Gespräche über Medienbildung (oder digitale Bildung) funktionieren nur, wenn alle Beteiligten darüber einig sind, worüber sie eigentlich sprechen. Oftmals kommt es dabei zu Missverständnissen, die darauf beruhen, dass jeder seine Ansicht über Medienbildung als die gegebene, unumstößliche sieht. Mit einem kleinen Modell möchte ich einen Beitrag dazu leisten, dass sich dies ändert. 

UPDATE: Nachdem ich den Artikel und das Modell in verschiedenen Social-Media-Kanälen gepostet hatte, gab es viel Feedback und (Fundamental-)Kritik, die ich als Anlass genommen habe, das Modell zu überarbeiten. Die wichtigsten Änderungen werden hier kurz vorgestellt.

Ansatz für ein (neues) Modell

Mir ist durchaus bewusst, dass es sich bei einem Modell der Mediennutzung von einem Multimediaberater wie mir nicht um ein gleichwertiges Modell zu einem universitärem Modell handelt, das auf Grundlage jahrelanger Forschung entstanden ist. Es sollte ein einfach nachvollziehbare, niedrigschwelliges Modell sein, das dabei hilft, die verschiedenen Dimensionen der Medienbildung auch für jene zugänglich zu machen, die am Anfang der Beschäftigung stehen.

Basismodell nach Baake

Mir war nicht bewusst, dass das Modell, das ich erstellt habe, sich sehr nah an dem Medienkompetenzbegriff und -modell Dieter Baakes anlehnt. Ob ich schon einmal darüber gestolpert bin oder nicht, vermag ich nicht mehr zu sagen. Da ich mich aber nicht mit fremden Lorbeeren schmücken möchte, ist nun angemerkt, dass das Modell auf Baake aufbaut.

Nach einer weiteren Reaktion von Martin Lindner habe ich das Web Literacy 2.0 Modell, in dem es auch um die Medienkompetenzen geht, versucht ansatzweise einzuarbeiten. Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen.

Kompetenzorientierung

Das zunächst veröffentlichte Modell arbeitete sowohl mit konkreten Programmbegriffen als auch mit Benennungen von Tätigkeiten – und nicht mit Kompetenzen. Dies geschah aus der Erfahrung heraus, dass Kompetenzen zwar einleuchtend und allgemeingültig sind, aber oft auf Widerstand bei jenen stoßen, die gerne konkrete Umsetzungsbeispiele nachlesen möchten. Dennoch habe ich das Modell nun kompetenzorientiert erstellt. Die praktischen Umsetzungsmöglichkeiten bleiben als Erklärung erhalten.

Die 4K

Die 4K nehmen immer noch einen zentralen Platz in dem Modell ein. Sie sollen als der kleinste gemeinsame Nenner fungieren, der die anderen vier Teilbereiche zusammenhält. Natürlich ist in jedem Teilbereich oder in jeder Dimension eines der 4 K prominenter. Dennoch denke ich, dass die 4 K im Mittelpunkt eines Kompetenzmodells stehen müssen, um zu verdeutlichen, dass sie die anderen Dimensionen als Prozesse und und Zielsetzung zugleich zusammenhalten.

Beginn des vorigen Artikels

Anstoß dafür, dass ich überlegt habe, ein Modell zu erstellen, das (möglichst) alle Dimensionen der Medienbildung umreißt, war eine, wie ich meine, wieder einmal missverständliche Diskussion in der Medienpädagogik-Gruppe auf Facebook. Als Gesprächsanlass postete ich die von einer (mutmaßlich) 14-Jährigen geschriebene Kritik an einer Schulbildung, in der sie keine oder nur unzureichende Medienbildung erfahren hat.

Unter anderem war dort auch Folgendes zu lesen:

 

Die Reaktionen waren sehr unterschiedlich. Man könnte sie einordnen in folgende drei Gruppen:

a) Jene, die andere Erfahrungen gemacht haben und davon ausgehen, dass ihre und nicht die des Mädchens, die richtige ist (Schulen sind also ausgezeichnet ausgestattet und voller medienaffiner Lehrer)

b) Jene, die meinen, Medienbildung, wie sie hier dargestellt wird, gehöre nicht in die Schule, sondern müsse vom Elternhaus geleistet werden.

c) Jene, die meinen, dass Powerpoint und Co. kein Bestandteil von Medienbildung ist.

Diese Gruppenbildung bei Menschen, die zum größten Teil Ahnung von der Materie haben, ist schädlich für die wichtige und dringende Diskussion über Medien und deren Implementierung in die Schulen. Ohne meine eigene Erfahrung absolut zu setzen, ist es doch so, dass die wenigstens Schulen ausreichend Lehrpersonal und Medienpädagogen haben, um aufzufangen, was an Problemen, Schwierigkeiten und Gefahren auftritt. Aber auch zu wenige, die aufzeigen können, welche Möglichkeiten in den Weltaneignungsassistenten liegen.

