Machen wir uns nichts vor: Schon nach einigen Semestern eines mittelmäßigen Pädagogikstudiums ist man eigentlich für seine Mitmenschen untragbar. Die Analyse von psychischen Dispositionen unerträglicher Alpha-Kevins bei Kaffee und Kuchen, die sich stetig wiederholenden Phrasen über das gute Leben jenseits des bösen Ziffernkapitalismus und die meist anstrengende Tonlage gegenüber unseren Mitmenschen machen jeden Lehrer, jeden Referendaren – kurz – jeden Pädagogen zum unzumutbaren Partycrasher. Noch schlimmer sind eigentlich nur noch die gecyborgten Digitalvorturner. Eine Typologie. 

Die Karrieristen 

Die Karriereleiter von Medienpädagogen ist ein Hamsterrad in einer Filterblase. Das Wichtigste ist dem Karrieristen, dass nichts das Wichtigste ist. Oder alles, sofern es ihn auf den Weg zu unsterblichem, in zahlreichen amerikanischen Blogs als Meme geteilten Jesus der digitalen Community von Erwählten katapultiert. Der Karrierist nutzt Hashtags auch beim Einkaufen, bezieht sich vornehmlich auf Experten, die neben ihm stehen (also sich selbst), und sammelt Follower auf Twitter, um zu zeigen, dass er der größte Hamster ist. Dadurch, dass die Karriere meist einschließt, dass auch die höchste Position nicht wirklich wichtig ist, profitieren vom Karrieristen eigentlich alle. Außer die Schüler. Aber man kann eben nicht alles haben.

Die Lobbyisten

Die Lobbyisten sind die jungen, dynamischen und – seien wir ehrlich – unausstehlichsten Aasgeier auf der digitalen Steppe. Sobald diese Zeloten einen Karrieristen und seine Opfer erblicken, stürzen sie sich auf ihn und bewerfen ihn mit Visitenkarten, auf denen die eigenen Firmennamen glänzen. Diese hören sich meist nach Arthouse an, sind aber in der Umsetzung eher Rosamunde Pilcher. Eigentlich sehen sich Lobbyisten nicht als Medienpädagogen, aber wie das eben so ist: Ohne seinen Wirt kann auch der gewiefteste Bandwurm nicht überleben. Weil die Lobbyisten das aber wissen, entwerfen sie „zukunftsorientierte Lösungen“ eines „digitalen Zeitalters“, das beinhaltet, dass alle profitieren. Außer eben die die Kinder, denn die sind nämlich nicht so ihr Ding.

Die Programmierer

Eigentlich sind die Programmierer keine Programmierer, sondern Informatiker. Das ist allerdings in zweifacher Weise nicht besonders günstig. Denn erstens hört sich Informatiker schon nach jemandem an, der wirklich was kann, was unter Pädagogen nicht gerne gesehen ist. Und zweitens können die meisten Informatiker wirklich was, was noch weniger gerne gesehen ist. Insofern sind die Informatiker auch die unbeliebtesten Figuren des Diskurses, weil sie ständig darauf verweisen, dass eigentlich nur sie wirklich digitale Bildung unterrichten können und damit Recht haben. Weil das aber die anderen wissen (und zudem nicht verstehen, was die Informatiker meinen, wenn sie was sagen) werden sie von anderen so lange gemobbt, bis sie sich entweder in den Kellern großer Unternehmen mit dem Programmieren von Kundenportalen ein kleines Haus an der irischen Ostküste verdienen oder in irgendeinem Keller ihre Idee zur Millionen entwickeln. Schlimm.

Die Warner 

Die Warner sind, ähnlich wie die Programmierer, in der schlimmen Position, dass sie Recht haben. Das ist unter Pädagogen schonmal grundsätzlich anrüchig, weil jemand der Recht hat, denen, die kein Recht haben, grundsätzlich die Arbeitsgrundlage nehmen. Insofern will dem Warner keiner Zuhören, was ihn dazu bringt, noch eindringlicher, häufiger und wilder zu waren. Dieser Effekt verstärkt sich natürlich, weshalb Warner ihren Job nicht so lange machen können wie alle anderen. Das bedeutet konkret Burn-Out mit 40. Sie enden meistens irgendwo, wo sie vor anderen Dingen als vor Cybermobbing, Sexting und Grooming warnen können. Allerdings hört man ihnen dort auch nicht zu. Da bringt es auch nicht, dass sie dort sagen können: Das Internet ist für uns alle Neuland.

Die Experten 

Die Experten sind grundsätzlich eine schwierige Kategorie, da sie zwar einerseits wirklich was können, was nebenbei bemerkt und wie schon gesagt, unverschämt ist, aber sich eben auch unter den Medienpädagogen tummeln, anstatt wie jeder anständige Mensch, der was kann und auf sich hält, irgendwo in einem Unternehmen zu sitzen und Abgassoftware zu manipulieren. Sie sind genauso gerne gesehen, wie sie nicht gerne gesehen sind, denn einerseits ist es beizeiten immer wieder schön, eine sachliche, kompetente und überzeugende Stimme in dem Gewirr von Meinungen und Empfindungen zu finden. Andrerseits fragen sich die Karrieristen zu Recht, wie die wirklichen Experten es hinkriegen, Bücher zu schreiben, im Fernsehen aufzutreten, zu unterrichten und trotzdem noch mit jedem kleinen Eierkopf Gespräche über Grundsatzfragen zu führen. Sie werden von den Lobbyisten gehasst, weil sie so intelligent sind, dass sie sich von ihnen nicht belabern lassen, von den Warnern geliebt, weil jemand sie ernst nimmt und von den Programmierern umgarnt.

Die Enthusiasten 

Die Enthusiasten sind für den Normalsterblichen kaum zu ertragen. Sie sind zu nett, zu gut gelaunt und zu zukunftsgläubig. Und das, obwohl sie die ganze Zeit im Netz nach Sachen suchen, die sie gut finden können. Und sie finden sie. Und sie finden sie gut. Sie bedanken sich überschwänglich, wollen Projekte beginnen, loben andere Menschen (ja, unfassbar!) und sind so froh, dass sie in dieser Zeit geboren sind, dass sie nicht reflektieren, dass sie in jeder anderen Zeit auch mit Fackeln und Mistgabeln über den nächsten Marktplatz gejagt würden. Einfach, weil sie viel zu nett sind. Diese Arschkrampen.

Die Projektorientierten 

Haben Projektvorschläge.

Die Blogger 

Insofern die Blogger eigentlich nichts können müssen außer ein wenig schreiben und Geld an einen Host überweisen, sind Blogger eigentlich ganz unterste Kategorie. Sie können nichts, dass aber unheimlich gut, weshalb sie ihre Mitmenschen mit Artikeln behelligen, die sie dann in Gruppen teilen. Sie vertragen keine Kritik, weil man nichts kritisieren kann, was man nicht zu verantworten hat. Blogger sind eigentlich durch ihr mangelndes Talent verhinderte Schriftsteller, die nicht gut genug schreiben können, als dass jemand sie publizieren würde. Insofern schustern sie sich eine Welt zurecht, in der sie ihr Lehrerleben durch den Kakao ziehen und sich ein wenig aufwerten können, ohne dass sie sich vor sich oder anderen rechtfertigen müssten. Natürlich gibt es auch einige gute Blogger, aber nur kurz, weil sie dann Bücher schreiben und keine Artikel über Medienpädagogen. Stümper!

Der Nachwuchs 

Seien wir ehrlich: Wenn wir uns den Nachwuchs der Medienpädagogen anschauen, die weder Lobbyisten, Karrieristen oder wirkliche Experten werden wollen, dann kann man für die Zukunft nur schwarz sehen. Oder blau. Wie bei einer Dropbox. Kapiert? Der Nachwuchs tummelt sich in Gruppen, lurked und weiß nicht, was lurken ist. Und er sucht Leute, die mit ihm in eine Dropbox gehen. Dort kann er dann Material auf seinen PC ziehen (keinen Mac, warum auch). Zum Beispiel Handouts für Schüler, warum man nicht plagiieren sollte. Mein Gott!

Wir sind alle verloren!

4 Kommentare

  1. Jedesmal, wenn ich versuche, hier zu kommentieren, suche ich auf deiner Homepage erstmal den Blo… oh. “Keine Kritik.”

    Ich vergaß. 😉

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