Nach einer positiven Rückmeldung zu den Lernvideos und der Agnes-Interpretation wurde ich auf Facebook von einer Abiturientin nach weiteren Themen gefragt. Eine komplette Interpretation von Homo Faber findet sich hier. Dantons Tod hier. An dieser Stelle möchte ich einige hilfreiche Anmerkungen zum Essay machen. Im besten Falle, um die Entscheidungsmöglichkeiten im schriftlichen Deutschabitur zu verbessern (und sei es, weil man es nicht nimmt). Im weiteren Verlauf finden sich dann sowohl Verweise zu Beispielen als auch eine “Verbesserung” eines Essays, den ich für jemanden gelesen und mit Anmerkungen versehen habe. 

Du machst jetzt oder bald Abitur? Hier geht es zu einer Facebookgruppe, in der es Neuigkeiten und Tipps gibt.

Eine Vorbemerkung

Als Schüler*in bekommt stellt man sich mit Sicherheit schnell die Frage: Was haben meine Lehrer eigentlich gegen Essays? Denn bevor der Essay als Form eingeführt wird, wird meist schon vorher angemerkt, dass sich nur die “Guten” damit befassen sollen und die auch nur, wenn sie wirklich sicher sind. Was ist also das Problem? Es gibt genau zwei.

  1. Auf Fortbildungen zum Essay (wie ich sie selbst besucht habe), sind die Punktevergaben zum Essay noch weiter auseinander als im Fach Deutsch sowieso schon. Das liegt daran, dass auch Lehrer unter dem Begriff “Essay” etwas anderes verstehen. Wer an einen Text denkt, der Anklänge an wissenschaftliches Arbeiten hat, verlangt anderes als jemand, dem es eher um rhetorisches Geschick geht.
  2. Die Offenheit der Form ist in der Tat nicht für jeden etwas. Sie bedeutet nämlichen dass man zwar (scheinbare) Freiheit hat, sich aber dementsprechend nicht an einem Gerüst entlang arbeiten kann, wie es bei der Texterörterung oder der Analyse einer Textstelle der Fall ist. Mehr noch: Während man für den Werkvergleich Inhalte auswendig lernen kann (die die Textarbeit nicht ersetzen) und auch für Prosa- und Gedichtanalyse fachsprachliche Begriffe lernen und anwenden kann, gilt beim Essay nur, dass man ihn nur üben kann, indem man schreibt und liest.

 

Neuerungen beim Abiturformat ab Abitur 2019

Die Essayaufgabe ändert sich ab dem Abitur 2019. Der Operator “Verfassen Sie einen Essay”, wird um den Zusatz

Nutzen Sie das Material

ergänzt. Was bedeutet das? Das bedeutet, dass Schülerinnen und Schüler, die bei der Deutschaufgabe den Essay nutzen, das beigefügte Material nutzen müssen. Einen Essay zu schreiben, der sich gar nicht auf das Material bezieht, ist somit nicht mehr zulässig und führt zu Punktabzug. 

Dabei geht es nicht darum, dass das komplette Material genutzt wird, sondern darum, dass man zentrale Aspekte des Materials nutzt. Das Material fungiert so als Grundlage für die eigenen Gedanken.

Was ändert sich durch diese Neuerungen?

Durch diese Veränderungen verändert sich in erster Linie der Zugang zu einem Thema. Man kann nicht mehr ins blaue Schreiben – wovon sowieso abgeraten wird  sondern muss sich mit dem Material auseinandersetzen. Ob man dies nun tut, nachdem man sich seine eigenen Gedanken gemacht hat oder davor, hängt sehr von dem eigenen Zugang ab. Es bietet sich jedoch an, sofort Assoziationen aufzuschreiben, damit diese nicht unter dem Eindruck des Materials verlorengehen.

Für die Lehrerinnen und Lehrer ändert sich vor allem etwas in Bezug auf das Themengebiet des Essays. Dieses soll “domänenspezifische” Themen umfassen, also Inhalte, die für das Fach Deutsch typisch sind (Sprache, Kommunikation, Medien, Lesen usw.). In diesem Artikel sind solche Essays verlinkt.

