DISKUSSION: Warum ich ein Troll werde

Bob Blume
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25. Januar 2015
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Die Kommentarspalten im Netz sind voll von Menschen, deren erstes Credo vor allen anderen ist: Ich habe meine Meinung und die werde ich auch nicht ändern. Das wäre ja womöglich ok, wenn sie diese dann nicht in Endlosschleifen aussprechen würden. Oder wie Nico Lumma sagt: Trolle sind kotzende Arschlöcher. Ich ziehe daraus allerdings eine andere Konsequenz. Ich werde ein Troll.

Lumma reagiert in seinem Blogartikel auf den Text von Martin Giesler, in dem dieser Journalisten der großen Medienhäuser in die Verantwortung nimmt, nicht zurückzutrollen, da sie ansonsten ihre Verantwortung aufs Spiel setzen würden. Ziel sollte es sein, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Lummas Antwort zeigt, warum eine Gespräch selten eine Option ist:

„Ich sehe das so: da kommt jemand, sieht ein paar Leute rumstehen, die sich angeregt unterhalten, und kotzt dieser Gruppe voll auf die Füße. Nun kann man tolerant sein oder total nett sein und sich denken, dass sowas ja mal vorkommen kann. Und dann sieht man, wie der Typ aufsteht, zur nächsten Gruppe geht, die sich angeregt unterhält und auch diesen Menschen mitten auf die Füße göbelt. Und dann kommt der nächste Rumkotzer und dann noch viel mehr von der Sorte. Nach und nach stehen bei den einzelnen Gruppen stehen immer weniger Menschen rum, die sich unterhalten, man wendet sich ab und geht.

Das ist doch wiederum auch zum kotzen.“

Jeder, der sich oft im Netz aufhält, weiß, dass dies genau so ist. Die Menschen kotzen ihre vorgefertigten Meinungen in der Endlosschleife, als würde hinter ihnen ein ominöser Autor stehen, der in seiner Verbohrtheit immer wieder dieselbe Geschichte schreibt. Als Konsequenz zieht Lumma ein hartes Vorgehen:

„Vor allem aber müssen diejenigen geächtet und ausgeschlossen werden, die nur die Debatten stören und rumnerven.“

Geächtet und ausgeschlossen zu werden finde ich gut. Noch besser finde ich, was als nächster Vorschlag kommt:

"Daher ist es gut, wenn immer mehr Community Manager diese Troll genannten Arschlöcher vor allen anderen Nutzern als Arschlöcher bloßstellen und sie zum Gespött der Leute machen. Das ist genau richtig. Asoziales Verhalten erfordert soziale Ächtung, nicht Verständnis. Das kann aber nur der Anfang sein, wir brauchen bessere Algorithmen für ordentliche Diskussionen im Netz!"

Die letzte Forderung finde ich gut, aber nicht konsequent. Wenn die Leute schon kotzen, wird es auch nichts bringen, sie nur in bestimmte Diskussionsrunden kotzen zu lassen. Bloßstellen und zum Gespött machen, das finde ich gut. Deshalb werde ich zum Troll.

Da die meisten Menschen, die zum Beispiel eine Seite eines Politikers liken, nur um ihm (welch grandiose demokratische Errungenschaft des Web 2.0) persönlich zu schreiben, immer und immer wieder, dass sie ihn nicht mögen, sind hoffnungslos verloren. Gerade wie – ja, eben – wie die miesen Charaktere aus Büchern und Gedichten, die man so sehr nicht mag, dass man sie am liebsten aus der Geschichte reißen würde. Reißen tue ich nich, aber ich behandele sie ab jetzt so.

 

Das Niveau wird dasselbe wie bei dem alten Schulwitz: „Wer das liest ist doof.“ Deshalb schreibe ich ab heute unter jeden bescheuerten, nutzlosen und rassistischen Kommentar, der mich nervt: „Voll das schöne Gedicht.“

„Das lyrische Ich ist die böse Kindheit des Autors.“

Oder davor:

„Alles, was nun kommt ist Satire und nicht ernstzunehmen.“

Oder andere Dinge, die ein literaturaffiner Troll so schreibt. Damit mache ich es nicht besser. Ich stoße keinen Diskurs an. Ich diskutiere nicht. Aber da die Leute ja sowieso nicht miteinander sprechen, sondern kotzen möchten, werde ich ihnen auch nicht den Gefallen tun, sie als Gesprächspartner anzuerkennen. Sondern eben als karikatureske Figuren, in einem schlechten Roman, den man verreißt und in die Ecke stellt.

 

So!

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