Immer wieder scheint bei Schülerinnen und Schülern die Frage durch: Warum machen Sie das eigentlich? Oder: Warum tun Sie sich das an? Dabei ist oftmals ersichtlich, dass dieses „das“ eigentlich gar nicht klar ist. Was muss ein Lehrer eigentlich machen? Oder ist es nicht so, dass Lehrer wirklich morgens Recht und nachmittags frei haben. Dass dies nicht ganz so einfach ist, wissen alle, die sich schon einmal mit Lehrerklischees beschäftigt haben. Und auch, dass es nicht immer einfach ist als junger Lehrer oder Referendar zu bestehen.

Was diesen Beruf ausmacht, was ihn spaßig, spannend oder schwierig macht, möchte ich in der neuen Reihe „Lehrergehirne“ erzählen. Natürlich ist es, wie immer, meine ganz persönliche Sicht. Vielleicht hilft es aber denen, die unter den strengen Schindern und den Möchtergern-Coolen zu leiden haben, ein wenig besser zu verstehen, was unter der Schädeldecke dieser komischen Spezies vorgeht. Und vielleicht hilft es den Mitleidenden, dass es auch andere Menschen gibt, die sich so ihre Gedanken machen. Und natürlich hilft es den Außenstehenden, noch mehr Schadenfreude Mitleid zu haben. Soviel zum Vorwort.

Lehrergehirne sind meistens voll. Klar, es ist unterschiedlich, womit sie voll sind, aber das ist ja bei den kleinen pubertierenden Mitgefangenen nicht anders (Wer wissen möchte, welche Anforderungen an einem Lehrer beim Referendariat gestellt werden, kann hier die Liste sehen, wie man eine Note „sehr gut“ bekommt). Dass Lehrergehirne so voll sind, liegt nicht nur an den lieben kleinen Chantalle-Edekas und Gieselherr-Marvins, die ihnen das Leben so süß machen, wie es die Verwirrung eines hormongeschädigten wachsenden Lebewesens eben zulässt, sondern an den vielen anderen Dingen, die guter Unterricht erfordert.

Das Problem, wenn man diese meiden magischen Worte in den Mund nimmt, ist klar. Für jeden ist „guter Unterricht“ etwas anderes. Für die Eltern, die Schüler, die Lehrer – für jeden.

Für Schülerinnen und Schüler kann Unterricht schon „gut“ sein, wenn sie nichts machen müssen. Sie freuen sich auf den Unterricht bei dem alten (oder jungen) Typen, der ihnen aus seinem Leben vor dem 2. Weltkrieg berichtet, spielen mit den neuesten Apps oder beschäftigten sich mit anderen wichtigen Sachen (Snapchat). Für Eltern ist der Unterricht dann gut, wenn er „etwas einbringt“ und das heißt am besten, auf das Abitur vorbereitet (5.Klasse? Egal. Wir sind hier die Bildungsbürgerelite). Und auch das ist natürlich übertrieben. Vielleicht ist es für alle Beteiligten auch dann schon gut, wenn man das Gefühl hat, dass da jemand steht, der für sein Fach „brennt“, wie man so schön sagt. Aber was heißt das? Ich kann ja in Deutsch schlecht sagen: „Leute, beschäftigt euch mal mit was anderem, ich brenne gerade so für Goethe, ich würde gerne den zweiten Faust nochmals studieren“ (obwohl ich die Idee gerade nicht schlecht finde, aber lassen wir das).

Brennen heißt also eher, die Lunte legen, damit die Schüler selber brennen können (die Metapher überholt mich bald, die Telefone werden heiß laufen).

Die Frage ist also: Was ist die Frage, deren Antwort die Schülerinnen weitere Fragen stellen lässt.

Klar soweit?

Und da sind wir bei der Muse. Oder bei den Musen, also jenen schönen, fliegenden Wesen, die dem Künstler (ja, Lehrer sind zuweilen auch Künstler) die Ideen für das gute Gelingen der Stunde einhauchen. Wie es ist, wenn diese liebevollen Viecher nicht da sind, erlebte ich erst wieder, als ich krank im Bett und auf dem Sofa lag. Ich hätte noch vorbereiten können, aber der Kopf war voll mit Leere.

Natürlich ist kein Mensch ein Fließbandkreativer, obwohl ich mich zuweilen sehr so fühle. Und das Lustige dabei ist: Ich bin mir durchaus darüber im Klaren, dass meine Klienten das nicht wahrnehmen. Vielleicht würden sie sagen, da, bei dem Blume, das macht schon ab und an ein bisschen Spaß (und sowas geht runter wie Öl, mal nebenbei. Wer einem Lehrer eine ernst gemeinte positive Rückmeldung gibt, kann davon ausgehen, dass der werte Herr damit seiner Angetrauten in den Ohren liegt und eine Stunde in Siegerpose darauf wartet, dass ihn die Nachbarn vom Balkon schießen).

Was die Lehrer sich wünschen, wären Sätze wie:

„Genial, dass der Herr Hammer die Viereckenmethode so gekonnt eingesetzt hat.“

„Krass, die Mindmap hat mich total auf neue Gedanken gebracht.“

„Alter, wie geil war denn bitte die Placemat gerade.“

„Ohne Witz, das Think-Pair Share hat mein Leben bereichert.“

Aber das wird nicht passieren.

Stattdessen ist man froh, wenn der Blick nicht alle fünf Minuten auf die Uhr geht (Ja, ich sehe das als Lehrer. Jedes Mal!)

Aber trotzdem sitzt man da und wartet, dass die Muse einem sagt, welchen Impuls man setzen, welches Bild wählen, welches Zitat heraussuchen, welchen Filmabschnitt schneiden, welche Methode wählen…

Und am Ende ist man froh, wenn keiner vor Langeweile vom Stuhl fällt.

Lehrergehirne sind immer voll. Das nächste Mal wird erzählt, womit sie noch sind, und warum Nacktkatzen die besseren Haustiere sind.

P.S. Sie sind ein Anhänger von progressiven Methoden und der Meinung, dass Schülerinnen und Schüler immer zu jeder Zeit ohne und mit dem Lehrer an ihrem gewählten Thema arbeiten sollten und dass es so etwas wie hier beschrieben, zumal in Zeiten von Internet und Tablets und Beamen und Gamification gar nicht mehr geben sollte?

Gut. Aber behalten Sie es für sich.

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