Was ist ein Essay?

Um nicht die gesamte theoretische Diskussion nachzuzeichnen, seien hier nur ein paar Passagen kommentiert, die auf dem offiziellen Server des Landesbildungsservers Baden-Württemberg  genannt werden.

Der Essay wird definiert als

ein nicht zu umfangreicher, stilistisch anspruchsvoller Prosatext zu einem beliebigen Thema. Es handelt sich dabei um keine fest umrissene Textsorte, sondern vielmehr um eine Darstellungsform, die ein Thema frei, assoziativ und betont subjektiv-reflektierend erörtert. Dabei liefert der Essay oft keine neuen Fakten, sondern betrachtet Bekanntes aus einer anderen Sichtweise. Das Ziel ist hierbei nicht, den Leser von seiner Meinung zu überzeugen. Der Essay versucht vielmehr Denkanstöße zu liefern und den Leser zu Reflexionen anzuregen. Dies erreicht er, indem zumeist mehrere Lösungsmöglichkeiten und Denkansätze zu einer Problemstellung in pointierter, ironischer oder provokativer Weise erörtert werden.

Das, was hier steht, ist (aus meiner persönlichen Sicht) gleichsam richtig und falsch, denn: Obwohl man tatsächlich nicht argumentiert, überzeugt man doch. Wenn man nämlich dem Leser durch den Text eine neue Sicht auf einen Gegenstand gibt, bedeutet das ja im besten Falle eine andere Überzeugung. Dieser Punkt soll nur zeigen, dass es nicht nach dem schulischen Schema F funktioniert (also im Sinne von Argument, Begründung, Beleg – warum das übrigens auch nicht funktioniert, schreibe ich hier).

Das, was den Essay ausmacht – und das unterscheidet ihn von allen anderen Schreibformen – ist aber nicht nur eine lose, reflektierende Form, sondern der Fakt, dass die Sprache selbst Teil des Essays ist. Während man also in Interpretationen die Sprache eines anderen zerlegt, konstruiert man beim Essay selbst.

Deshalb ist der Essay

eine stilistisch anspruchsvolle Textsorte, bei der die ganze Bandbreite poetischer und rhetorischer Gestaltungsmittel zum Einsatz kommen kann. Dabei wird der Leser oft durch gezielte rhetorische Fragen direkt angesprochen; durch Metaphern, Alliterationen, Wiederholungsfiguren sowie weitere Stilmittel werden bestimmte Argumente hervorgehoben; Andeutungen, Mehrdeutigkeiten und Zitate runden eine geistreiche und pointierte Auseinandersetzung mit dem Thema ab.

Dass der Leser nicht überzeugt werden soll, wie noch oben gesagt, wird also schon in der offiziellen Definition des Stils widerlegt, der von “Argumenten” spricht.

Charakteristika eines Essays

Ein Essay ist keine Analyse. Das bedeutet, dass man in ihm die freie Auswahl hat, welche Art von Text man schreibt, das heißt man kann

  • appellativ schreiben, also Anweisungen geben (“Stellen Sie sich doch mal vor, was wäre, wenn das Geld abgeschafft würde.”
  • deskriptiv schreiben, also Szenarien ausmalen (” Ich stehe einmal wieder mit einem dicken Kopf aus, erkennen aus meinen vertrockneten Augen kaum die Welt, die mich wieder empfängt).
  • narrativ schreiben, also eine Geschichte erzählen (“Damals ging ich mit meinen Eltern in ein Geschäft und war fasziniert, von den vielen bunten Lichtern.”)
  • expositorisch schreiben, also eine Theorie entfalten (“Sind wir also wieder auf dem Weg, die Aufklärung, wie sie Kant forderte, hinter uns zu lassen?”)
  • argumentativ schreiben, also begründen (“Menschen sollten sich mehr fragen, wie sie zueinander sind, nicht, was sie sein wollen.”)

Es gibt noch weitere Arten. Im besten Fall ist der Essay eine Mischung aus allem.

Ein wirklicher Tipp

Das meiste, von dem, was hier zusammengefasst ist, kann man sich auch aus dem Netz holen. Kommen wir zu einem wirklichen Tipp. Das Schöne am Essay ist eben, dass er unkonventionell ist, konkret: Stellen Sie sich vor, Sie sollen über das Thema Schicksal schreiben. Natürlich können Sie verzweifeln, weil Ihnen spontan nichts einfällt und Sie in Religion und Philosophie nie genau zugehört haben (und nicht wussten, dass es mal für das Abitur relevant ist). Aber Sie spielen sehr gerne Computerspiele, die in riesigen Welten spielen.

Sie könnten also, wenn Sie es richtig anstellen, die Schicksalhaftigkeit des Menschen anhand eines Computerspiels beschreiben. Sie könnten (ich spinne herum), den Einstieg als eine Beschreibung der Welt, durch die Sie gehen beschreiben, könnten sogar auf die Tasten der Playstation-Konsole eingehen. Was ist unser X?

Genau das könnten Sie aber auch mit jedem anderen Hobby machen, bei dem Sie sich richtig gut auskennen. Wenn Sie es schaffen, das Thema mit einem Themenfeld, das Sie sehr gut kennen, zu verbinden und im besten Fall auch die äußere Struktur des Textes danach auszurichten, kann dabei etwas richtig Gutes rauskommen.

Konkrete Beispiele

Da es am besten ist, nicht nur artifizielle (also künstliche) Beispiele zu präsentieren, bin ich froh, an dieser Stelle einen ganz konkreten und, wenn man so will, auch relevanten Essay zu präsentieren. Er war in der Ausgabe 12/17 der Wochenzeitung “Der Freitag”.

 

Lesen kann man ihn hier.

Das Gespräch mit dem Chefredakteur kann man sich so vorstellen:

“Kannst du was zur Buchmesse schreiben?”

“Ich weiß gar nicht, wer da ausstellt.”

“Das macht nichts. Schreib’ was über das Lesen. Dir wird schon was einfallen.”

Und so kam es dann auch. Will sagen: Es ging weniger um die harten Fakten, für die man recherchieren müsste, sondern eben um die Perspektive.

Um meine eigene Fähigkeit unter Beweis zu stellen (was ich als Lehrer für diese Schreibformen wichtig finde, denn kritisieren kann jeder), machte ich vor ein paar Jahren auch bei einem Wettbewerb mit. Der Essay gewann nicht, kam jedoch unter jene, die veröffentlicht wurden. Er hat das Thema digitale Bildung. Auch hier können Sie sehen, wie ich jene Strategien anwende, die ich zuvor erwähnte. Ich leite auf ein Themenfeld, in dem ich mich auskenne, und entfalte innerhalb dieses Rahmens meine Gedanken.

Lesen kann man den Essay  hier. 

Zuletzt verweise ich auf einen Essay, den ich mittlerweile für sehr konstruiert halte. Ich schrieb ihn direkt nachdem ich die Fortbildung zum Thema hinter mir hatte. Er wird von einem Deutschkollegen ab und zu in der Klasse besprochen, deshalb sei er an dieser Stelle erwähnt.

Lesen können Sie ihn hier. 

Des Weiteren können Sie natürlich auch auf diesem Blog im Inhaltsverzeichnis nach weiteren Essays suchen.

Was nun?

Um wirklich verstehen zu können, wie Essays aufgebaut sind, können Sie nun überprüfen, ob meine Essays wirklich dem entsprechen, was ich zuvor an Definition und Struktur vorgegeben habe. Ab dann heißt es selbst üben.

Einen wirklich guten Essay, den ich kommentiert und besprochen habe, können Sie außerdem hier lesen. Vielen Dank Sören Lembke für die Erlaubnis zur Veröffentlichung (Meine Passagen sind als Kommentare gekennzeichnet.)

 

Luxus – eine Frage des Geldes?

Luxus – eine Frage des Geldes?

Ich komme nach Hause und bin gerade dabei mir mein Mittagessen zu kochen. Die Spezialität des Tages heißt Reis mit Thunfisch. Damit werde ich vermutlich keinen Michelin-Stern einfahren können, aber angesichts meiner endlosen Faulheit bin ich schon stolz, dass heute keine Tiefkühl-Pizza herhalten musste. Ich gebe gerade dem Gericht mit einer Prise Salz den letzten Schliff, als auf einmal die Haustür aufspringt. Ich erschrecke mich und der komplette Löffel Salz landet im Kochtopf. Während ich mir noch überlege, ob ich die Nummer von der nächsten Dönerbude im Handy eingespeichert habe, tritt mein Vater in die Küche mit einem Lächeln im Gesicht, das über beide Ohren reicht. Normalerweise komme er doch erst um vier frage ich ihn, doch er antwortet: „Ich musste heute nur bis um 13.00 Uhr arbeiten – was für ein Luxus!“

Einerseits sehr angenehm, dass ich nun die Freude des Garens an meinen alten Mann übertragen kann, doch was ist daran Luxus, wenn man weniger arbeiten muss? Luxus sind für mich schnelle Autos, große Häuser und teure Klamotten. Mein Vater – geschweige denn ich – besitzen keinen Führerschein, leben in einer verhältnismäßig kleinen Wohnung und ich trage oft die Klamotten meines älteren Bruders. Wo also findet mein Vater in dieser Szenerie Luxus? Ist Luxus nicht immer mit finanziellem Reichtum verbunden?

 

Ich will nicht überschwänglich sein und äußere dies, ohne den Rest zu kennen, aber: Dieser Beginn bietet all das, was ich in einem sehr guten Essay erwarten könnte. Eine authentische Szenerie, die zu einer Fragestellung hinleitet, Gewitztheit und Wortgewandtheit und Stringenz in der Gedankenführung. Gefällt mir sehr gut. Deshalb fällt es schwer, hier noch einen Tipp zu geben. Vielleicht diesen: Das Schmunzeln über authentische Situationen, die man aus seinem eigenen Alltag kennt, kann gesteigert werden, wenn die Szenerie noch mehr ausgemalt ist. Da kann dann der Vater mit einem „luftigen Schritt“ den Raum betreten, das Garen, das übertragen wird kann zur „Vollendung des von mir zubereiteten Gaumenschmauses“ werden, ergo: Hyperbeln und Paraphrasen sind immer gut.

 

Luxus, das ist Überfluss, er übersteigt den als „normal“ angesehenen Lebensstandard. Im Lateinischen bedeutete es noch Verschwendung, heutzutage hat es sich zu einem eher positiven Begriff gewandelt. Rapper haben mehr Ketten um den Hals als Häftlinge in Guantanamo und die Jugend himmelt sie an, will später einmal so werden wie sie und den selben Lifestyle führen. Das ist in der Generation über mir nicht anders, nur haben deren Idole nicht mehr viele Ketten und auffallende Klamotten, sondern tragen Hemden und haben Wohnsitze auf allen Teilen der Welt.

Schöne Passage, schön eingesetzte Rhetorik. Gut auch immer: Antithesen. (…) nicht mehr viele Ketten, sondern weniger Zähne…

Luxus, das ist wie das Nirvana, das Ziel eines strebsamen Lebens, die Belohnung am Ende, etwas Übervollkommenes.

Doch hatten die alten Römer nicht auch irgendwo Recht? Luxus benebelt und ist irrational. Es zeugt nicht gerade von großer Intelligenz, sich ein Auto zu kaufen, dessen volles Potential man nie ausnutzen können wird, das nur zwei Sitze hat und gleichzeitig so viel kostet wie ein Haus. Doch trotzdem gibt es Leute, die sich genau so eine rote Metallkiste mit Rädern und einem Pferdchen auf der Haube gönnen. Mit Luxusgegenständen will man sich über andere hinwegsetzen, ihnen und vielleicht auch sich selber etwas beweisen. Die entstehende Anerkennung und Aufwertung des Selbstwertgefühls entschädigt dann die utilitaristisch unglaublich unterbelichtete Errungenschaft.