Um den Gesprächen eine (weitere) Grundlage zu geben, habe ich ein Modell erstellt, das zeigen soll, dass es nicht eine oder zwei, sondern mehrere Dimensionen dessen, was man unter Medienbildung verstehen kann, gibt.

 

 

Das Modell sollte zum großen Teil selbsterklärend sein. Dennoch sind mir drei Dinge besonders wichtig.

Zum einen sollen die kleinen dreiachsigen Grafiken zwischen den Kreisen zeigen, dass die verschiedenen Dimensionen miteinander gekoppelt sind und sein müssen. Sie sind interdepentent – mal mehr, mal weniger.

Zum zweiten ist dennoch jede Dimension so wichtig, dass sie innerhalb und außerhalb einer Schule diskutiert werden sollte. Explizit jede. Dabei ist es meines Erachtens irrelevant, ob jemand meint, dass ein USB-Stick nicht mehr up-to-date ist oder ob Powerpoint-Präsentationen generell schlimm sind. Sondern es geht darum, dass Schule auf ein Leben vorbereitet, in dem diese Anwendungen und diese Hard- und Software eine Rolle spielt. Sich leisten zu können, Power Point abzulehnen, ist schön. Aber wenn der Arbeitgeber erwartet, dass man eine gute Präsentation hinkriegt, dann muss man zumindest die Grundlagen beherrschen.

Dass jede Dimension eine Rolle spielt, bedeutet auch gleichsam, dass es bei einem Gespräch nicht darum gehen kann zu sagen, dass die vom jeweiligen Gesprächspartner als wichtigste Dimension erachtete Dimension die wichtigste ist, sondern dass sich die Gesprächspartner darüber austauschen sollten, um welches Teilgebiet es geht. Spricht man gerade über “Medienreflexion”, “Techniknutzung”, “Medienlernen” oder “Medienanwendung”?

Als drittes ist wichtig, dass all diese Dimensionen nicht im luftleeren Raum schweben, sondern von den 4 K als kleinste gemeinsame Nenner zusammengehalten werden (hier einige kritische Anmerkungen). Jeder Teilbereich spielt also nicht “nur” deshalb eine Rolle, weil er die gegenwärtigen Entwicklungen abbildet und Zugang zur bestehenden Kultur, Bildung etc. verschafft, sondern auch deswegen, um die Kompetenzen der Menschen (das können Schüler, Lehrer oder wer auch immer sein) zu schulen, die in der heutigen Zeit benötigt werden, um an der Gesellschaft teilzuhaben, zu partizipieren, Werte und Haltungen zu entwickeln und mit anderen in Kontakt zu treten.

Wie immer ist sowohl das Modell als auch die kurze Ausführung dazu ein Impuls. Wenn ihr das Gefühl habt, dass etwas fehlt, ergänzt werden oder umbenannt werden sollte oder gar falsch ist, bin ich für jede Kritik dankbar.

Ich bin sehr gespannt auf eure Rückmeldungen.

 

 

 

4 Kommentare

  1. Ich google also “Medienkompetenz” in der Abteilung >Bilder und erhalte all die wunderbaren Grafiken und Modelle, die in den letzten 20 Jahren entwickelt, publiziert und diskutiert wurden – um zu zeigen, wie SchülerInnen medienkompetent gemacht werden. Sie haben gemein, dass sie alle samt und sonders kläglich scheiterten. Tatsache ist, dass “mutmasslich 14-Jährige” seit eh und je und wohl auch weiterhin nie so richtig lernen, wie man eine PowerPoint-Präsentation macht. Wobei das nicht ganz stimmt. Vor 20 und mehr Jahren haben die Schulen tatsächlich versucht, den SchülerInnen zu lernen, wie man in Word einen Text “trichterförmig” darstellt. Das war zur Zeit, als die Anleitung, d.h. das Buch zu Word noch 600 Seiten umfasste. Und ich frage mich, was wäre, wenn die SchülerInnen tatsächlich wieder lernen dürften, wie man eine Präsentation macht. Nicht mehr im dunklen Informatikzimmer unten im Keller hinter einer Windows Dampfmaschine, sondern mit ihrem persönlichen Computer, wo, wann und mit wem oder was auch immer. Warum sind es immer noch ganz wenige Schulen, in welchen die SchülerInnen ihre Lernräume, Lernzeiten und Lernpartner mitbestimmen können? Wobei sich diese Lernräume, Lernzeiten und Lernpartner durchaus auch in der Schule befinden können, aber nicht müssen – insbesondere die Lernpartner. Das können bekanntlich auch Youtube und/oder http://rueedi.imnusshof.ch/lernenunterwegs/dms/ (Digital Media Scouts) sein.

Schreibe einen Kommentar zu Dimensionen der Medienbildung: Ein Einstieg | Bob Blume Antwort abbrechen

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein