr nach Materialien für den einen Prüfer fragt, weil man sagte, er sei der einfachste. Steckt es! Geht weg! Lebt! Haut ab ins Ausland! Lernt Menschen kennen! Denkt drüber nach, aber:

Werdet keine Lehrer!

Und zuletzt: Wenn ihr denkt, das Internet geht wieder weg, wenn ihr denkt, es müsse mehr Räume geben, wo die Kinder ihre Handys einschließen, ihr, die ihr denkt, dass das alles schon zu viel ist, dass man doch nur Arbeitsblätter austeilen müsse, dass sich nichts mehr verändern müsste, dass man sich nicht mit anderen austauschen sollte und sein Süppchen allein kocht.

Tut dieses, tut jenes.

Joggt. Schaut fernsehen. Geht ins Büro.

Macht ein schönes Wochenende.

Aber bitte!

Bitte!

WERDET KEINE LEHRER!

Wegweiser

Dieser Beitrag ist Teil des Buches „Wegweiser Referendariat“, in dem alle wichtigen Blogartikel zum Referendariat vollständig überarbeitet, erweitert und angepasst in einem handlichen Buch auf 200 Seiten gesammelt sind. 

Der Lehrer und Schulleiter Jan-Martin Klinge urteilt über das Buch: „Es ist ganz einfach: Wenn Sie dieses Buch lesen, werden Sie ein besserer Lehrer“. 

 

36 Kommentare

  1. Danke für die Brandrede! Ich hatte in der Ausbildung KollegInnen, die konnten mir bis auf den Cent ihre Gehaltsgruppe herunterbeten, aber nicht den Grund dafür, warum sie in die Schule wollten. Das Problem ist meines Erachtens, dass kaum jemand in der Lehramtsausbildung ehrliches Feedback gibt. Und irgendwann stehst du allein da, als Lehrer und von den älteren Kollegen belächelter Dümmling, der den Unterricht noch vorbereitet (“So was machen doch nur Anfänger”, sagt der Kollege vs. “Ganz super ist, dass Ihr Unterricht immer vorbereitet ist”, sagt der Schüler-Feedbackzettel). Ganz nett auch, wenn man darauf hingewiesen wird, dass man das keine 30 Jahre durchhalten könne. Noch schlimmer aber: 30 Jahre Langeweile und schlechten Unterricht aushalten. Das verursacht Burnout …

    • “Das Problem ist meines Erachtens, dass kaum jemand in der Lehramtsausbildung ehrliches Feedback gibt.” Das verstehe ich ehrlich gesagt nicht. Nirgendwo ist das Feedback so ungeschönt ehrlich und zieht sich bis ins kleinste Detail wie im Ref. So erlebt es zumindest mein Jahrgang und auch die Jahrgänge davor, mit denen man ja im Gespräch ist. Kritisch wird es, wenn das Feedback destruktiv statt konstruktiv ist – aber von einem Mangel kann, zumindest bei uns, keine Rede sein.
      Ehrlich gesagt frage ich mich sowieso, wie all die Personengruppen, die oben angesprochen werden, es durchs Ref geschafft haben oder schaffen. Ich habe meine Fächer aus größter Leidenschaft studiert und trauere fachlich der Uni noch nach, und wenn ich nicht so gerne Lehrer sein wollte und mir die Arbeit mit den SuS nicht so viel Spaß machen würde, hätte ich das Ref längst hingeschmissen, weil dort ja sehr bewusst großer Druck ausgeübt wird. Wer sich da durchquält, kann das doch eigentlich nur wirklich wollen. Die Beamtenstelle, die so oft als Lockmittel gilt, kann es ja auch nicht sein, denn da wird ja gerade sehr deutlich gemacht, dass die in den kommenden Jahren mehr als nur rar gesät sein werden.
      Was das Studium betrifft, stimme ich zu. Da gibt es genug, die da nicht wirklich Lust haben und da wird auch nicht im Hinblick aufs Lehramt ausgesiebt – weil das auch einfach nicht die Aufgabe der Uni ist. Da geht es nicht darum, wer als Lehrer geeignet ist, sondern um Fachkompetenz und wissenschaftliches Arbeiten. Aber wie diese Leute es durchs Ref schaffen (wollen), ist mir wahrlich ein Rätsel. Und dann können sie mit ihrem Studienabschluss ja auch immer noch was anderes machen…

      Keine Frage, dass es genügend Vertreter der angesprochenen Gruppen gibt, die bereits im System sind. Ich frage mich nur aufrichtig und ehrlich, wie sie es dorthin geschafft haben, denn ich finde die Ausbildung ist alles andere als ein Zuckerschlecken.

      • Wenn ich nur ein Wort hätte, um diese Frage zu beantworten, dann wäre es: Ignoranz. Diesen Menschen ist nicht nur nicht klar, dass es eigenes Unvermögen ist, dass sie stört, sondern sie nehmen die fehlende Selbstreflexion als Schutzschild. Denn wenn immer die anderen Schuld sind, dann muss man sich nie selbst eingestehen, dass man vielleicht an der falschen Stelle ist. So paradox es klingt: Diese Leute kommen meist sogar besser durch das Referendariat, weil sie gar nicht bemerken, dass es ihr eigenes Problem ist. Zum anderen: Dass Druck ausgeübt wird, ist klar. Ich glaube aber nicht, dass es eine bewusst beigefügte Hölle ist, sondern dass der Druck auch oft von den Referendaren selbst weitergegeben und verstärkt wird. Insgesamt zeigt deine Antwort, dass, wenn ich das so sagen darf, du an der richtigen Stelle bist. Denn nicht nachvollziehen zu können, wie Leute in den Dienst kommen, die das, was sie tun, nicht lieben, zeigt ja eben eine der Fähigkeiten, die man in diesem Beruf zwangsläufig braucht.

        • Ja, das habe ich auch schon oft gehört, dass gerade die Leute gut durchs Ref kommen und das wundert mich tatsächlich immer sehr. Ignoranz mag es sein, das stimmt, denn wenn man es sich nicht zu Herzen nimmt, dann belastet es einen vermutlich auch deutlich weniger.
          Das kommt vielleicht auf die Schule an mit dem Druck – an meiner gibt es beispielsweise eine Quote für Verlängerungen, “weil es nicht sein kann, dass ein Jahrgang ohne Ausnahme in den zweiten Ausbildungsabschnitt versetzt wird”. Die Aussage wurde so von der Schulleitung getätigt – für mich ist das schon bewusst beigefügter Druck, der nicht von den Referendaren ausgeht.
          Danke. 😉

      • Nirgendwo ist das Feedback so ungeschönt ehrlich und zieht sich bis ins kleinste Detail wie im Ref. So erlebt es zumindest mein Jahrgang und auch die Jahrgänge davor, mit denen man ja im Gespräch ist. Kritisch wird es, wenn das Feedback destruktiv statt konstruktiv ist – aber von einem Mangel kann, zumindest bei uns, keine Rede sein. […]
        wenn ich nicht so gerne Lehrer sein wollte und mir die Arbeit mit den SuS nicht so viel Spaß machen würde, hätte ich das Ref längst hingeschmissen, weil dort ja sehr bewusst großer Druck ausgeübt wird. Wer sich da durchquält, kann das doch eigentlich nur wirklich wollen.

        Ich würde an der Stelle aber unterschieden zwischen Druck ausüben und Feedback.

        Bei letzterem geht es ja um eine Rückmeldung zum ursprünglichen Sender. In der Regel (gerade in dem Job) geht das mit einem Wunsch nach Austausch, Weiterdenken oder Verbesserung einher.
        Der Druck allerdings, der oft im Referendariat empfunden wird, hat ja eher den Sinn die Belastbarkeit(?) zu testen. Jedenfalls ist es das, was ich oft aus diesen Diskussionen heraushöre. Da ich selber das Glück hatte, zumindest in meinem Hauptseminar und 1 Fachseminar eher richtiges Feedback als Chance der Verbesserung zu bekommen, bleibt mir da nur der Rückgriff auf die Diskussionen mit anderen. Und damit kann dieser Widerspruch doch bestehen bleiben, außer wir definieren den Zweck und das Konstruktive von Feedback anders.

        Wer sich da durchquält, kann das doch eigentlich nur wirklich wollen. Die Beamtenstelle, die so oft als Lockmittel gilt, kann es ja auch nicht sein, denn da wird ja gerade sehr deutlich gemacht, dass die in den kommenden Jahren mehr als nur rar gesät sein werden.

        Das Lehrerstellen rar gesät werden, höre ich zum ersten Mal. Und die Statistiken die es dazu gibt, sprechen auch eher eine andere Sprache. Und da nun alle Bundesländer (außer Berlin) verbeamten, wundert mich die Aussage sehr. Das heißt nicht, dass jede*r sofort mit jeder Kombi sofort 5 Stellenangebote bekommt, aber der Stellenmarkt ist aktuell und zukünftig eher arbeitnehmerfreundlich.

        Nun noch 5 Dinge zu “Wer sich da durchquält, kann das doch eigentlich nur wirklich wollen.”
        1. Nein.
        2. Nicht jedes Ref ist eine Qual. Wirklich nicht.
        3. Es gibt eine Reihe weiterer Ansätze, warum es sinnvoll sein kann. Da steht a) natürlich ein ordentlicher Betrag am Ende auf dem Konto, der für viele nicht zu verachten ist. Und es gibt b) genug Fächer/Fachrichtungen bzw. Kombinationen, mit denen man auf dem sonstigen Arbeitsmarkt eher von Jahresvertrag zu Jahresvertrag schwingt und eine Festanstellung schlicht utopisch ist, in Anbetracht der Absolventenzahlen. Es ist berechtigt das zu studieren was einem gefällt und wo man Spaß drin hat! Es gibt aber kaum einen ähnlichen Job, der danach so gute Möglichkeiten in der Anstellung bietet. (Das Aufzählen bestimmter Kombinationen spare ich hier mal.) Und c) hat man nirgends einen so sicheren Job, wie im Öffentlichen Dienst als Lehrkraft. Dabei ist es sogar schnuppe, ob Angestellt oder Verbeamtet. Ist man einmal drin, bieten sich eine Reihe weiterer Möglichkeiten.
        4. Die Aussicht auf 1x vorbereiten (oder sogar nur sinnfrei zusammenkopieren) und dann X Jahre verwenden ist verlockend. Und schaut man sich in den Lehrerzimmern um, dann ist das auch nicht ganz fernab der Realität. Das kann locken, sowohl im Studium als auch dann im Referendariat, das durchzuziehen. Und dann ist erst mal: Tür zu und machen.
        5. Nein!

        Ich habe jetzt bewusst den Kern des Berufs außen vor gelassen, da ich nur die Vielzahl an Gründen zeigen wollte, warum diese Tätigkeit interessant sein kann und dafür sogar (temporär!?) bestimmte Qualen ertragen werden könnten bzw. ertragen werden.

        Von sich, von seinen Ideen, von seinen Zielen auszugehen ist dabei nett. Aber halt nur das und erlaubt keine allgemeingültige Aussage.

      • Thematische Trennung. Teil 2 😉

        weil das auch einfach nicht die Aufgabe der Uni ist. Da geht es nicht darum, wer als Lehrer geeignet ist, sondern um Fachkompetenz und wissenschaftliches Arbeiten.

        Die Rolle der Uni. Ein Thema, was in der aktuellen Diskussion um Bildung und Schule gerade extrem kurz kommt. Aber gleichzeitig doch enorme Auswirkungen hat auf das Leben in der Schule, auf Lernen und auf Lehrkräfte.

        Mit den Lehramtsstudiengängen, egal ob es jetzt Bachelor/Master of Education oder Staatsexamen heißt, sollte der Anspruch durchaus sein, nicht nur Fachwissenschaftler zu werden, sondern auch Pädagoge. Dazu gehört auch die Befähigung zur Selbsteinschätzung (schließlich will man ja später sogar andere einschätzen…). Und damit komme ich doch gar nicht mehr um die Forderung rum, die Eignung als Lehrkraft zu hinterfragen bzw. die Studierenden zumindest in die Lage zu versetzen, das Ganze mit realistischen Erfahrungen aus der Praxis selber einschätzen zu können. Unter anderem dafür waren/sind ja eigentlich die Praktika, Praxissemester etc. Dafür muss die Uni nicht aussieben, denn das macht sie eh schon genug in vielen Fächern. Allerdings sollten schon die Räume geboten werden, da einen Abgleich zwischen der Idee und der Praxis hinbekommen zu können. Und das sehe ich oft nicht.
        Dafür gibt es ja aktuell den anderen Weg. Menschen, die sich bewusst gegen das Lehramtsstudium entschieden haben, werden aus Unfähigkeit zu planen nun in die Schulen geholt (Quer-/Seiteneinstieg) und sollen vom ersten Tag an (wie jemand mit entsprechendem Studium und mit den Praktika) da vorn stehen und die Klassen allein unterrichten. Da gibt es mit Sicherheit genug, die spät ihre Leidenschaft entdeckt haben, aber eventuell gibt es noch genug andere Gründe. Und damit dürfte der “Erfolg” nur kurzfristig statistisch beim Ausfall eintreten, mittel- und langfristig aber problematisch sein.

        Gehe ich dabei von der Eingangsthese aus “Studium soll nur Fachwissenschaft beibringen”, dann wäre es doch logisch, komplett auf Seiteneinsteiger umzusteigen und das Lehramtsstudium durch ein paar Extra-Kurse zu ersetzen, wenn man die denn überhaupt braucht…

        Was Ausbildung von Lehrkräften betrifft, würde ich aber genau das Gegenteil fordern. Mehr pädagogische Anteile, mehr Schul-/Unterrichtsbezug, mehr Praxis – und das in allen 3 Phasen der Lehrerbildung, also im Beruf, im Ref und erst recht vorher im Studium. Wenn die 5+X Jahre Studium nicht aufzeigen, was danach die 1,5+30 bringen, was erwartet wird und wie es real aussieht, dann läuft in den ersten Jahren mächtig was schief.

        • Ich bezog mich ja auf meinen bzw die vorherigen Jahrgänge in meinem Bundesland – Gymnasialstellen sind dort tatsächlich sehr rar gesät, das Kultusministerium hat neulich die offizielle Aussage getroffen, dass sich die Situation bis 2023 weiter verschärfen und erst ab 2030 wieder bessern wird. Klar mag das bundesweit anders aussehen, aber der Großteil meines Jahrgangs ist nun mal in Süddeutschland familiär gebunden und hat nicht die Flexibilität, nach Sachsen oder MeckPomm zu ziehen. Hier spricht niemand mehr von sicherer Beamtenstelle und das Ref wird tatsächlich nur aus dem Grund absolviert, weil die Leute Lehrer werden möchten – nicht, weil es vermeintlich bequeme Rahmenbedingungen gibt.

          Feedback und Austausch sind ja auch sinnvoll und wichtig – und dennoch ist das frustrierend, wenn es heißt, auf positive Dinge wird nicht eingegangen, stattdessen stundenlang auf all die Details, an denen man noch arbeiten muss (was auch nicht immer so ergebnisorientiert formuliert wird). Natürlich benötigt man dieses Feedback, das ist ja keine Frage. Wie so oft ist es aber so, dass der Ton die Musik macht und gerade die Art und Weise das ist, was viele demotiviert. Und nein, ich spreche nicht nur aus meiner persönlichen Erfahrung. Aber genau deshalb kann ich den Punkt, es gäbe nicht genug Feedback in der Lehramtsausbildung, auch nicht nachvollziehen.

          Ich habe schon das Munkeln gehört, dass nicht jedes Ref eine Qual sein soll, und dennoch überwiegen in meinem näheren und weiteren Umfeld die Gegenbeispiele. Ich freue mich aber für jeden, bei dem es gut verläuft. Wir haben tatsächlich den Eindruck, dass es in erster Linie um einen Belastungstest geht – wie gesagt, das gilt für die Kolleginnen und Kollegen in meinem Jahrgang, die sich nun mal am Studienseminar deutlich dahingehend austauschen, sowie meinen weiteren Bekanntenkreis. Und hier ist die Lage nun mal so, dass die Dozenten am Studienseminar ständig Witze reißen, dass wir nicht vergessen sollen, uns rechtzeitig vor Ref-Ende beim Arbeitsamt zu melden, weil es für uns ja ohnehin keine Stellen geben wird. Zum Lachen ist uns dabei nicht.

          Beim Studium gilt es eben zu bedenken, dass der Abschluss nicht ausschließlich als Eintrittskarte ins Lehramt gilt – zum Glück, denn wie wir festgestellt haben, gibt es ja genügend, denen der Beruf dann doch nicht liegt oder die ihn aus anderen Gründen nicht ausüben möchten. Mit dem Examen (oder Master) kann man dann eben auch immer noch in die Wissenschaft oder in die Wirtschaft gehen, und diese Flexibilität halte ich für sinnvoll.
          Ich hatte in meinem Studium ein “bildungswissenschaftliches Begleitstudium” und das hat mich nun wirklich in keiner Weise vorbereitet. Das Praxissemester schon, klar, aber das ist aus dem Studium ja nahezu ausgegliedert, weil die Uni damit überhaupt nichts am Hut hat, sondern das eben auch rein über Landeslehrerprüfungsamt und Studienseminare läuft. In meinem Examensjahrgang gab es dann genug Leute, die im PS gemerkt haben, dass sie nicht ins Lehramt wollen. Die haben dann das Examen gemacht, um den Abschluss zu haben und sind dann nicht ins Ref. Das halte ich für legitim und da bin ich eben wieder froh, dass man nicht einzig und allein aufs Lehramt festgenagelt wird und dann nach 5+ Jahren vor einem Scherbenhaufen steht, wenn’s doch nicht passt…

  2. Jeder der also
    1. von Schülern ausgetestet wird,
    2. sich über Prüfer informiert,
    3. ein Fach aufgrund der Fächerkombination wählt und
    4. eine WiHa über ein trockenes Thema schreibt
    – sollte kein Lehrer werden.

    Nach der schwarz-weiss Malerei bleibt keiner übrig 🙂

      • Esel hat recht. Es gibt aber sehr viele Lehrer dieser Art. So ein paar supermotivierte, überidealistische Strahlemänner wie Herr Blume sind auch dabei und es wäre gut, wenn es mehr wären, sind sie aber nicht. Und wenn Ihr Kollegium nur aus solchen Typen bestehen würde, hätten Sie auch ganz schnell die Schnauze voll.

        Ich habe es auch gehasst, die ganze Drecksliteratur im Englischstudium zu lesen, trotzdem brenne ich für das Fach und die englische Sprache.

        • Manchmal glaube ich, dass die ganze Drecksliteratur mir geholfen hat, so ein supermotivierter, überidealistischer Strahlemann zu werden. Kann mich aber auch täuschen.

          • Das wiederum glaube ich nicht. Jedenfalls finde ich es nicht konstruktiv, der Mehrzahl an Lehrern ans Herz zu legen, Ihren Job zu wechseln. Dann müssen die ohnehin dünn besetzten Lehrerstellen von Leuten gefüllt werden, die nie ein Fach- oder Didaktikbuch in der Hand hatten. Meiner Meinung nach wäre das kein Problem, sofern sie begabt sind. Die haben es auf Ihrer Skala aber auch nicht verdient, Lehrer zu sein.

          • Absolut. Ich empfehle aber keinem einen Jobwechsel. Ich empfehle manchen, es nicht zu werden. Kennen Sie keine schlechten Lehrer? Es wäre schön. Dass Lehrer aus unterschiedlichen Gründen gut sein können, ist völlig richtig.

  3. Und wenn sie dann trotzdem LehrerInnen geworden sind, erlebt man/frau immer wieder, dass ungeeignete, faule, unmotivierte, auf den Beamtenstatus schielende Lehrkräfte von der Schulaufsicht verbeamtet werden, weil diese nicht den Mumm hat zu sagen, dass es wenig Sinn macht, in diesem Beruf zu arbeiten. Damit schafft man ein Problem, das Jahrzehnte andauert.

  4. Toller Text!
    Schülerfeedbacks sind in der Tat immer verräterisch in Bezug darauf, wie es bei Kollegen zugeht. Ich hatte schon:
    – “Ich mag, dass Sie sich dafür interessieren, was wir denken”
    – “Sie schreien uns nichts an”
    – “Bei Ihnen kann man in Deutsch etwas lernen”.
    Autsch.

  5. Letzte Woche war ich bei der Zentralen Studienberatung. Mit dem einen Unterrichtsfach bin ich rundum glücklich, mit dem anderen nicht. Das Unterrichtsfach, das ich nicht (mehr) unterrichten möchte, wollte ich tauschen gegen ein anderes und ich wusste auch, gegen welches. Ging aber nicht. Warum? Kernfachregelung. Man darf nicht einfach die Unterrichtsfächer studieren, die einem am meisten liegen, nein, es gibt Fächerkombinationen, die erlaubt sind und andere sind es nicht. Liegt dann nicht an mir, wenn das System es nicht ermöglicht, meine Talente auszuleben und ich gezwungen bin, ein Fach weiter zu studieren, mit dem ich nicht glücklich bin. Aber den angehenden Lehrkräften vorzuwerfen, dass sie sich nicht für ihre Fächer begeistern, obwohl es das System ist, das eine freie Fächerwahl verhindert, ist mehr als kurzsichtig.

    • Danke für die Kritik. Ich würde niemals behaupten, dass ein einzelner Text wie dieser Allgemeingültigkeit beansprucht, im Gegenteil. Deine Situation ist sicherlich mehr als ärgerlich. Aber du bist, so meine ich zumindest aus den Worten zu entnehmen, schon dadurch, dass du ein Fach sehr gerne machst, weiter als viele. Natürlich gibt es systembedingte Hindernisse und Hürden. Mir geht es aber weniger darum, Leute zu beschuldigen, die, wie du, aufgrund von persönlichen Ärgernissen nicht das studieren, was sie wollen. Sondern um eine bei einigen fehlende Grundeinstellung.

  6. Toller Blog!!! Vor Studiumsbeginn musste ich für mein eines Fach eine Eignungsprüfung ablegen. Inbegriffen war ein Fachgespräch (vergleichbar mit einem Motivationsgespräch). Ein Nichtbestehen dieses Gespräches konnte zum Ausschluss führen. Halte es für sinnvoll, sich vor dem Studium akut Gedanken darüber machen zu müssen, warum man seinen angedachten Beruf gerne ausüben möchte.

  7. Vielen Dank für diese aufrüttelnden Worte. Ich dachte schon, ich bin komisch d.h. mit meinen Vorstellungen vom Lehrer sein völlig überzogen und aus der Zeit gefallen. Als Lehrer, Mentor und Prüfer erlebe ich in den letzten Jahren zunehmend mehr solche Referendare und jungen Kolleg*innen, denen ich ebenfalls am liebsten zurufen würde, werd bloß nicht Lehrer. Menschen, die vor allem den bequemen Weg wählen, zu faul zum selberdenken sind und alle Probleme ausschließlich bei den dummen und umwilligen Schüler*innen bzw. bei den unfähigen und unfairen Ausbilder*innen sehen. Als Ethikleher ist das besonders schmerzhaft, solche Leute im eigenen Fach zu sehen, da sie geradezu idealtypisch all das verkörpern, wogegen ich seit 10 Jahren unterrichte.

    • Danke für den Kommentar. Es schmerzt mich, das zu hören, aber es zeigt, dass der Artikel und eine derartige Diskussion notwendig ist. Viele Probleme sind aber systembedingt und schwer zu beheben, ohne an Stellschrauben zu drehen, die wir schwer beeinflussen können. Denjenigen, die nicht geeignet sind, dies mitzuteilen, ist aber ein Anfang.

  8. Als Nicht-Lehrerin, sondern einfach nur Mutter von zwei schulpflichtigen Kindern ist dieser gut zu lesende Beitrag (Danke dafür) Wasser auf meine Mühlen. Ich hadere seit nunmehr neun Jahren mit der Verantwortung von Lehrern ihren Schülern gegenüber, die sie in meinen Augen in völlig unzureichendem Maße (man könnte auch sagen: gar nicht) wahrnehmen. Dass die eigenen Kinder teilweise von solchen desinteressierten und inkompetenten Lehrern unterrichtet werden, schmerzt. Die Sache ist ja die: Egal, welches Schulsystem an der Schule herrscht – entscheidend sind schließlich die Lehrer, die es umsetzen.
    Nach meinen eigenen schlimmen Erfahrungen mit Lehrern wollte ich mir eine neue Haltung erarbeiten, Vertrauen haben und dazulernen. Ich wurde enttäuscht. Ich habe das Vertrauen verloren. Komplett. Inzwischen korrigieren meine Kinder die Lehrer an gewissen Stellen. So weit sind wir schon.

  9. Ich empfinde es als ungeheuer anmaßend, altklug und selbstüberhöhend, was hier formuliert wird. Wer erst seit kurzer Zeit im Lehrerberuf ist, noch keine unzähligen Hindernisse genommen oder erfahren hat, wie es ist, wenn Bemühungen seit Jahren erstickt werden, der sollte sich tunlichst in Zurückhaltung üben. Ein Kollege, der Familie hat und vielleicht noch eine zusätzliche Funktion an der Schule übernimmt, hat vielleicht ohnehin wenig Zeit für die Vorbereitung. Eine solche Person hält wohl, nach 15Jahren Dienst, keinen minutiös vorbereiteten Unterricht – er muss es aber auch nicht. Er greift auf Erfahrung zurück und befindet sich auch in keiner Lehrprobe. Wird er nicht fertig, dann geht es in der nächsten Stunde weiter. Schüleraussagen dann als Beleg für “der bereitet seinen Unterricht nicht vor” zu nehmen, zeigt den – zuvor doch noch selbst kritisierten – Mangel an Reflektionsfähigkeit. Zum Punkt “brennen für den Unterricht”: Da gibt es wohl ganz unterschiedliche Geschmäcker. Ich selbst habe Lehrer, die einen Affentanz um die Inhalte ihres Faches gemacht haben und meinten, das würde Schüler begeistern, gehasst. (Ebenso wie die anbiedernd-kumpelhaften Typen von Lehrern.) Ich konnte das Gehabe schlicht nicht leiden. Es kam mir dann so vor, als wäre ich das Opfer einer amerikanischen Verkaufssendung – nur eben im Bildungssektor. FURCHTBAR! Da waren mir die sachlich-nüchternen Lehrer sehr viel lieber. Also: Was du für toll und überzeugend hältst, muss noch lange nicht für alle Menschen zutreffen. Ein weiterer Punkt: Ich frage mich, wieso Geld in Bezug auf den Lehrerberuf immer als k.o.-Kriterium für das unterliegende Interesse am Beruf und die persönliche Eignung gesehen wird. Arbeitest du umsonst? Ich finde es nicht falsch, wenn man den Wert seiner eigenen Arbeit kennt und dementsprechend entlohnt werden will. Der Schluss, dass man mit der Kenntnis eigener Ziele und des eigenen wirtschaftlichen Wertes dann gleich fachlich ungeeignet ist, entbehrt jeder Basis. Ich selbst bin fachlich mehr als geeignet, kenne die Zahl auf meiner Monatsabrechnung sehr gut, weiß, dass ich in der Wirtschaft mehr verdienen würde, und bin dennoch Lehrämtler. Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass ich das aus reinem Gutmenschendasein tuen will, mich das Beamtendasein nicht interessieren würde. Und? Was soll schlimm daran sein? Ich bin eine junge Frau, die vor hat, Familie und Beruf gleichzeitig zu händeln und diese Option bietet das Lehramt für mich in optimaler Weise. Muss ich deshalb meine Arbeitskraft verschenken? Muss ich mich schämen, weil ich einen Job haben möchte, der gut bezahlt ist und zu meinen Ansprüchen passt? Muss ich mich schämen, weil es nicht meine erste Herzens-Wahl ist? Sicher nicht! Ich habe einen hervorragenden Kontakt zu meinen Schülern, zu den Eltern und Kollegen. Ich denke, dass meine Schüler bei mir etwas lernen und das auch, wenn der Unterricht mal sehr am Buch orientiert ist. Na und? Für mich hört es sich so an, als hättest du kein Leben mehr neben deinem Job. Als wäre Schule alles, was für dich zählt. Das ist schön, aber es muss auch nicht bei jedem so sein. So unterschiedlich die Schüler sind, sollten auch Lehrer sehr unterschiedlich sein. Sich selbst als Geber von Auswahlkriterien für die Jobeignung darzustellen… naja… aber darüber kann man noch hinweg sehen. Personen, die allerdings ihre Selbstdarstellung auf Kosten anderer Kollegen aufbauen, um so nach austreten zu können, sich selbst als unglaublich motivierten Lehrer darzustellen und eine selbst formulierte Lobhudelei loszubrechen… die sinken in meinem Ansehen ungemein.

    • Danke für die Kritik. Es sind sehr viele Deutungen enthalten, von denen ich nicht ganz weiß, wo sie herkommen. In Bezug auf mich und mein Leben als Lehrer. Aber gut: Das muss ich bei einem so polemischen Text, wie ich ihn geschrieben habe, wohl aushalten. Was ich mich immer frage, ist, wo diese Wut herkommt, wenn man doch der Meinung ist, dass man im Recht ist. Und wie kommen Sie darauf, dass ich meine meine Selbstdarstellung auf Kosten anderer Kollegen aufbaue? Hier auf dem Blog liegen ungefähr 500 Texte, mit denen ich vor allem eines tue: Anderen zu helfen. Wissen Sie, in gewisser Weise sind Ihre Ausführungen sehr typisch für das Netz. Sie nehmen bestimmte Dinge an, geraten in Rage und meinen dann, dass derjenige es verdient hat. Mir ging es, falls es Sie interessiert, um jene Menschen, die noch gar nicht Lehrer sind und die es eigentlich auch nicht werden wollen. Davon gibt es nämlich einige. Kennen Sie nicht? Das wäre schön. Dann wäre mein Text redundant und wir könnten uns alle gegenseitig auf die Schultern klopfen. Als aller letztes gebe ich mal einen Rat, auch wenn das wahrscheinlich für Sie schon wieder eine Art ungeheurer anmaßender Selbstüberhöhung ist: Wenn Sie sich nicht sicher sind, wie etwas gemeint ist: Fragen Sie doch einfach nach. Dann kann man Missverständnisse aus dem Weg räumen. Herzliche Grüße und schöne Ferien.

  10. Die Schlussfolgerungen ergeben sich aus den Kommentaren des Beitrages und tatsächlich ist mein Text nicht wütend. Aber es fällt natürlich leichter, ihn als typische Netz-Schimpftirade abzutun. Die Verknüpfung aus gemachten Erfahrungen zu kommenden Lehrer Generationen ist zudem nur schwerlich von der Hand zu weisen. Auch wenn sie nicht explizit verbalisiert wird.

    • “Aber es fällt natürlich leichter…” Sie sind so voller Vorurteile, dass Sie es selbst nicht mehr merken, nicht wahr? Das zweite verstehe ich nicht. Wie dem auch sei. Sie üben scharfe Kritik, das ist ihr gutes Recht. Sie haben andere Erfahrungen gemacht: Dann ist das so. Sie wollen mich nicht verstehen, Sie wollen mir Ihre Meinung mal so richtig sagen. Haben Sie gemacht. Ich glaube nicht, dass dieses Gespräch noch konstruktiv wird. Nochmals Grüße

  11. Ich kann diesem Beitrag nur Zustimmen!
    Ich halte es für absolut sinnvoll, wenn man für das Lehramtsstudium BUNDESWEIT Tests einführt, welche insbesondere die intrinsische Motivation der StudentInnen abfragt Lehrer zu werden. Denn nach meiner persönlichen Erfahrung ist der Wille, in den Köpfen von kleinen Menschen etwas auszulösen und mit ihnen zu arbeiten, entscheidend dafür, ein guter und professioneller Lehrer zu werden und das Ref vernünftig zu gestalten.
    Aus falschen Motiven oder aus einer Notsituation (weil man glaubt, dass keine Alternativen möglich sind) heraus den Lehrerberuf zu ergreifen, ist zum Scheitern verurteilt. Die Wahrscheinlichkeit, dass man Selber und seine Schüler unglücklich macht ist dann sehr hoch.