Hier hätte ich erwartet, dass die pejorative Sicht auf die Wertlosigkeit des Statussymbols aus dem letzten Satz noch aufgenommen wird. Essay ist auch Flow. Eine erhabene Form der Lächerlichkeit (ohne völliges Niedermachen) gegenüber denen, die sich so erhaben schätzen, ist immer gut.

 Also lässt sich nun all Luxus mit Geld erkaufen? Nein. Denken Sie nur einmal an den Moment, in dem Ihre Frau Ihnen das Frühstück ans Bett gebracht hat. Luxuriös, nicht wahr? Diese einfache Geste wird in unserer Gesellschaft als „über dem Maß“ eingestuft und zählt somit zur Kategorie Luxus. In einer „netteren“ Gesellschaft wäre dies nicht so.

 

Doch das ist eines der wenigen nicht erkaufbaren Luxusgüter. Und die Zeit fragen Sie? Nein, das hat uns schon Marx vor über 150 Jahren gelehrt: Mit der industriellen Revolution entstand die Arbeiterschicht, eine Schicht bestehend aus Menschen, die oft keine Ware anbieten konnten zum Tausch. Nur eines besaßen sie noch: sich selber. Und somit ihre Arbeitskraft. Der Kapitalismus, der im Großteil der Welt mittlerweile das vorherrschende Gesellschaftssystem ist machte aus der Arbeit – und somit der Zeit – eine Ware, die sich beliebig kaufen und verkaufen lässt. Klingt kalt, ist aber so. Somit liegt mein Vater also komplett richtig, wenn er von einem Luxus spricht den er genießt, wenn seine Arbeit verkürzt wurde. Seine Zeit, über die er nun frei verfügen kann ist eine gewonnene Ware.

Seht guter Verweis in die Geschichte. Alles, was ich schreibe, schreibe ich in dem Eindruck, dass es mir eigentlich so gut gefällt, dass man es nicht weiterführen müsste. Weil du aber fragtest: du verknüpfst die Teile des Essays entweder mit Schlagworten – also von der „netteren Gesellschaft“ geht es zu der „Arbeiterschicht“oder mit provokanten Fragen. Beides gut.

Eine weitere Möglichkeit wäre – und ist es in der Tat immer – einem bunten Pullover gleich die Teile ineinanderzuweben. Teilweise machst du das, indem du wieder auf deinen Vater eingehst. Hier könnte dann aber sogar noch mehr stehen. In diesem Sinne also die Weiterführung des Autos mit der Zeit. Mehr noch: Die Stunde eher frei als Teilzeitcabrio des kleinen Mannes.

Ich hoffe, du verstehst, was ich meine.

Der Kapitalismus hat vieles verändert, nicht nur den Wert der Zeit, sondern auch die Abstände zwischen verschiedenen Ländern. In jeder Gesellschaft bezeichnet der Luxus das Überflüssige, doch man muss sich erinnern, das unsere Gesellschaft keinesfalls eine Norm für andere Kulturen darstellt. Es gibt Gewinner und Verlierer, Deutschland und Äthiopien. Dies verändert die Perspektive zum Luxus. In Deutschland ist ein Porsche Boxster nicht einmal mehr ein großer Luxus, in Äthiopien ist es schon ein Haus aus Stein. Diese krasse Spaltung zwischen Arm und Reich zeigt uns aber auch, wie „arme“ Menschen glücklich sein können. (Und dann ist die Frage, wer eigentlich arm ist.)

Offensichtlich ist Luxus etwas Wünschenswertes, etwas Glückbringendes. Verwunderlich scheint es doch dann, dass ein Äthiopier mit einem Haus aus Stein, dass dort höchstens ein Hunderstel eines Sportwagens kostet luxuriös leben kann. Sind sie uns da einen Schritt voraus? Wenn man rein nach der Luxus-Bilanz gehen müsste man vermutlich zustimmen, in Äthiopien ist es leichter ein dort als luxuriös angesehenen Lebensstil zu führen, als in Deutschland. Luxus ist also ambivalent und kein feststehendes Maß.

Doch ist Luxus überhaupt wünschenswert? Viele Deutsche schauen wöchentlich komplett inhaltslose Serien wie „Keep up with the Kardashians“ oder „Die Geissens“, in denen nichts anderes geschieht als das perfekte Luxusleben inszeniert wird.

Ich stelle mir so ein Leben nicht als erfüllend vor. Das Leben ist gefüllt mit Herausforderungen, und unser einziger Antrieb besteht darin, diese zu meistern. Doch Luxus, das Normale-plus-Ultra, hat dies schon hinter sich, oder gar nicht erlebt. Wenn wir es wollen und geschickt anstellen, so kann jeder von uns viele kleine Luxus-Momente erzeugen. Ein teures Mittagessen, Frühstück im Bett, oder selbst eingeteilte Freizeit und Entspannung; das ist Luxus, den wir uns gönnen können ohne viel Geld auszugeben. Man darf es nur nicht zum Standard werden lassen, sonst muss man eine Klasse höher springen, und noch eine, usw. Das lässt auch schnell erkennen, dass es diese im Fernsehen vorgegaukelte Luxuriösität so nicht gibt, der Mensch giert immer nach mehr. Das Mehr als Vollkommenen kann nicht existieren, wenn der Mensch nicht einmal das Vollkommene finden kann. Hört sich nett an, finde ich aber unlogisch. Warum nicht? Besser: Das Mehr an Vollkommenen kann nicht existieren, wenn der Mensch aus der Beschränktheit seiner Perspektive nicht weiß, was wirkliche Vollkommenheit ist.

Ein bescheidener Lebensstil gespickt mit Luxuseinheiten ist billig, gesund und vor allem: möglich. Vielleicht sollte ich demnächst ein Fernsehteam anheuern, dass einen Film über die Lembkes dreht und den Luxus den mein Vater nun genießt. Doch das würden viele vermutlich nicht verstehen.

Ich bin jetzt einfach nur froh, dass es jetzt doch keinen versalzenen Reis mit Thunfisch gibt, da mein Vater jetzt kocht. Was für ein Luxus!

 

Beinahe hätte ich gejauchzt, da ich dachte, ich könnte dir wirklich einen Tipp geben. Aber nein, auch abrunden tust du den, wie du mittlerweile sicher weißt, sehr gelungenen Essay schon. Etwas habe ich an dieser Stelle aber noch zu beanstanden: Den Schluss kannst du noch mehr auskosten, gerade, weil es interessant ist, diese authentische Situation wie im Live-Bild mitzuverfolgen (ganz unstrukturiert auch hier der Verweis: So könnte man eine weitere Dimension einfügen. Beginnen mit „Cut! Klappe die Zweite!“ Dann das, was du schon geschrieben hast, dann wiederaufnehmend bei den popkulturellen Sendungen.)

Will sagen: Mein Vater wundert sich über das Salz, werkelt in der Küche, fragt mich Dinge, die mich gerade nicht interessieren. Stundenlang. Dabei sind gerade einmal ein paar Sekunden vergangen. Ein Luxusauto wäre jetzt schon bei Hundert. Mich nervt es. Bald muss er wieder zur Konferenz. Dann bin ich allein. Auch ein Luxus.

 

Insgesamt kann ich dir aber nicht viel sagen, weil dich dein Instinkt schon an den richtigen Stellen in andere Gefilde führt und du weißt, wann du eine neue Dimension öffnen kannst. Das Einzige ist, wie gesagt, metasprachliche Fügungen. Motive wieder aufnehmen und so eine Erinnerung an die Thesen der vorigen Passagen… Aber das sind Kleinigkeiten.

Oder willst du es probieren?

 

11 Kommentare

  1. […] Zunächst einmal zu den (vagen) Fakten: Für das kommende Abitur 2018/19 gab es einige inhaltliche Entscheidungen, die nur zum Teil ausgeführt worden sind. Zum einen wird beim Essay das Dossier obligatorisch. Schüler können also nicht mehr „ins Blaue“ schreiben, sondern müssen das vorliegende Material nutzen. Tun Sie dies nicht, führt es zu Punktanbzug. […]

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