Der Unterricht – ein Teil des Lebens, das jeder entweder einmal durchlitten hat oder immer noch durchleidet. Die leidenden Schüler, der leidende Lehrer. Was viele nicht wissen: Unterricht muss auch geplant werden. Und das, was dann zwischen idealistischem (oder, bei Lehrproben eigentlich eher unrealistischen) und realistischem Wahnsinn herauskommt, das nennt sich dann Unterricht. Die Diskrepanz zwischen Dichtung und Wahrheit im Unterricht lässt sich exemplarisch anhand einer kurzen Stunde zeigen – wie sie von einem Referendar verbalisiert, von einem Lehrer aufgeschrieben und im Unterricht (mehr oder weniger) umgesetzt wird.

Beispielhaft wird hier eine Unterrichtseinheit zum Thema Gedichte gezeigt. (Bitte von links nach rechts lesen.

Referendar Lehrer Umsetzung
Kompetenzen: Die Schülerinnen und Schüler erkennen die Wirkung ausgewählter rhetorischer Figuren und wenden diese dann an. Die Schüler hören erst einmal zu. Bitte! Die Schüler hören nicht zu.
Zu Beginn verdeutlicht ein Bildimpuls die zwanghafte Lage des Tieres, dessen Symbolik die Schüler im Laufe der Einheit entschlüsseln sollen. Wenn der Overheadprojektor funktioniert, lege ich ein Bild auf und spreche mal kurz über die Eindrücke. Der Overheadprojektor funktioniert nicht.
Anhand ausgewählter Impulsfragen erkennen die Schüler die Diskrepanz zwischen poetischem und alltäglichem Sprachgebrauch. Also sollen mal unterstreichen, was ihnen anders vorkommt als sonst. Zeit, so ungefähr 5 Minuten. (Nach 5 Minuten)„Sollen wir die Stifte auspacken?“

„In welcher Farbe?“

„Können sie nochmals sagen, was wir machen sollen?“

Die versuchen, einen ausgewählten Vers zu entschlüsseln und ihn in eigenen Worten den anderen Gruppenmitgliedern erläutern. Sie schulen dadurch ihre kooperativen Fähigkeiten. Erstmal nochmal erklären, was ein Vers ist. Zeit, so ungefähr 10 Minuten. (Nach 10 Minuten)„Das Gelb ist alle. Vers? Können sie gerade nochmal sagen, was sie meinen.
Die Schüler wählen das für sie wirkungsvollste sprachliche Wort und beschreiben seine Wirkung im Kontext des gesamten Gedichts. Ich lese das Gedicht vor und alle klatschen mit. Dann reden wir über von mir ausgewählte, einfache sprachliche Figuren. Die Schüler erkennen……was ein Vers ist.
Die Hausaufgabe ist eine schriftliche Transferleistung, in der die Schüler zusammenfassend die Ergebnisse umschreiben und ein rhetorisches Mittel in seiner Funktion erläutern. Die Schüler sollen eine Metapher aussuchen und schreiben, warum sie ihnen gefällt. Tafelanschrieb. Tafel ist nicht geputzt.Tafeldienst kommt nach vorne.

Stunde ist zu ende.

 

 

 

Ich rufe: „Lernt auswendig, was ein Vers ist.“

 

Keiner hört mehr zu.

 

Hinweis des Verfassers: Hiermit wird darauf hingewiesen, dass es sich um eine völlig persönliche, keineswegs allgemeine ironische Persiflage handelt, deren Verbindung zu real existierenden Ereignissen rein zufälliger Natur ist. Des Weiteren gehe ich davon aus, dass alle Lehrer, die dies lesen, sich ausschließlich mit der linken Seite identifizieren.

Wer noch mehr erfahren möchte, kann das Buch “Das Abc der gelassenen Referendare” käuflich erwerben. Es richtet sich an Lehramststudentinnen und Studenten sowie an Referendarinnen und Referendare, die schon vor oder beim Beginn ein paar hilfreiche Tipps gebrauchen können.

Man kann es hier über Amazon oder auf der Seite des Verlags kaufen.

 

9 Kommentare

Schreibe einen Kommentar zu REFERENDARIAT: Referendars-Gedanken, Folge 4: Tage der Freude | Bob Blume Antwort abbrechen

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein