Dass Lehrer merkwürdige Wesen sind, sollte jedem klar sein, der schon einmal welche hatte. Und da das ziemlich viele sein dürften, erlauben sich genau so viele Urteile über die “Pauker”. Mal sind es die viel zitierten “faulen Säcke”, mal die Lernhelfer oder Moderatoren. Lehrer sind mal jene, die fordern, mal diese die bewerten. Dieses Hierarchie soll auch so bleiben, denn: Kaum wird darüber gesprochen, Lehrer zu bewerten, platzen die Kommentarspalten. Das ist falsch. Ein Kommentar. 

Das Problem von einer wie auch immer gearteten Rückmeldung, verbirgt sich schon in der Überschrift des Pro- und Contra-Artikels des Spiegels über die Überlegungen der bayrischen Schulen, Referendare durch Schüler “bewerten” zu lassen. Denn ein Feedback ist keine Bewertung und eine Bewertung noch lange kein Feedback. Dass diese beiden Begriffe nicht nur in dem Titel, sondern auch in den Kommentarspalten so unscharf gebraucht werden, verdeutlicht vor allem zwei Dinge:

  1. Dass die meisten, die darüber reden, selbst ein Problem mit der Unterscheidung haben, was fatal wäre.
  2. Dass die meisten, die darüber reden, noch nie ein wirkliches Feedback eingeholt haben, was genau so fatal wäre.

Fangen wir mit dem ersten Problem an: Lehrerinnen und Lehrer oder diejenigen, die meinen, diese “schützen” zu wollen, argumentieren damit, dass die Lehrer sowieso schon so viel Druck hätten und dass Schüler außerdem keine Ahnung darüber haben, welche fachlichen Fähigkeiten ein Lehrer hat. Damit zeigen sie, dass die nicht verstanden haben, worum es geht. Denn ein Feedback auf den Aspekt des “Drucks” zu reduzieren, zeigt ein problematisches Verhältnis zur Notengebung gegenüber den Schülern. Ein Feedback ist zunächst einmal ein Instrument, sich selbst mithilfe anderer zu reflektieren und so seinen “Lernstand” zu analysieren. Zumindest ist das das, was Pädagogen vorgeben, mit Noten auszudrücken, wobei jeder weiß, dass es den Schülern erst dann etwas bringt, wenn sie auch wissen, was zu verbessern ist. Anders formuliert: Diejenigen, die in ihrem Job die Vergabe von Noten und deren Erklärung nicht als Sanktion, sondern als konstruktive Rückmeldung gegenüber dem Schüler sehen, müssen dieses Feedback seitens der Schüler auch nicht fürchten.

Dass Schülerinnen und Schüler keine Ahnung darüber haben, welche fachlichen Fähigkeiten ein Kollege hat, ist schlicht das falsche Thema. Denn ich könnte ja auch als Professor für Germanistik daran scheitern, die Sachverhalte schülergerecht zu vermitteln. Und wer, wenn nicht die Schüler, sollte mir dies mitteilen können?

Wenn man die Kommentare durchstöbert, lässt sich das, was die Hauptreaktion auf den Vorstoß aus Bayern ist, in einem Wort zusammenfassen: Angst. Viele Lehrer haben Angst, weil sie von einem Menschenbild ausgehen, bei dem die Schüler sie, wenn sie einmal die Möglichkeit haben, in die Pfanne hauen. Welch ein trauriges Menschenbild! Vielleicht haben sie auch die berechtigte Angst, dass ihre methodischen Fähigkeiten veraltet oder vielleicht wenig effizient sind. Aber, und hier werden viele widersprechen, darum geht es ja eben. Schüler sind Profis im Erleben von Unterricht. Nicht im Unterrichten, schon klar. Aber sie müssen tagtäglich so viel über sich ergehen lassen, dass sie schlicht die Möglichkeit bekommen MÜSSEN, sich dazu zu äußern.

Dazu benötigen vor allem die stetigen und ewigen Ablehner jedoch die Einsicht darin, dass Schülerinnen und Schülern durchaus ein differenziertes Feedback zuzutrauen ist. In meiner Zeit als Mitglied des Ausbildungspersonalrats am Seminar Freiburg war es äußerst häufig der Fall, dass Schüler sogar jenen Referendaren während der Lehrprobe aus der Hand fraßen, die sie eigentlich nicht leiden konnten. Schüler sind keine Monster, sondern der wichtigste Bestandteil des Systems.

Dies alles schreibe ich als jemand, der es fast immer (mit einigen Ausnahmen) schafft, Feedback einzuholen, und zwar je nach Stundenzahl ein bis zwei Mal im Jahr (was wichtig ist, da man ansonsten ja nicht das, was kritisiert wurde, umsetzen kann). Ist das Feedback immer gut, bin ich also jemand, der vom hohen Ross herab schreiben kann, was die anderen machen sollen? Nein. Ich bin oft zufrieden über das, was ich zu hören kriege, manchmal ist es aber auch hart zu hören, dass beispielsweise eine ganze Einheit, in die man viel Herzblut steckte, einfach nicht so angekommen ist, wie man es dachte. Mir wurden schon einzelne 5en erteilt und mit wurde gesagt, dass ich nicht lustig sei (natürlich auch andere Stimmen).

Vor allem aber, kann man durch das Schülerfeedback etwas tun, dass Bestandteil eines jeden Jobs sein sollte: Weiterlernen.

Wer denkt, dass er das nicht mehr muss, sollte sich vielleicht einen anderen Job suchen.

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