    Es ist zwar sehr aufwändig und teuer jedoch denke ich, dass flächendeckende Tests einerseits zu Beginn und andererseits zu einem späteren Zeitpunkt im Verlauf des Studiums sehr nützlich sein können. Denn der Beruf des Lehrers erfordert meiner Meinung nach wie kein anderer Berufszweig eine ungebrochene intrinsische Motivation und Interesse sowie Begeisterung für die Profession an sich.

    Wenn während dem Studium Zweifel am Beruf aufkommen, dann nehmt das nicht auf die Leichte Schulter sondern kümmert euch darum.

  12. Den Blogeintrag hier habe ich damals im Referendariat erstmals gelesen und mich dadurch in meiner Berufswahl bestätigt gefühlt. Im Gegensatz zu vielen Lehrern in meinem Freundes- und Bekanntenkreis habe ich bereits im Studium sehr für meine Fächer gebrannt. Die Themen, die ich mir für meine Abschlussarbeiten herausgesucht habe begeistern mich heute noch. Auch finde ich es wichtig, Unterricht vorzubereiten und freue mich jedes Mal, wenn eine Klasse freiwillig noch die ganze Pause da bleibt, weil es ihnen gerade so Spaß macht und sie vergessen, dass sie gerade etwas lernen. Ich habe bisher hauptsächlich an Ausnahme-Gymnasien mit Schülern aus bildungsfernen und sozial schwachen Familien gearbeitet. Es ist mir immens wichtig, niemanden bloßzustellen. Es fällt mir leicht, auch die wirklich auffälligen Schüler wertschätzend zu behandeln. Mit viel Einfühlungsvermögen und positiver Verstärkung konnte ich schon den ein oder anderen angeblichen „Problemfall“ motivieren. Ich gebe täglich mein Bestes. Aber das System und die Ansichten der Kollegen machen mich fertig. An einem Tag, an dem ich 8 Einzelstunden in 8 verschiedenen Klassen habe, ist für mich unmöglich, in allen Klassen guten Unterricht zu machen. Ich kann am Ende des Tages einfach nicht mehr. Dann gibt es da noch die Schulleitung, die keine Ahnung hat, was man eigentlich für die Schule tut und deshalb per se alle mit dem gleichen übertriebenen Satz lobt und auch noch über den Einsatz im folgenden Schuljahr lügt, damit man sich bereit erklärt, noch unbezahlt zusätzliche Stunden zu übernehmen. Die Fachschaftsleitung, die den Unterricht kritisiert: die Schüler selbst ausprobieren lassen, dabei würde viel zu viel Zeit verloren gehen, das sei nicht angemessen. Die vielen Lehrer, die den Schülern extra abraten in ihrem Fach Abitur zu machen, weil sie keine Lust auf die Korrekturarbeit haben. Zusätzlich werden die Schüler noch mit massenhaft Texten, die nicht besprochen werden, bombardiert, damit auch noch die letzten von der Idee abkommen, sich darin prüfen zu lassen. Außerdem sollte man nie ein Arbeitsblatt im Kopierer vergessen – irgendein Fachkollege findet es und hat etwas daran auszusetzen. Ich habe das Gefühl viele freuen sich, bei Kollegen einen Tippfehler zu entdecken – wer andere abwerten kann, wertet sich selbst auf. Ich könnte noch hunderte weitere Beispiele aufzählen. Ich empfinde die Schule mittlerweile als toxische Arbeitsumgebung, das Schulsystem in dieser Form als gescheitert. Mein Körper zeigt deutliche Belastungssymptome. Ich habe bisher an 4 Schulen gearbeitet. Nur eine war anders. Leider gab es dann dort penetrante Eltern, die bei Kleinigkeiten massiven Druck ausüben z.B. weil der Sohn in der 11. Jahrgangsstufe auf eine Hausaufgabe, die aus dem Internet kopiert wurde, keine 1 erhält. Es war nötig, jedes Gespräch mit Schülern möglichst genau zu dokumentieren. Um sich selbst zu schützen. Fazit: Ich merke, dass mich der Beruf langfristig krank machen würde und steige aus, bevor es für mich zu spät ist. Es tut weh, den Beruf, auf den man jahrelang hingearbeitet hat, zu verlassen. Aber noch mehr tut es mir weh, täglich mit den Abgründen unseres Schulsystems konfrontiert zu werden. In die obige Liste sollte man mit aufnehmen, dass Menschen, die zu Idealismus und Perfektionismus neigen, nicht Lehrer werden sollten (-> man google Burnout+Risikofaktoren).

Schreibe einen Kommentar zu Bob Blume Antwort abbrechen

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein